Der Brand von Glarus und Berlin

Was hat der Brand von Glarus mit Berlin zu tun? Auf den ersten Blick kann man sich kaum vorstellen, welche Auswirkungen der Brand auf europäische Städte hatte. So auch auf Berlin. Vor allem auf die Schweizer Bürger, die zu jener Zeit hier lebten.

 



Von links: Andrea Trümpy
Von links: Andrea Trümpy

Als ich nach wenigen Wochen, seit denen ich in Berlin lebe, die «Schweizer Revue» las, das ist eine Zeitung für Auslandschweizer, fand ich einen spannenden Artikel. Ich erfuhr, dass der «Schweizer Verein Berlin» aufgrund des Brandes von Glarus gegründet wurde. Diese Tatsache stiess bei mir als Stadtglarner auf grosses Interesse. Ich setzte mich mit dem Präsidenten des Vereins in Verbindung, um mehr darüber zu erfahren. Kurze Zeit später traf ich mich mit Herrn Hans Hofmann. Er hatte den Artikel in der «Schweizer Revue» verfasst. Er übergab mir die noch einzige existierende Chronik des Vereins, die zum Anlass des 100-jährigen Bestehens geschrieben wurde. Bereits auf den ersten Seiten stiess ich auf interessante Details.

Auszug aus der Chronik:

«Es war am 4. Juli 1861, als, unter dem Eindruck der durch den grossen Brand der Stadt Glarus und des durch dieses Unglück herausfordernden und geweckten Solidaritätsgefühls, sich im Restaurant Oranienburgerstrasse 10 eine Anzahl hiesiger Schweizer zusammenfanden und zu einem Verein zusammentraten mit der Aufgabe, hilfsbedürftige Mitglieder und durchreisende Landsleute zu unterstützen und daneben landsmännische Geselligkeit zu pflegen.

Im Frühling 1867 hatte der Schweizer Verein das Vergnügen, durch eine Abordnung den neu ernannten Gesandten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Berlin, Herrn Landamann Dr. Heer aus Glarus, im Hotel begrüssen zu dürfen. Der Minister anerkannte den guten Zweck des Vereins, versprach ihm seine Unterstützung und stellte ihm einen baldigen Besuch in Aussicht.»

Dr. Joachim Heer war der erste Gesandte, den die Schweizerische Eidgenossenschaft nach Berlin delegierte. Doch sein Gastspiel als Diplomat dauerte nicht lange. Schon nach drei Wochen klagte er über Heimweh und wollte zurück ins beschauliche Glarnerland. Diese Stadt sei ihm zu lärmig und zu gross. Nach drei weiteren Wochen demissionierte er und kehrte in die Schweiz zurück.

Und so feiert der «Schweizer Verein Berlin» in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Diese Feier fand am Samstag, 30. Juli 2011, im Hauptbahnhof von Berlin statt. Ich habe mir im Vorfeld überlegt, was ich als Stadtglarner zu diesem Anlass, der ja auch mit meiner Heimatstadt zu tun hat, beitragen könnte. Die Idee, einen Gast aus Glarus einzuladen, stiess beim Präsidenten, Herrn Hans Hofmann, auf grosses Interesse. Frau Andrea Trümpy, Alt-Stadtpräsidentin von Glarus, erklärte sich bereit, die Einladung anzunehmen.

Die Festivitäten begannen schon am Mittag. Eine Show mit Such-und Rettungshunden musste wegen des strömenden Regens abgesagt werden. Jedoch Armbrustschiessen, Käseschätzen, Schellenschütteln, Alphörner selber basteln und viele weitere Attraktionen, die von Imbissständen mit Schweizer Spezialitäten umrahmt wurden, fanden grossen Anklang.

Das Abendprogramm begann mit einem festlichen Abendessen. Verschiedene Showeinlagen, Videopräsentationen und Grussworte vom Präsidenten des Schweizer Vereins in Berlin, Herrn Hans Hofmann, sowie Urs Hammer, Gesandter der Schweizerischen Botschaft in Berlin, Frau Elisabeth Michel, Präsidentin der Auslandschweizer-Organisation in Deutschland. Herr Hofmann freute sich, als Ehrengast Frau Andrea Trümpy, Alt-Stadtpräsidentin von Glarus, die eigens für diesen Anlass nach Berlin gereist war, begrüssen zu dürfen.

In ihrer Rede bedankte sich Frau Trümpy für die grosse Solidarität, die Glarus nach dem Brand erfahren durfte. Auch aus Berlin kam ein Betrag von über Tausend Franken. Was zu jener Zeit einem Vielfachen von heute entsprach. Dabei erwähnte sie auch, dass sie mit Dr. Joachim Heer verwandtschaftlich verbunden ist. Die Geschenke, die Frau Trümpy aus Glarus mitbrachte, wurden von Herrn Hofmann mit Freude entgegengenommen.

Der Dauerregen, der ein Fest im Freien immer noch verhinderte, tat der guten Stimmung keinen Abbruch, zumal das Musikensemble vom bekannten Schweizer Volksmusiker Hans Muff aufspielte. Um 22.30 Uhr durften die Gäste ein 15-minütiges, spektakuläres Feuerwerk bestaunen, das vor der Schweizer Botschaft gezündet wurde.

Es war eine würdige Feier, die uns in angenehmer Erinnerung bleiben wird.