Demokratie im Kanton Glarus als Beispiel für Südkorea

35 Regional-Parlamentarier aus Südkorea interessierten sich im Rahmen einer mehrtägigen Studienreise durch verschiedene europäische Länder unter anderem auch für die Demokratie in der Schweiz. Was gebe es besseres, als sich an der Glarner Landsgemeinde, der ältesten Form der Schweizer Demokratie, zu orientieren? Die südkoreanischen Gäste wurden im Landratsaal von Landammann Dr. Andrea Bettiga und Landratsvizepräsident Dr. Peter Rothlin herzlich willkommen geheissen.



Delegation mit Landammann und Ratsweibel
Delegation mit Landammann und Ratsweibel

Was ein Krawatten-Austausch so alles auslösen kann, erzählt die Geschichte vom Näfelser alt Gemeindepräsident Fridolin Hauser, alias Fridli Osterhazy. Die Landsgemeinde in Glarus, welche immer am ersten Maisonntag stattfindet, übt auch ausserhalb unseres Kantons eine erstaunliche Faszination aus. Eine Faszination, welche immer mehr auch auf andere Länder übergreift, welche sich für das politische System unseres Kantons, im Speziellen für die Glarner Landsgemeinde, interessieren, um daraus zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Doch zurück zu Hausers Geschichte.

 

Was ein Krawatten-Austausch auslösen kann

Es war an der diesjährigen Landsgemeinde, als Hauser in der Nähe des Zaunplatzes zufällig auf die Schweizer Vize-Konsulin in Seoul, Esther Mächler-Murer und ihren Mann, den Schriftsteller Martin C. Mächler traf. Mit dabei eine Parlamentariergruppe aus der koreanischen Provinz Gyeonggido, angeführt von Parlamentspräsident Jeon-Jin Seok. Die koreanischen Gäste besuchten die Glarner Landsgemeinde, um das Schweizer Direct-Demokratie-System zu studieren und zu lernen. Glarus ist einer der wenigen Kantone, in denen die Landsgemeinde, eine der ältesten Formen der direkten Demokratie, immer noch existiert. Als echter Glarner der Landsgemeinde gerecht werdend, trug Fridolin Hauser wie gewohnt seine dunkelrotfarbene Fridolins-Krawatte, sein Antipode Jeon-Jin Seok eine blaugelbe, südkoreanische Krawatte «Marke Gwangiu City». Nach dem ersten Sich kennen lernen tauschten Hauser und Parlamentspräsident Seok ihre Krawatten. Dieser folgenschwere, freundschaftliche Austausch zweier Krawatten war nun offenbar der Hauptgrund, dass sich die hohe südkoreanische Parlamentarierdelegation vergangenen Donnerstag auf ihrer Studienreise dafür entschied, auch dem Kanton Glarus einen Besuch abzustatten, um sich eingehend dem Thema «Demokratie im Kanton Glarus» näher zu widmen.

 

Ulileul hwan-yeonghabnida

Der altehrwürdige Landratssaal war vergangenen Donnerstagvormittag für einmal nicht mit Mitgliedern des Glarner Parlaments besetzt, sondern mit einer ranghohen, 35-köpfigen Parlamentarierdelegation aus der Republik Südkorea. Landammannn Dr. Andrea Bettiga und Landratsvizepräsident Dr. Peter Rothlin sowie Ratsschreiber Hansjörg Dürst blieben es vorbehalten, Land und Volk sowie die Glarner Landsgemeinde und ihre Abläufe den südkoreanischen Gästen näher vorzustellen. Ein deutschsprechendes Mitglied der Delegation übersetzte laufend die vielen anfallenden Fragen zum politischen System im Kanton Glarus, welche bereitwillig beantwortet und ins koreanische übersetzt wurden. Seo Joun-Gi, Generalsekretär des höchsten Parlaments in Südkorea, bedankte sich für den überaus freundlichen Empfang und die vielen Informationen über die Demokratie im Kanton Glarus. Inwieweit diese Informationen dem Land Südkorea dienen, bleibt ungewiss. Jedenfalls waren die Gäste aus Südkorea begeistert vom Kurzaufenthalt im Kanton Glarus und gehen nach eigenen Aussagen mit vielen positiven Eindrücken nach einem kurzen Abstecher nach Deutschland zurück in ihre Heimat. Ob sie dereinst einmal der Einladung unseres Landammanns für einen Besuch an der Landsgemeinde Folge leisten, bleibt nur zu hoffen. In diesem Sinne jetzt schon ein herzliches «hwan-yeong».

 

Das Wunder am Han-Fluss

Die Republik Korea, auch Südkorea genannt, liegt in Ostasien und nimmt den südlichen Teil der koreanischen Halbinsel ein. Die einzige Landgrenze ist die 243 km lange Grenze mit Nordkorea. Nordkorea ist sozialistisch und autokratisch, während im kapitalistischen, diplomatisch nach Westen orientierten Südkorea mit der Zeit eine parlamentarische Demokratie etabliert wurde. Im Westen grenzt Südkorea an das Gelbe, im Süden an das Ostchinesische und im Osten an das Japanische Meer. Mit rund 51,7 Millionen Einwohnern zählt Südkorea zu den 30 bevölkerungsreichsten Staaten der Erde und mit über 500 Einwohnern pro Quadratkilometer zu den dicht besiedelten Staaten. Etwa die Hälfte der Einwohner lebt im Grossraum der HauptstadtSeoul, einer Weltstadt mit der viertgrössten Wirtschaft weltweit. Über zwei Millionen Menschen leben jeweils in den Städten Busan, Incheon und Daegu. «Das Wunder am Han-Fluss», wie die Zeit des rapiden Wirtschaftsaufschwungs ab 1962 genannt wird, machte Südkorea schnell von einem armen Agrarland zu einem modernen Industriestaat. Das Land ist Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen, der G20, der OECD, der APEC und ASEAN+3.