Am Schluss ist Don Juan in der Adaption von Max Frisch genau dort, wo vor er sich sein ganzes Leben lang geflüchtet hat: In der Ehe oder in einer Situation, die dem sehr, sehr nahe kommt. Nachdem er seinen eigenen Tod, besser seine Höllenfahrt, vor zahlreicher seiner Geliebten inszeniert hat, verbringt er sein weiteres Leben auf einem prächtigen Landsitz, gefangen durch sein angebliches Ableben. Besitzerin ist die verwitwete Herzogin von Ronda, ursprünglich eine Prostituierte, die sich in Don Juan verliebt hatte, weil dieser das Schachspiel dem Geschlechtsakt vorgezogen hat. Denn der Don Juan von Max Frisch ist ganz anders, kein leidenschaftlicher Frauenheld. Seine einzige grosse Liebe scheint die exakte Geometrie zu sein. Deshalb weicht er der von seinem Vater arrangierten Ehe und der noch unbekannten Braut so gut es geht aus. In der Nacht vor seiner Hochzeit scheint er dann aber doch die Liebe gefunden zu haben. An einem Teich trifft er eine junge Frau, tief in ein Buch versunken. Es funkt, und nach einer leidenschaftlichen Nacht versprechen sie sich, am kommenden Abend zu fliehen. Dazwischen liegt jedoch die Hochzeit von Don Juan. Don Juans Überraschung ist gross, als sich seine Braut Donna Anna als die Frau vom Teich herausstellt. Das Happy End scheint perfekt. Doch im Gegensatz zum thematisch verwandten Werk von Georg Bücher «Leonce und Lena», in dem sich ebenfalls Versprochene und Liebende als ein und dasselbe herausstellen, kommt es in Frischs Stück nicht zum vorzeitigen Happy End. Don Juan kann den Hochzeitseid nicht reinen Herzens ablegen. Eine turbulente Flucht beginnt. Don Juan tötet seinen vorgesehenen Schwiegervater, den Komtur von Sevilla, im Schwertkampf, liegt seiner Schwiegermutter in spe bei und nach eigener Aussage auch zahlreichen weiteren Frauen. Darunter auch die Braut seines besten Freundes, der sich anschliessend selber das Leben nimmt. Aufgrund des Schlamassels versagt das Herz von Don Juans Vater. Und auch Donna Anna, welche den ganzen Abend am Teich gewartet hat, ertränkt sich. Don Juan bleibt nichts mehr, ausser dem Weg des Verführers. Zwölf Jahre und unzählige Bettgeschichten später will der Verführer von Sevilla seinem anrüchigen Lebenswandel ein Ende setzen. Dafür inszeniert er seine eigene Höllenfahrt durch den steinernen Gast, die Statue des Komturs. Doch statt in einem Kloster, muss sich der pensionierte Frauenheld auf dem Anwesen der Herzogin von Ronda verstecken. Als Ehemann unter dem Pantoffel, und wie der Schluss des Stücks andeutet, wohl auch bald als Vater. Die stimmige und mutige Inszenierung des Theaters Kanton Zürich unterstrich am letzten Freitag die parodistische Grundstimmung des Werks, zeigte aber auch in den tragischen Momenten genug Fingerspitzengefühl.
