Warum im Knast Schwerstarbeit verrichten, wenn man in der Nervenheilanstalt eine ruhige Kugel schieben kann. Das denkt sich auch der Kleinkriminelle Randle P. McMurphy und stellt sich deshalb nur verrückt. Was er jedoch in der Klinik unter der rigiden Leitung der Schwester Ratched erlebt, ist schlimmer als jeder Gefängnisaufenthalt. Statt die Insassen auf den Weg der Besserung zu führen, werden sie bewusst klein gehalten und vor der Gruppe gedemütigt. McMurphy, der die Insassen als normale Menschen behandelt, wehrt sich je länger je mehr gegen das totalitäre System, die demokratische Fassade hat er schnell durchschaut. Da Schwester Ratched die Situation aus den Fingern zu gleiten scheint, ist der Konflikt vorprogrammiert.
Was ist normal?
Das Stück «Einer flog über das Kuckucksnest» von Dale Wasserman nach dem Roman von Ken Kesey spielt mit den unterschiedlichen Situationen der Gesellschaft. Die ursprünglichen Insassen der Klinik, waren vorher Aussenseiter, Ausgestossene der «Gesellschaft da draussen». Sie waren nicht normal und passten nicht in die Wertevorstellungen der «Gesunden». Sie mussten abgeschoben, ruhig gestellt werden. In der Klinik selber verschiebt sich die Perspektive: Ein Verrückter in der Nervenheilanstalt ist normal, ein geistig Gesunder jedoch nicht. Genau hier liegt das Problem von McMurphy. Während sich die anderen Insassen der totalitären Führung von Schwester Ratched unterwerfen, versucht er mit gesundem Menschenverstand, normal zu handeln. Und erscheint somit erst recht verrückt. Der Normale unter Verrückten ist der Verrückteste, könnte man es zusammenfassen. Eine spannende Situation in einem starken Werk.
Grosse schauspielerische Leistung
Ein Werk, das von den Schauspielern des Theaters Glarus viel abverlangt. Sie müssen eintauchen in die verworrene Psyche eines geistig Kranken und müssen darstellen, wie sich diese Personen fühlen und wie sie reagieren, wenn ihre peinlichsten und tiefsten Geheimnisse vor allen Übrigen aufgedeckt werden. Doch das einheimische Ensemble überzeugt wie eigentlich immer mit einer starken Inszenierung, überzeugender schauspielerischen Leistung und stimmungsvoller Kulisse. Wer sich selbst ein Bild davon machen will, hat ab kommenden Samstag die Gelegenheit. Dann feiert «Einer flog über das Kuckucksnest» des Theaters Glarus im «Schützenhaus» Premiere.
Der Aussenseiter in einem totalitären System
Psychiatrie statt Knast. Der Hauptdarsteller McMurphy gerät durch diese Wahl in eine echte totalitäre Hölle. Die ideale Ausgangslage für die überzeugende Inszenierung von «Einer flog über das Kuckucksnest» vom Theater Glarus. Kommenden Samstag feiert die Aufführung im «Schützenhaus» Premiere.