«Den Werkhof beissen …

… die Hunde, die Lohnerhöhung beträgt nur 1%.» So das Fazit der Versammlung, am Dienstag, 7. November. Die Stimmberechtigten von Glarus Nord wiesen den Neubau des Werkhofs zurück.



Mehrfach gefordert waren in Glarus Nord die Stimmenzählenden. (;Bild: FJ)
Mehrfach gefordert waren in Glarus Nord die Stimmenzählenden. (;Bild: FJ)

Schon die Traktandenliste gibt zu reden. Olivia Blattmann will namens der FDP das Budget vorziehen, es sei die Basis für alle anderen Entscheide, unterliegt aber mit 204:216 Stimmen knapp. Beim Trottoir der Schwärzistrasse stellt Liliane Schrepfer namens der Mitte Rückweisung, die Sicherheit für Velofahrer sei mit dem geplanten Projekt nicht gewährleistet. Albert Kuriger unterstützt sie wortreich. Jasmin Vogel beantragt namens der SVP Ablehnung des Kredits. Franz Landolt versucht das Trottoir zu retten, weil die Stelle sehr unübersichtlich und unsicher sei. Bruno Gallati plädiert namens des Gemeinderats. Das Trottoir verbessere genau den gefährlichsten Bereich. Es wird mit 230:199 Stimmen eingetreten, der Kredit danach abgelehnt. Beim Abwasserpumpwerk Au, Bilten, für 400 000 Franken betont Bruno Gallati, dass dies über eine Spezialfinanzierung geschehe. Ohne Wortmeldung wird dem Kredit zugestimmt.

Kaspar Krieg stellt den Wettbewerbskredit von 975 000 Franken für den Neubau des Werkhofs vor. Das Geschäft sei im Juni zurückgewiesen worden, die Gemeinde habe die dort angemahnten Pendenzen erfüllt. Sanieren der alten Standorte und Neuerstellen kosteten – so Krieg – etwa gleich viel, dabei biete aber der Neubau mehr Chancen für die Zukunft. Anhand von Folien zeigt er auf, dass der gewählte selektive Wettbewerb das Richtige sei. Andreas Zweifel stellt namens der FDP Änderungsantrag, es soll auf den Wettbewerb verzichtet werden und nur ein Projektierungskredit von 150 000 Franken gesprochen werden. Die Vorteile des zentralen Werkhofs seien unbestritten – doch es müsse günstiger geplant werden. «Ein Werkhof ist kein Kunsthaus.» Deshalb genüge ein Studienauftrag. Jürg Menzi stellt namens der SVP Änderungsantrag auf ein Kostendach von 10 Mio. Franken. Tanja Simitz will den Antrag im Sinn der Gemeinde annehmen – es führe kein Weg dran vorbei, man müsse so oder so investieren. Zudem würde daraus Bauland frei. Max Eberle findet den Zeitpunkt für dieses Projekt falsch – es komme dem Grössenwahn nahe, man könne es sich jetzt nicht leisten. Man solle das für vier Jahre verschieben – der Gemeindepräsident nimmt es als Ablehnung entgegen. Peter Landolt unterstützt namens der Mitte den Antrag der FDP auf einen Projektierungskredit von maximal 150 000 Franken, zudem beantrage er, das erst auszulösen, wenn das die Finanzlage der Gemeinde erlaube, das Projekt zu realisieren. Man solle auch realistische Verkaufserlöse berechnen. Andreas Lienhard stellt Rückweisungsantrag mit dem Auftrag, einen Werkhof ohne Architekturwettbewerb zu planen, mit Holz aus einheimischem Wald, es seien drei Standorte zu planen, die er genau beschreibt – ein zentraler in Näfels und zwei Aussenstandorte in Obstalden und Bilten, Bilten sei der neueste bestehende Standort. Zudem solle dazu gleichzeitig ein Sammelstellenkonzept präsentiert werden, welche Akzeptanz einer breit abgestützten Projektgruppe brauche. Johannes Tschudi beantragt Ablehnung – es sei hier an einer Toplage ein einstöckiges Gebäude geplant, er bezweifelt, ob es der Gemeinde ernst sei. Kaspar Krieg nimmt zu einigen Punkten Stellung – es sei der richtige Zeitpunkt. Entweder man saniere die alten oder spreche den Kredit für etwas Neues. Schon das Abstimmungsverfahren ist bei so vielen Anträgen knifflig. Bruno Gallati berät den Gemeindepräsidenten, sodass dieser fünf Abstimmungen macht. Der Verschiebungsantrag Eberle wird mit 214:229 Stimmen abgelehnt. Mit 250:207 wird das Geschäft rückgewiesen.

Fast eine Stunde Eintretensdebatte

Daniel Landolt präsentiert kurz nach 21 Uhr das Budget mit einem Defizitüberschuss von 1,4 Mio. Franken. Der Finanzierungsfehlbetrag beträgt 26,9 Mio. Franken – das sind Mittel, die aufgenommen werden müssen. Der Finanzplan zeigt zudem wachsende Verschuldung. Der Steuerfuss solle 2024 um 1 Prozent erhöht werden und es brauche einen Bausteuerzuschlag von 1,5%. Landolt betont den Nachholbedarf bei der Infrastruktur der Gemeinde. Albert Heer stellt namens der FDP Rückweisungsantrag, die Ausgaben dürften nur im Gleichschritt mit dem Bevölkerungswachstum und der Teuerung steigen. Beat Noser unterstützt das namens der Mitte, schon die Schuldenlast fresse das beantragte Steuerprozent auf. Adrian Hager verlangt ein Sparprogramm auf die Frühlingsgemeinde, die Beibehaltung der Steuern und Lohnerhöhungen nur bei 1% statt 2%. An dieser Gemeinde wisse man dann Bescheid – statt Rückweisung also Sparprogramm. Ein Sparprogramm könne man heute nicht beschliessen, sagt der Gemeindepräsident. Benjamin Kistler stellt namens der SP Antrag auf Beratung. «Wir müssen uns fragen, was machen wir mit dem Budget 2024. Wir sind der Souverän.» Ruedi Schwitter stellt namens der GLP ebenfalls Eintretensantrag. Eine Rückweisung führe zu Mehrkosten und dem Haushalten mit einem Notbudget. Andreas Streiff beantragt namens der Grünen dem Budget zuzustimmen, sonst sei die Gemeinde nicht mehr attraktiv. Christoph Zwicky unterstützt ihn – insbesondere gelte es die von der SVP geforderte tiefere Lohnerhöhung nicht anzunehmen. Daniel Landolt plädiert für Eintreten, er zeigt den Weg auf, was Rückweisung bedeutet. Nach einem engagierten Votum des Gemeindepräsidenten wird eingetreten. Albert Heer beantragt noch einmal die Koppelung verlangt eine Deckelung der Ausgaben auf maximal 9 Prozent und auf die Steuererhöhung zu verzichten – da dieser Antrag so nicht entgegengenommen werden kann, wird über den Antrag der SVP abgestimmt – die Lohnerhöhungen werden auf 1% gesenkt. Peter Landolt beantragt namens der Mitte, den Kredit für die Unterflurcontainer zu verschieben, bis das Gesamtkonzept da sei. Die 224 000 Franken werden gestrichen. Danach wird über die Steuererhöhung beraten – Beat Noser unterstreicht namens der Mitte, den Steuerfuss zu belassen. Melanie Kistler-Landolt versteht nicht, weshalb der Steuerfuss nicht erhöht wird. Gemeinderat Fridolin Staub beantragt Genehmigung – da das Staatswesen seine Aufgaben erfüllen müsse. Der Steuerfuss wird auf 60% belassen, der Bauersteuerzuschlag bleibt bei 1,5%.

Eine Frage der Organisation

Darauf folgen die Variantenentscheide im Sinne der Gemeindeorganisation – es gehe, so der Gemeindepräsident, um Grundsatzanträge, nicht um definitive Entscheide. Zuerst geht es um ein Gemeindeparlament mit zusätzlichen Kompetenzen, Roman Zehnder beantragt namens der SVP Annahme und spricht sich für ein Departementssystem aus. Die hohen gebundenen Ausgaben könnten zukünftig im Parlament beraten werden, was zu besser vorbereiteten Anträgen an der Gemeindeversammlung führe. Priska Müller Wahl hat sich viele Gedanken gemacht und ist für das Parlament mit mehr Budget- und Rechnungskompetenz. Das führe zu mehr Mitwirkung und Qualität sowie zu weniger Betroffenheitspolitik. Max Eberle das Parlament aber infrage – es gehe wohl darum, der Gemeindeversammlung Kompetenzen zu entziehen, deshalb: «Lehnen Sie das ab!» Stefan Kühne möchte das ebenfalls nicht. Kaj Weibel beantragt namens der Grünen ein Parlament – es gehe darum, das richtige Zeichen an den Kanton zu senden. Die reine Versammlungsdemokratie sei überfordert, das könne aber ein Parlament leisten, die Geschäfte würden attraktiver, die Versammlungen kürzer, die Beteiligung höher. Mit 210:205 Stimmen spricht sich die Gemeindeversammlung für ein Parlament aus.

Im Laufe der Debatte verabschieden sich nach und nach immer mehr der Stimmberechtigten – offenbar, weil die Diskussion doch etwas sehr hypothetisch wird, es geht um das Abwägen von Modellen. Patrick Noser spricht sich namens der Mitte unterstützt durch die FDP für das Ressortmodell mit Gemeindepräsident ein, will aber Einschränkungen und höhere Anforderungen an den Präsidenten sowie die Ausweitung der Wählbarkeit des Gemeindepräsidenten. Jakob Kamm spricht sich für das Ressortmodell aus. Man gehe doch zum zuständigen Gemeinderat, sonst würde man an einen CEO verwiesen, mit dem der Ärger programmiert sei. Zudem sei das nicht glarnerisch. «Also: keine Experimente!» Es gebe kein Modell, das perfekt sei. Während der Gegenüberstellung von Modellvorteilen verabschiedet sich ein weiteres halbes Hundert von Stimmenden. Die Eventualabstimmung zwischen Departements- und Ressortmodell mit CEO ist so knapp, dass ausgezählt wird – mit 154:110 Stimmen entscheidet sich die Versammlung eventual für das Departementssystem. Danach setzt sich das heutige System (Ressorts mit CEO) mit grossem Mehr gegen das neue Departementssystem durch. Die Zahlen zeigen die Erosion der Stimmenden, es geht gegen halb zwölf. Danach verbleibt man beim bisherigen System mit sieben Gemeinderäten und gibt den Auftrag für eine neue Gemeindeordnung, damit sie diesen nach Möglichkeit dann per 2026 in Kraft setzen kann.