Dem Hockey ganz abgeschworen

Nach seinem authentischen, ehrlichen und tiefgründigen, aber trotzdem sehr unterhaltenden «Talk» in der vollbesetzten Buchhandlung Wortreich in Glarus nahm sich die äusserst erfolgreiche und lebende HC Davos-Trainerlegende Arno Del Curto noch ausreichend Zeit für ein Exklusiv-Interview mit glarus24.



… und die HCD-Trainerlegende auf der Spielerbank im Davoser Eispalast
… und die HCD-Trainerlegende auf der Spielerbank im Davoser Eispalast

Erstaunt über die vielen HCD-Fans am heutigen Abend?

Ja, sehr. Ich hätte jetzt in dieser Gegend eher mit mehr Rappi-Fans gerechnet.

Sprechen wir zuerst über das Eishockey. Sind Didaktik und Methodik bei den heutigen Hockey-Spielern wirklich anders? Müssen Sie mit Samthandschuhen angefasst werden?

Sicherlich sind die heutigen Spielerschneller «betüpft» und hinterfragen vieles. Aber auch das ist zu handeln. Es braucht vom Trainer einfach noch viel mehr Fingerspitzengefühl, noch mehr Einfühlungsvermögen, um ein homogenes Team zu formen.

Sie waren ein Verfechter eines schnellen, rassigen und intelligenten Eishockeys. Sind die jetzigen Trainer wieder eher auf Schablonen-Eishockey aus, à la Russland in den Jahren 1976 bis 1989 unter dem damaligen Trainer Tichonow?

Die Zuschauer wollen ganz klar Spektakel sehen, das ist die eine Seite der Medaille.
Aber für einen Trainer gibt es nichts Schlimmeres, als zu verlieren. Darum wird heute wieder vermehrt die Tendenz zu «Defense first» vermittelt.

Nach Ihren drei Jahren beim ZSC, ab 1991, haben Sie den Stadtclub (neben Davos Ihr Lieblingsverein) im 2019 nochmals übernommen. Haben Sie noch Gemeinsamkeiten feststellen können?

Das Ganze hat sich in dieser Zeit rasant entwickelt. Was mir beim ZSC aber immer gefallen hat, waren die Fans, welche das Hallenstadion – eigentlich überhaupt nicht als Hockeystadion erbaut – in ein Tollhaus verwandelten, wo die Post abging. Für mich eine «geile Zeit».

Wie schlecht ging es Ihnen beim Rücktritt?

22 Jahre, mit 6 Meistertiteln und 5 Spengler-Cup-Triumphen, gingen auch an mir nicht spurlos vorbei, zumal ich mich in Davos nicht nur als Trainer, Sportchef, Antreiber usw. sah, sondern auch dann für die Spieler im privaten Bereich da war, wenn es Kummer und Sorgen gab. Ich war derart ausgebrannt und erschöpft, dass ich rückwirkend sagen muss, die Reissleine zu spät gezogen zu haben.

… und wie geht es Ihnen heute?

Ich bin froh, dass ich Abstand vom Hockey habe und ich nicht mehrim Mittelpunkt des Interesses stehe. Dem Eishockeysport habe ich ganz abgeschworen, er interessiert mich eigentlich nicht mehr. Darum steht eine Übernahme eines Teams ausser Rang und Traktanden. Dafür schaue ich mir gerne Top-Spiele der europäischen Ligen im Fussball an, wo auch von Anfang bis zum Schluss gefightet wird und wo Tempo und Rasse drin ist.

Also ist Ihnen die Zeit danach nie schwergefallen?

Ich konnte dem täglichen Mechanismus entfliehen und gehe heute in völlig anderen Projekten, welche mich auch fordern (z.B. Management beim Bau des Posthotels in Arosa), auf. Oder ich kann mich vermehrt meiner zweiten Leidenschaft, dem Golf, widmen. Und richtig Klavierspielen will ich jetzt auch noch lernen, jetzt wo dieses auch in der Wohnung steht.

Wenn Sie das Rad der Zeit nochmals zurückdrehen könnten, würden wir einen andern Arno Del Curto sehen?

Mit Bestimmtheit nicht. Ich würde mit der genau gleichen Intensität, Ehrlichkeit, Mut, Integrität und Freundschaft wieder ans Werk gehen. Als einziges, was ich anders machen würde: ein Engagement als Trainer in Sankt Petersburg dieses Mal annehmen. Und früher auf den eigenen Körper hören.

Mehr und viel Spannendes zu Arno Del Curto ist seiner Biografie «Mit Köpfchen durch die Wand», welche er auch x-Mal mit einer persönlichen Widmung versehen hat.