Denk mal nachhaltig! 30 Jahre Hänggiturm in Ennenda

Die Pflege des Alten stand 2023 im Zentrum der Europäischen Tage des Denkmals, die am vergangenen Wochenende europaweit veranstaltet wurden. Unter dem Motto «Reparieren und Wiederverwenden» sollte der Blick dabei auf die Aspekte von Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und technischer Innovation im Schweizer Kulturerbe gelenkt werden.



Hänggiturm am neuen Ort
Hänggiturm am neuen Ort

Beispielhaft für eine Erinnerungskultur, die den Blick in die Vergangenheit mit den gesellschaftlichen Diskussionen der Gegenwart verbindet, ist das im einstens grössten Hänggiturm der Schweiz untergebrachte Anna-Göldi-Museum. Es lädt am 23. September, gemeinsam mit allen, die auf dem Industrieareal an der Fabrikstrasse in Ennenda leben und arbeiten, zu einem Tag der offenen Tür ein.

30 Jahre sind es her, seit die Glarner ihren von Hilarius Knobel im Jahr 1865 errichteten Hänggiturm im Rahmen einer vielbeachteten Rettungsaktion vom Gelände der damaligen Teppichfabrik Forbo Alpina AG auf das unter Ortsbildschutz stehende Industrieareal von Daniel Jenny & Cie. verschoben haben.

Heute ist im über 12 Meter hohen Dachstuhl des Baudenkmals das schweizweit beachtete Anna-Göldi-Museum untergebracht. Als Haus der Menschenrechte bietet der Erinnerungsort nicht nur regelmässig Führungen durch Dauer- und Wechselausstellungen an, sondern auch Workshops. Mit einem vielseitigen Kulturprogramm ist das Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst zu einem Bewegungs- und Begegnungsort zwischen Menschen unterschiedlicher Generationen und Kulturen geworden.

Als Zeichen gegen Gewalt an Frauen können ab dem 23. September im Museumsatelier im 1. Stock orange Laternen gebastelt werden. Sie sollen in der Zeit vom 25. November bis 10. Dezember (Orange Days / 16 Tage gegen Gewalt an Frauen) in möglichst vielen Häusern brennen. Ergänzt wird die auf Menschenrechte, (Frauen)Geschichte und Interkultur gerichtete Vermittlungstätigkeit des Anna-Göldi-Museums durch ein Angebot an Deutsch-, Bewegungs- und Gestaltungskursen, die teils von der Koordinationsstelle für Integration anerkannter Flüchtlinge und vorläufig aufgenommenen Personen (KIF), teils von Privaten angeboten werden (siehe Programm).

Neben Schnupperkursen in allen Ateliers können Dauer- und Wechselausstellung an diesem Tag kostenlos besucht werden. Führungen finden am Morgen im Museum und am Nachmittag im benachbarten Comptoir statt. Eine kleine Fotoausstellung und eine Installation der Glarner Künstlerin Susan Honegger führen zurück in die textile Vergangenheit, die auch Thema der gegenwärtigen Wechselausstellung «Bunte Tücher, geteilte Geschichte – auf den Spuren von König Baumwolle» im Anna-Göldi-Museum ist.

Abgerundet wird das Programm durch eine Modeschau die vom «Mode & Nähatelier laissezfaire» (Erika Baumgartner) in Zusammenarbeit mit «Dance and More» (Sabrina Landolt) und 26 Frauen mit und ohne Migrationshintergrund aufgeführt wird.

Mit einem Auftritt von «duo perfona», das seit 2020 auf dem Industrieareal an der Fabrikstrasse in Ennenda probt, klingt der Tag der offenen Tür um 19.30 Uhr im Anna-Göldi-Museum aus. Unter dem Titel «Befreiung» nehmen Magdalena Mattenberger (Musik) und Martin Stützle (Performance) Bezug auf die aktuelle Wechselausstellung im Anna-Göldi-Museum und verbinden sicht- und hörbare Gestaltung.

Übrigens: Dass in dem Monument auf dem denkmalgeschützten Industrieareal auch gewohnt werden soll, war vor 30 Jahren noch undenkbar. Heute sind die drei Eigentumswohnungen im 2. Stock neben dem Museumsbüro eine Selbstverständlichkeit, genauso wie die Nistkästen unter dem Dach, in denen die Mauersegler einen für sie idealen Brutplatz gefunden haben.

Mit dem Anna-Göldi-Museum im Hänggiturm ist die Glarner Erinnerungskultur definitiv in der Gegenwart angekommen. Aus dem Wahrzeichen der Ingenieurkunst des 19. Jahrhunderts ist ein Forum geworden, das den Begriff des Denkmals von jeglichem Staub befreit und mit Blick in die Zukunft neu denkt. Wer sich ein Bild machen will von dem mit neuem Leben gefüllten ältesten Hänggiturm im Glarnerland, ist herzlich eingeladen zum Tag der offenen Tür. Er findet am 23. September ab 10 Uhr statt und bezieht auch den Fabrikladen Baumwollblüte, dem benachbarten Fabrikladen von Daniel Jenny & Cie., mit ein.

Wir freuen uns auf Sie!