Das Ziel ist klar …

… allein der Weg dorthin ist manchmal lang. Das bewiesen die Diskussionen zur Konzessionserteilung Luchsingerbach, zum Corona-Krisenmanagement und auch zur Motion CO2-Management. Denn über manches lässt sich trefflich streiten, auch wenn gerade ein Energienotstand, eine Biodiversitätskrise und eine Klimakrise ins Haus stehen.



Landratssitzung vom 31. August 2022 (Bilder: e.huber)
Landratssitzung vom 31. August 2022 (Bilder: e.huber)

Weil sie bei der Gesamtvereidigung durch den Landammann im Juni abwesend waren, wurden die Landräte Roger Schneider und Roland Goethe nachträglich vereidigt. Danach wurden in sechs Minuten zwei Verordnungen in zweiter Lesung ohne Wortmeldung angenommen, jene über den Finanzhaushalt des Kantons Glarus und seiner Gemeinden und jene zur Änderung der Verordnung zum kantonalen Gleichstellungsgesetz.

Wasch mich, …

… aber mach mich nicht nass. Das war für die folgenden 45 Minuten der Debatte die Grundlage. Es ging darum, den tb.glarus die Konzession für die Ausnützung der Wasserkraft des Luchsingerbaches vom Mittelstafel der Bächialp bis zum Brunnenberg zu erteilen – ein Anliegen, das angesichts der drohenden Mangellage unbestritten schien. Wie Kommissionspräsidentin Susanne Elmer Feuz berichtete, hatte man einen guten Boden für eine sachliche Beratung, die Konzession für das neue Kraftwerk oberhalb des bestehenden sei korrekt ausgehandelt worden, die Abwägung zur Wasserentnahme erfolgt, die Ausgleichsmassnahmen seien bereits angelaufen. Da der Bach kein Fischgewässer sei, so zeige es die Schutz- und Nutzungsplanung, würden 10 Liter Restwassermenge pro Sekunde genügen. Eine Partei allerdings sah das nicht so. Regula Keller beantragte namens der Grünen die Rückweisung der Vorlage an den Regierungsrat, verlangte die Beschränkung der Konzessionsdauer sowie 50 Liter Restwasser. Man habe bei den Grünen auf den zweiten Blick Mängel entdeckt, die Reduktion der Wassermenge würde die Biodiversität bedrohen – insbesondere die Wirbellosen (Fische sieht man in diesem Bach höchstens, wenn sie beim Bergsteigen sind) seien auch zu gewichten. Sowohl Urs Sigrist namens der Mitte/GLP-Fraktion wie auch Emil Küng namens der SVP verlangten Eintreten und konnten über einstimmige Zustimmung ihrer Fraktionen berichten. Das neue Kraftwerk sei umweltverträglich, das Interesse für die Wasserentnahme überwiege, es brauche die Konzessionsdauer von 80 Jahren, um die nötigen Investitionen zu amortisieren. «Zusätzlicher Strom für etwa 1000 Haushalte ist», so Sigrist, «in der derzeitigen Situation besonders wichtig.» Und Küng bekräftigte: «Es ist ein klares Bekenntnis zum Ausbau erneuerbarer Energien.» Sabine Steinmann freute sich zwar über grünes Licht durch die Vogelwarte Sempach, wusste aber nichts von den Einsprachen und hätte das Ganze gerne mit Fachleuten diskutiert. Toni Gisler zeigte Unverständnis darüber, dass dieses Projekt – mitten in einer Energiekrise – bekämpft werde und rief dazu auf, den steilen Bachlauf einmal zu besuchen. Christian Marti plädierte namens der FDP-Fraktion für Eintreten und Zustimmung, da alles Notwendige erörtert sei. «Mit Blick auf die Strommangellage wäre es sogar besser gewesen, das zweite Becken auch zu gewähren. Einheimischer Wasserstrom kann aber mit diesem Projekt genutzt werden.»

Priska Müller Wahl verwahrte sich gegen das Votum Toni Gislers und forderte mehr Differenzierung und die Rückweisung. Andreas Luchsinger wies darauf hin, dass es keinen Sinn macht, solche Projekte jetzt zu blockieren, und Fridolin Staub warnte davor, hier mit Rückweisung einen Bazar zu eröffnen. Zudem bat er die Kommission, einmal hinzuschauen, was denn ein Fischgewässer ist.

Landesstatthalter Kaspar Becker bedankte sich bei der Kommission und bat, die vorliegende Konzession unverändert zu verabschieden. «Das Projekt wurde zugunsten Schutz bereits redimensioniert und die 80 Jahre braucht es, um die Investitionen zu amortisieren. Die Wasserkraft hat im Kanton nicht mehr viel zusätzliches Potenzial. Wir versuchen mit den anderen Kantonen alles, um die Versorgung zu sichern.» Eintreten war beschlossen. Zum Rückweisungsantrag wurde nicht mehr diskutiert. Der Konzession wurde mit 41 zu 9 Stimmen zugestimmt. Doch geht die Vorlage in die 2. Lesung. Ob’s da dann schon die Mangellage gibt? Jedenfalls haben die Fische jetzt 10 Sekundenliter, um sich zu waschen, ohne nass zu werden.

Krise gut gemeistert, aber …

… es geht noch besser. Zum Krisenmanagement des Kantons Glarus in der ersten Phase der Coronavirus-Pandemie von März bis August 2020 hatte man eine externe Evaluation durchgeführt, welche neben vielen guten Punkten auch sechs Felder für Verbesserungspotenzial ortete. Kommissionspräsidentin Gabriela Meier Jud beantragte namens der damaligen GPK die Rückweisung des Berichtes an den Regierungsrat. «Für die GPK waren die sechs Empfehlungen im Bericht von Interface massgebend, insbesondere die Forderung nach Übung des Katastrophenmanagements und die klare Regelung der Kompetenzen.» Es genüge nicht, dass die Pandemie einen Lernprozess in Gang setze und der Landrat den Bericht zur Kenntnis nehme, zentral sei, «aufgrund der Empfehlungen konkrete Massnahmen zu definieren.» Nach dem Eintreten beantragte Hansjörg namens der FDP Rückweisung, doch nicht an den Regierungsrat, sondern an die GPK. Damit sollen, so Marti, die offenen Punkte geprüft werden, was dann in den Tätigkeitsbericht 2022 einfliessen könne.

Damit entstand ein Rückweisungspatt oder die Notwendigkeit einer Eventualabstimmung. Toni Gisler sah zwar namens der SVP – wie die FDP – verschiedene Lösungen, doch «für mich ist die heutige Diskussion eine Bestätigung der Arbeit der Regierung. Die sechs Punkte stehen in keinem Verhältnis zu dem, was alles gut lief.» Rückweisung an die GPK sei eine Zusatzschlaufe. Franz Landolt stellte namens der Mitte/GLP-Fraktion Rückweisungsantrag an die GPK. Nadine Landolt Rüegg sah namens der Grünen/Junggrünen in der Rückweisung an die GPK nur eine Vertagung der Diskussion und Christian Büttiker zeigte sich überrascht über den Rückweisungsantrag an die GPK, die GPK werde nichts weiter tun, so Büttiker, als alles wieder an die Regierung zu senden.

Wenn zwei sich streiten, …

… freut sich der Dritte. Und das war Landammann Benjamin Mühlemann, welcher sich mit dem Regierungsantrag, die Berichte zur Kenntnis zu nehmen, gegen GPK und FDP-Mitte-GLP durchsetzte. «Die Bilanz zeigt, dass der Kanton sich noch hätte besser metzgen können. Aber wir wollen die Massnahmen nicht nur definieren, sondern diese auch umsetzen. Die Zeit blieb nicht stehen.» Mühlemann zeigte für alle sechs Empfehlungen im externen Bericht auf, wie Regierung und Verwaltung vorgehen und dass mehrere der geforderten Punkte sogar in die Legislaturplanung einflossen. Die Rückweisung an die GPK unterlag eventual, doch dann beschloss der Landrat, überhaupt nicht rückzuweisen und nahm zur Kenntnis. Zum Regierungsratsbericht wollte Peter Rothlin wissen, ob die Regierung angesichts der Energiemangellage und der steigenden Energiepreise bereits einen kantonalen Stab und allenfalls eine Task Force eingesetzt habe. Regierungsrat Andrea Bettiga bestätigte, man habe das schon angeschaut und werde wohl nach der kommenden Regierungsratssitzung in einer Woche informieren können.

Fünfmal Energie …

… schadet nie. Nach der Pause ging es um die beiden Motionen Mathias Zopfi und Martin Landolt «Hindernisse zur Nutzung erneuerbarer Energien beseitigen» und «Attraktivitätssteigerungen für erneuerbare Energien» beide wurden überwiesen, damit sowohl Biogas und PV, wie auch die Erneuerung von Heizungen unbürokratisch «gepusht» werden können, wie Zopfi sich ausdrückte. Laut Rolf Blumer ist die Energiewende mit trendigen Massnahmen allein nicht zu schaffen. «Deshalb verlange ich von den kantonalen Behörden, das Zeitmanagement bei der Bewilligung massiv zu verbessern.» Blumer mahnte den Kanton, seine Vorbildfunktion wahrzunehmen, «gerade in Gebäuden, wo Menschen hausen, die kein Mitspracherecht haben.» Die dritte Motion, jene zur «Einführung CO2-Management-System für den Kanton Glarus» wurde schliesslich mit 35:18 Stimmen, wie von der Regierung beantragt, abgelehnt. Nicht ohne umfassende Referate zur ökologischen Katastrophe durch Mit-Motionär Franz Landolt. Es gehe um Glaubwürdigkeit, Ernsthaftigkeit und die Gewichtung, die man diesem Projekt schenke. «Die Energiekrise darf uns nicht vom Weg des Managements abbringen.» Auch Sabine Steinmann, Cilia Schriber, Kaj Weibel unterstützten Landolts Antrag zur Annahme, Fritz Waldvogel und Emil Küng plädierten dagegen für Ablehnung.

Der Regierungsrat kann», so Waldvogel, «Massnahmen ergreifen, deshalb können wir ihn hier arbeiten lassen.» Einig waren sich Landesstatthalter Kaspar Becker und Kaj Weibel darüber, dass man reduzieren will und dass es eine Messung der Emissionen – aller Emissionen – brauche. Das vierte Traktandum zur Energie, das Postulat zur «Umstellung auf CO2-freie Antriebe beim kantonalen Fahrzeugpark» wurde von Mitpostulant Andrea Bernhard verdankend zur Abschreibung empfohlen. «Es ist in Ordnung, dass 1/3 der Fahrzeuge bereits auf alternative Antriebe umgestellt wurden, da ja die restlichen 2/3 vor allem Polizei- und Zivilschutzfahrzeuge sind, wo es diese Antriebe noch nicht gibt.» Beim fünften Politikum, nämlich der SP-Anfrage «Uran und Gas: Wie abhängig sind wir von russischer Primärenergie?», mahnte Thomas Kistler an, als Eigentümerkanton der AXPO die Verantwortung zu übernehmen. Angesichts der Abhängigkeit brauche es so bald wie möglich die Ausstiegsmöglichkeiten aus Gas und Uran – wie im neuen Energiegesetz vorgesehen. Daneben gaben auch der Wolf (Hans-Heinrich Wichser sieht das Glarnerland da als Hotspot der Wolfsangriffe wie die Surselva), die Grundstückgewinnsteuer, der Richtplan des Kantons und die Situation der Heimkinder zu reden. Einzig der nächste Sitzungstermin ist noch unklar, so der Landratspräsident abschliessend.