Der Michel in der Suppenschüssel – nicht Lönneberga, sondern Glarus

Laut, fröhlich, wirblig, abwechslungsreich, vorlaute und kecke Äusserungen und viel Musik – was will man mehr? Die Aula der Kantonsschule Glarus war bis auf den letzten Platz besetzt, als der strohblonde Michel aus Lönneberga mit all seinen Flausen so richtig loslegte und alle arg strapazierte, die es mit ihm zu tun hatten. Den Kindern gefiels, Michel, umtriebig, entpuppte sich keineswegs als der Flegel, den man zu Beginn sah.



Die Aula der Kantonsschule Glarus war bis auf den letzten Platz besetzt, (Bilder: p.meier)
Die Aula der Kantonsschule Glarus war bis auf den letzten Platz besetzt, (Bilder: p.meier)

Es war alles auf jene Kinder zugeschnitten, die diese Vermischung lieben, sie aber nicht ausleben können. Da würde die Elternseite sofort und mit aller Deutlichkeit intervenieren.

Bei Michel war das ebenso – nur nützte es anfänglich rein gar nichts. Aber die Wendung zu Positivem bahnte sich innerhalb der 70 Spielminuten ganz klar an, endete damit, dass aus dem zügellos einherwirbelnden Lausebengel ein total netter, hilfsbereiter und sich um seine Nächsten sorgsam kümmernder Knabe wurde.

Aber bis zu diesem Punkt war es ein langer, oft vergnüglicher Weg. Michel lebt, wie in der von Astrid Lindgren vorgegebenen und gewiss fast international bekannten Geschichte auf Katthult, einem Bauernhof in Lönneberga. Mit ihm zusammen sind seine Eltern Anton und Alma, die jüngere Schwester Ida, der Knecht Alfred und Lina, die Magd. Langweilig wird es gar nie. Dafür sorgt nicht bloss Michel mit all seinen Flausen und dem überbordenden Reichtum an Dummheiten, die es auszuleben und – zu ertragen – gilt. Es kommen der komplizierte Vater, die kleine, lernbegierige Ida (was das tüchtige Fluchen und genüssliche Essen betrifft), sondern auch die Suppenschüssel auf Michels Kopf, die Interventionen des Arztes, Fieberschübe, der zu schmückende Weihnachtsbaum, die Mahlzeiten am Tisch, ein unerwarteter Unfall, eine sehr fordernde Fahrt durch den wütenden Schneesturm unter Hilfe des Pferds Lukas und anderes dazu. Vieles wird gesungen, nach Musik von Andrew Bond. Regie führt Brigitt Maag; die Darstellenden sind Stefan Camenzind, Nadja Eisenhut, Rafael Haldenwang, Nina Havel, Pascal Holzer und Pascal Illi.

Zuerst herrscht Alltägliches, sehr Kindgerechtes vor. Michel ist dafür zuständig, sei es nun mit dem Vermitteln echt deftiger Fluchwörter für Klein Ida, das gierige Einverleiben süsser Kostbarkeiten, die für den Betroffenen schmerzhaft endende Anwendung der Mausefalle, trotziges Drinbleiben, das ausdauernde Schnitzen von Figuren, das nicht eben nachahmenswerte Verhalten am Esstisch samt Ausschlecken der Suppenschüssel. Man lernt auch den recht knausrigen Vater kennen, für den die Suppenschüssel einen enorm hohen Wert hat. Man begegnet dem Arzt, der Michel aus der Suppenschüssel befreien sollte. Beinahe käme es dazu. Aber Michel schlägt bei der Begrüssung seinen Kopf an – und schon ist die Suppenschüssel entzwei, dies zum Entsetzen des Vaters. Er kann das Zerbrochene zwar tadellos flicken. Ob man `s glaubt oder nicht, die Schüssel landet nochmals auf Michels Kopf, geht erneut kaputt. Man erlebt Michels sorgsamen Umgang mit dem Pferd und sein beeindruckendes Helfen, wenn es ums Gesundwerden von Alfred geht.
Irgendwann schneit es fast pausenlos, einmal steckt das Pferd fest, weil es so erschöpft ist.
Und alles endet schliesslich mit durchwegs Positivem. Michel wird ganz fest gelobt. Aus Erzählungen vernimmt man, was sich zum absolut Guten gewendet hat. Einmal mit den Fingern geschnippt, und schon ist wieder etwas aus der Fülle aller Geschehnisse dauerhaft besser. Das geschieht stets in Windeseile, ist gut in Szene gesetzt.

Lange dauert der begeisterte Beifall. Beim Weggehen erhalten die Kinder ein weiches «Schmuseviech», das sie und die Eltern auf dem Heimweg begleitet.