«Das Vertrauen der Kunden ist jetzt ganz wichtig»

Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS war sicherlich die Schlagzeile des letzten Wochenendes. Wie es dazu kam, was daraus werden kann und ob es Einfluss auf den Glarnerland haben kann, darüber sprachen wir mit Andreas Luchsinger von Belvédère Asset Management.



Andreas Luchsinger (Bild: zvg)
Andreas Luchsinger (Bild: zvg)

glarus24: Am Sonntag wurde bekannt, dass die UBS die CS übernimmt. Wie haben Sie in der letzten Woche die Ereignisse rund um die CS mitverfolgt?

Andreas Luchsinger: Man muss sich bewusst sein, dass die CS aufgrund früherer Verfehlungen schon länger mit einem Vertrauensverlust der Anleger und der Kunden zu kämpfen hatte. Nach der Schieflage der Silicon Valley Bank haben sich die Unsicherheiten im Bankensektor verstärkt. Als schliesslich der saudische Grossaktionär letzte Woche in einem Interview sagte, dass er zwar Vertrauen in die CS-Führung habe, er aber bei einer allfälligen Kapitalerhöhung keine weiteren Zukäufe plane, hat dies die Unsicherheit nochmals erhöht. Das Vertrauen in die CS war bei vielen Kunden nicht mehr da und hat dazu geführt, dass die Kunden in den letzten Tagen massiv Gelder abgezogen haben. Das hat die Situation der CS deutlich verschärft. Diese Entwicklung zeigt einmal mehr, wie wichtig das Vertrauen für eine Bank ist.

glarus24: Was halten Sie von der Übernahme durch die UBS? Ist das die beste Lösung?

Andreas Luchsinger: Offenbar nahmen die Mittelabflüsse ein Ausmass an, welches die Überlebenschancen der CS drastisch verringert hätten und im Konkursfall die Stabilität des Finanzsystems gefährdet hätten. Vorerst scheint die Stabilisierung mit der Übernahme durch die UBS und den Garantien des Bundes und der SNB zu gelingen.
Ob es langfristig eine gute Lösung ist, wird sich noch zeigen müssen. Dies hängt insbesondere wieder vom Vertrauen der Kunden ab. Mögliche rechtliche Auseinandersetzungen in Zusammenhang mit der Übernahme bieten zudem weiterhin gewisse Risiken.

glarus24: Was heisst das für den Finanzplatz Schweiz?

Andreas Luchsinger: Natürlich ist es für die Reputation des Schweizer Finanzplatzes nicht gut, wenn trotz Too-big-to-Fail-Vorgaben wieder der Staat hinstehen muss und die Steuerzahlenden Garantien für die Misswirtschaft der CS-Führung abgeben müssen.
Ich denke aber auch an die vielen verunsicherten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der CS, welche einerseits um ihren Job bangen, auf der anderen Seite verunsicherte und verärgerte Kunden beruhigen sollen. Ebenso bleiben viele beunruhigte Kunden und verärgerte Aktionäre und Gläubiger der CS zurück.

glarus24: Was heisst das für Aktionäre und Kunden der CS und der UBS?

Andreas Luchsinger: Durch die Übernahme ändert sich für die Kunden vorerst nichts. Das wird wohl erst mittelfristig spürbar sein, wenn die Integration der CS in die UBS – in welcher Form auch immer – angelaufen ist. Das Risiko für die CS-Kunden ist nun deutlich tiefer als noch Mitte letzter Woche, auch wenn die Arbeit für die beiden Banken erst jetzt richtig losgeht. Kontoguthaben sind bis CHF 100 000 durch die Einlagensicherung ohnehin garantiert. Und mit der jetzigen Lösung dürften auch grössere Beträge sicher sein, wobei wir hier schon früher jeweils eine Verteilung auf mehrere Bankinstitute empfohlen haben. Wertschriften sind «nur» bei der Bank deponiert und wären von einem Konkursfall nicht betroffen. Die Aktionäre erhalten nach der Übernahme pro 22.48 CS-Aktien eine UBS-Aktie, sie sitzen aktuell also auf einem grossen Verlust, welcher auch durch eine positive Entwicklung der UBS-Aktie in absehbarer Frist nicht wettgemacht werden dürfte. Für die UBS-Kunden ändert sich aktuell nichts.

glarus24: Hat das Ereignis Einfluss auf die lokalen Banken GLKB/GRB?

Andreas Luchsinger: In den letzten Tagen haben Schweizer Kunden massiv Geld bei der CS abgezogen und auf andere Banken überwiesen. Wir gehen davon aus, dass auch die beiden von Ihnen genannten Banken davon profitiert haben und zusätzliche Kundengelder angezogen haben.

glarus24: Auch mit den Meldungen aus der USA, wie sieht es aktuell auf dem Aktienmarkt aus?

Andreas Luchsinger: Die Verunsicherung an den Märkten hat sich deutlich erhöht. Zur hohen Inflation, der Wachstumsabschwächung und der restriktiveren Geldpolitik mit steigenden Zinsen, ist mit den Krisenmeldungen aus dem Bankensektor ein weiterer Unsicherheitsfaktor hinzugekommen. Wir waren zuvor zwar nicht pessimistisch, aber auch nicht ausgesprochen euphorisch, was die Aktienmarktentwicklung betrifft. Die Zuversicht ist nicht grösser geworden.

glarus24: Wie sehen Sie die unmittelbaren konjunkturellen Aussichten?

Andreas Luchsinger: Die globale Wachstumsabschwächung ist – mit Ausnahme von China nach der Aufhebung der Covid-Restriktionen – im Gang. Zu einer Rezession, wie sie noch vor wenigen Monaten von vielen erwartet wurde, scheint es gemäss den aktuellen Konjunkturdaten nicht zu kommen. Ein Flächenbrand im Bankensektor, den wir wohlgemerkt nicht erwarten, würde das allerdings infrage stellen.

glarus24: Was halten Sie davon, dass trotz dem Debakel Boni für die Führungsetage ausbezahlt werden?

Andreas Luchsinger: Die jetzige Geschäftsleitung hat ja auf ihren Bonus verzichtet. Sicherlich ein richtiges Signal. Wobei sie nicht am Ursprung des Debakels stand, sondern es «nur» nicht geschafft hat, das Steuer herumzureissen. Die damaligen Verantwortlichen sind allesamt weg und können kaum mehr belangt werden. Die Bonus-Kultur hat mitunter aber schon spezielle Züge angenommen. Boni sollten eine Entschädigung für aussergewöhnliche positive Leistungen sein. Dieser Zusammenhang wurde in der Vergangenheit schon arg strapaziert. Aber man muss auch sagen, dass die Aktionäre diese Vergütungen an der Generalversammlung jeweils gutgeheissen haben.