Der Tag der Frauentrios

Gleich zwei Trios mit Frauen waren in dieser Sitzung des Landrates wichtig: Jenes grüne Trio, das sich für die Wirbellosen und gegen die Kraftwerkskonzession zur Wehr setzte, und jenes Trio von der Koordination Gesundheit, für das man jetzt eine unbefristete Verlängerung geschaffen hat. Erfrischend diesmal: die erste Sitzung, die von Präsident Luca Rimini bereits zur Pause beendet werden konnte.



Ein deutliches JA zur Ausnützung der Wasserkraft des Luchsingerbaches vom Mittelstafel der Bächialp bis zum Brunnenberg (Bilder: e.huber)
Ein deutliches JA zur Ausnützung der Wasserkraft des Luchsingerbaches vom Mittelstafel der Bächialp bis zum Brunnenberg (Bilder: e.huber)

Zuerst ging es – in zweiter Lesung – um die neue 80-jährige Konzession zur Ausnützung der Wasserkraft des Luchsingerbaches vom Mittelstafel der Bächialp bis zum Brunnenberg durch die tb.glarus. Neben den abwesenden Bundespolitikern Mathias Zopfi und Martin Landolt (Session) sowie den entschuldigten Gabriela Meier Jud und Fridolin Staub begaben sich auch Martin Zopfi (Geschäftsführer der tb.glarus), sowie die beiden Glarner Gemeinderäte Markus Schnyder und Andrea Trummer in den Ausstand. Bei der artikelweisen Beratung meldete sich diesmal niemand zu Wort, es schien, als sei das zu Sagende schon in der ersten Lesung gesagt.

Drei Frauen für die Wirbellosen

Dann aber meldet sich Priska Müller Wahl mit dem Antrag, die Konzession Bächibach abzulehnen. Man habe – so Müller Wahl – in der 1. Lesung Nachbesserungen verlangt, sei aber unterlegen. Es gehe hier um eine Konzession für 80 Jahre, eine Zeitspanne, über die sich niemand zurückerinnern könne. Doch abgesehen von dieser Unwägbarkeit seien im Glarnerland die Bäche, so Müller Wahl, weitgehend verbaut und deshalb werde das Gut «Bach» immer knapper. Die Grünen seien ausgebremst worden und jetzt müsse man – auf Kosten der Natur – Erneuerbare nachbauen. Das sei keine nachhaltige Strategie. Dafür fordere sie – statt Ausbau der Wasserkraft auf Kosten der Natur (dazu gehören auch Niedere Tiere oder Wirbellose wie Schnecken, Würmer und Käfer) – mehr Solarkraft. Mathias Vögeli bittet dagegen, dem Konzessionsentwurf unverändert zuzustimmen und endlich einen Schritt zum Ausbau der Erneuerbaren zu gehen. Die Antragsteller hätten bereits auf das Staubecken im Mittelstafel verzichtet. Mit der zusätzlichen Stufe könnten 1000 Haushalte zusätzlich mit Strom versorgt werden. Im Vergleich dazu brauche Solarenergie eben viel mehr Platz, am Muttsee etwa eine 1000 Meter lange Mauer. «Laptop und Handys – die wir alle nutzen – brauchen Strom. Irgendwo muss der Strom herkommen. Sonst könnt ihr den Stecker auch in den Mund nehmen.»

Eine Frau gegen Fake

Kommissionspräsidentin Susanne Elmer Feuz hält fest, dass von den Grünen Behauptungen aufgestellt würden, die nicht zutreffen. Sie verstehe nicht, woher die Grünen ihre Informationen hätten. «Jeder überlegt sich zweimal, wo er Geld investiert. Also ist es nicht unsere Aufgabe, den tb.glarus zu sagen, ob die Investition sinnvoll ist.» Über Einsprachen habe die Kommission nicht zu befinden gehabt, weil diese ja erst nach der Erteilung der Konzession allenfalls käme. Die Verbände aber hätten sich bei der Mitwirkung eingebracht, das sei beim Kanton auch aufgenommen worden. Zu all diesen Punkten war in der ersten Lesung teilweise Abenteuerliches hergeleitet worden. Landesstatthalter Kaspar Becker unterstützt zu 100 Prozent, was Landrat Vögeli sagte, und auch die Kommissionspräsidentin. Es sei tatsächlich Falsches behauptet worden. Das Geschäft wird mit 46:3 Stimmen angenommen – das Trio der Gegenstimmen dabei rein weiblich, zusammengesetzt aus den grünen Cinia Schriber, Nadine Landolt Rüegg und Antragstellerin Priska Müller Wahl.

Die drei Damen von der KOGE

Seit 2018 führt der Kanton im Rathaus die Koordinationsstelle Gesundheit (KOGE) im befristeten Betrieb mit drei Frauen – eine von ihnen ist Landrätin Sabine Steinmann, die hier in den Ausstand ging. Denn der Rat hatte über die unbefristete Weiterführung zu befinden. Auch die Debatte selbst begann mit vier Voten von Frauen. Laut Kommissionspräsidentin Andrea Trummer wurde der Wirksamkeitsbericht vorgelegt und das neue Pflege- und Betreuungsgesetz schafft auch eine gesetzliche Basis, um die KOGE weiterzuführen. Trummer präzisiert: Die Fachstelle Pflege und Betreuung des Kantons sei für die Umsetzung des Pflege- und Gesundheitsgesetzes zuständig, die KOGE dagegen sei direkt für die Bevölkerung da und für ihre Fragen zuständig.

Priska Grünenfelder plädierte namens der SP-Fraktion für Eintreten und unbefristete Weiterführung. «Dr Chare lauft bi de KOGE.» Das Projekt überzeuge individuell und finanziell und zeige den Angehörigen und Pflegebedürftigen die gesamte Basis der Dienstleistungen auf. Die Langzeitpflege befinde sich in einer dynamischen Entwicklung, die ambulante Pflege werde in den kommenden Jahren stark wachsen. «Die SP setzt sich für eine chancengerechte Gesundheitsversorgung ein.» Auch Barbara Rhyner setzte sich – namens der SVP-Fraktion – für Eintreten und die unbefristete Verlängerung ein, kündigte aber einen Antrag der Fraktion an. Bereits in der Diskussion 2018 habe die SVP prüfen wollen, ob der Auftrag der KOGE auch an andere Institutionen übergeben werden könne, denn es gebe solche Institutionen und – etwa beim Spital – schon einen Sozialdienst. Bei komplexen pflegerischen Fällen brauche es ein Case-Management, doch an anderen Orten könne es zu Doppelspurigkeiten führen. Regula Keller beantragt namens der Grünen und Jungen Grünen Eintreten und unbefristete Weiterführung. Man dürfe – ob der Herausforderungen im Gesundheitswesen – den Kopf nicht verlieren. Die Planung mit einem vielfältigen Angebot gelte es als Weg weiterzuführen. Die KOGE zeige auf diesem Weg die Möglichkeiten auf. «Sie ist eine niederschwellige Anlaufstelle.» Sie informiere über die passenden Angebote – das koste zwar, helfe aber auch, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. «Zur richtigen Zeit die richtige Pflege am richtigen Ort.» Auch Stephan Muggli namens der FDP und Urs Sigrist namens der Mitte/glp-Fraktion wiesen auf die wichtige Unterstützung hin, welche die KOGE im Dschungel des Gesundheitswesens unkompliziert bietet, und plädierten dafür sie weiterzuführen. Unter dem Strich sei das Projekt auch finanziell interessant, es gebe noch Potenzial, doch sei es Sache der Regierung, die KOGE zu optimieren.

Heinrich Schmid fragte nach den Kosten des Berichtes, Landammann Benjamin Mühlemann versprach, ihm diese Zahlen nachzuliefern. Mühlemann wies darauf hin, dass bereits 2017 – im Konzept zur Stärkung der Langzeitpflege – die Bedeutung guter Netze definiert worden sei. «Wir können Ihnen die Evaluation und eine breite Berichterstattung vorlegen.» Persönlich finde er die Rückschau spannend, der KPMG-Bericht untermauere das Ganze, das Aufbauen von stabilen Betreuungssituationen spare einen sechs- vielleicht zukünftig sogar einen siebenstelligen Betrag ein. «Es spielt keine Rolle, wo wir die Kosten dämpfen, sondern dass wir sie dämpfen.» Die KOGE sei so ein Projekt, um Kosten zu dämpfen und auch Lücken aufzuzeigen.

Da Eintreten unbestritten ist, geht der Landratspräsident direkt zur Detailberatung und den Anträgen, wo Thomas Tschudi, namens der SVP-Fraktion einen dritten, neuen Antrag stellt. Tschudis Antrag will den Regierungsrat beauftragen, Gespräche zu führen und allfällige Synergien und auch eine Auslagerung dieser Leistungen zu prüfen. «Wir stellen die Dienstleistung nicht infrage, haben aber Einwände zu den Aspekten Kosten, Effizienz und Angebotsschärfung. Wir sind in sehr unsicheren Zeiten und müssen bei den Kosten vorsichtig und weitsichtig vorgehen.» Da die Kompetenzen der KOGE ausgebaut werden sollen, würden sich die Kosten sogar um 50 000 Franken erhöhen. Insbesondere sei die Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Pro-Werken (Pro Senectute, Pro Infirmis usw.) zu prüfen. Tschudi anerkennt, dass gute Aufbauarbeit durch die «drei Damen der KOGE» geleistet worden sei. Er fordert auch die Angebotsschärfung – ihm fehlen die Links von KOGE zu den Pro-Werken. Und er kritisiert den Bericht der KPMG wegen der sehr ungenauen Nutzenschätzung (zwischen 95 000 und 700 000 Franken).

Nadine Landolt Rüegg beantragt namens der Grünen/Junggrünen den Antrag auf Ziffer 3 abzulehnen. «Wir setzen die Steuerfranken sinnvoll ein, wenn wir die KOGE weiterarbeiten lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man ihre Aufgaben an ein Pro-Werk übergeben können.» Der Nutzen sei wohl – auch durch einen Buchhalter – kaum genau zu beziffern, aber: «Wenn es irgendwo knapp wird oder eine Notlage entsteht, so wird nach dem Staat gerufen. Der hat hier dann schon die KOGE.» Danach wird der Wirksamkeitsbericht ohne Wortmeldung zur Kenntnis genommen, die KOGE unbefristet weitergeführt und der Antrag Tschudi zur Abstimmung vorgelegt.

Und noch einmal flammt die Diskussion auf. Kommissionspräsidentin Andrea Trummer weist darauf hin, eine Telefonnummer für die Triage sei effizient. Das sei der grosse Mehrwert in komplexen Fällen, denn so könnten diese Personen länger selbstbestimmt zu Hause bleiben. «Die 50 000 Franken – die Thomas Tschudi erwähnte (Red.) – gehen auf das Pflege- und Betreuungsgesetz zurück, denn es soll zukünftig in der Kompetenz der KOGE liegen, in bestimmten Fällen kleine Beträge direkt zu sprechen.»

Landammann Benjamin Mühlemann zeigt sich mit dem ersten Teil von Antrag 3 (Gespräche führen zur Optimierung der Organisation) zwar einverstanden, das mache man auch. Er habe mit dem zweiten Teil Mühe, eine Auslagerung zu prüfen. Dafür sei jetzt – nach den vier Jahren – nicht der richtige Zeitpunkt. «Will man jetzt alles wieder über den Haufen werfen und sich wieder mit sich selber beschäftigen?», fragte er. Für ihn stehe die Kontinuität im Vordergrund. Der Landrat beschliesst mit 34:17 Stimmen, keine neue Ziffer 3 aufzunehmen und die KOGE unbefristet weiterzuführen.

Das dritte Pièce

Im Rahmen der Erneuerung des Kantonalen Sportanlagenkonzepts (KASAK II) sollte der Landrat einen Rahmenkredit über 2 Millionen Franken für den Bau, die Erweiterung oder die Sanierung von Sportanlagen im KASAK-Inventar für die Periode 2023–2026 sprechen. Was er nach einer kurzen Eintretensdebatte auch ohne Wortmeldung tat. Kommissionspräsident Roger Schneider präsentierte das Geschäft. Die Sportstrategie im KASAK II zeige, dass sich die Arbeit mit Rahmenkrediten bewähre. «Vertieft geprüft wurden die Kriterien zur Aufnahme von Anlagen. So wurden ungebundene – nicht kapitalintensive – Sportarten nicht aufgenommen.» Yvonne Carrara fragt nach, was geschieht – etwa im Fall des Buchholz –, wenn die Kosten wegen der Verschiebung eines Projektes ansteigen oder wenn es – wie etwa beim Kunstrasenplatz lintharena – allenfalls angepasst oder erweitert wird. Ruedi Schwitter beantragt namens Mitte/glp, Sarah Küng namens der SP-Fraktion Zustimmung. Roger Schneider antwortet Carrara, dass schon beantragte Projekte nicht nochmals beantragt werden müssten. Regierungsrat Markus Heer weist aber darauf hin, dass wenn «etwas Anderes» gemacht werde, der Antrag noch einmal einreicht werden müsse. Man komme, so Heer, jetzt mit diesem Geschäft, weil der Rahmenkredit heuer ablaufe.

Die St. Galler kommen

Angekündigt war der Besuch der Parlamentarier aus St. Gallen zwar, doch trafen diese erst bei der Beratung des Holz-Postulats ein. Vorher wurde noch die Motion «Änderung Gesetz über die politischen Rechte – Artikel 43 Wahlvorschläge» überwiesen. Urs Sigrist wollte diesen «Alten Zopf» aus dem Jahr 1920 aufheben. Landammann Benjamin Mühlemann zeigte sich immer offen, die Gesetze zu vereinfachen. Und Peter Rothlin stellte fest, die Motion fordere eine ergebnisoffene Prüfung, nicht aber einfach die Streichung des Artikels. Der Bürger müsse wissen, wer hinter einem Wahlvorschlag steht. Bei Parteien finde eine Nomination an – ein transparentes und öffentliches Wahlverfahren. Doch sonst brauche es eben die Unterschriften, um zu wissen, woher der Vorschlag kommt. Landammann Benjamin Mühlemann sichert die Prüfung zu.

Zum Schluss ging es um ein Postulat der Grünen Fraktion zur «Nutzung von Holz als CO2-neutralem Baustoff». Postulant Frederick Hefti verlangte, das Postulat zu überweisen. Es müssten Holz und Brettschichtholz auch mit anderen Baustoffen verglichen werden. «Wir wollen auch wissen, wo mit Holz gebaut werden kann. Deshalb soll das Postulat nochmals zurückgegeben werden, damit der Regierungsrat das genauer behandeln kann.» Mathias Vögeli beantragt namens einer knappen Mehrheit der Mitte/glp-Fraktion ebenfalls, das Postulat zu überweisen. So fehle der Vergleich mit Beton in der Antwort und er wolle wissen, mit welchen Massnahmen Holz gefördert werden könne. Toni Gisler dagegen argumentiert: «Wir sollten nicht politisch entscheiden, mit welchen Stoffen gebaut wird.» Priska Müller Wahl vermisst in der Antwort die Rahmenbedingungen zur Förderung dieses Baustoffs der Zukunft. Dann begrüsst – nach dem Landratspräsident – auch Landesstatthalter Kaspar Becker die Gäste. «Es wollen alle wohl überall wo möglich mit Holz bauen», so Becker. Holz sei im Schwung, brauche also keine zusätzliche Förderung. Trotzdem wird das Postulat mit 32:20 Stimmen überwiesen. Die nächste Sitzung ist am 3. November.

FJ