Die Ein-Frau-Show – in Näfels vor ausverkauften Rängen

Das Begegnen mit der riesig charmanten, wortspielverliebten Dame auf der Bühne im «Schwert» Näfels hatte es in sich. Mikrofon, Keyboard, technische Hilfsmittel aller Art samt kolorierendem Loop, Trompete, Posaune, Gitarre, Beseli und Schlagzeug, eine Leinwand, die sich auch noch an den Rand gedrängt hatte, farbige Lämpchen fürs Untermalen der jeweiligen Stimmung, ein Notizbuch fürs Festhalten von Ein-Wort-Gedanken aus dem Publikum, eine Minibibliothek mit Szenenwürdigem, ganz viele Knöpfchen fürs Lebendigwerden der technischen Belange, knallroter Bühnenvorhang fürs publikumswirksame Auftreten und das hurtige Verschwinden und – lediglich mehrere Fusslängen mit leerer Fläche für den Star des Abends – das Frölein Da Capo, mit bürgerlichem Namen Irene Brügger.



Das Frölein Da Capo, mit bürgerlichem Namen Irene Brügger. (Bilder: p.meier)
Das Frölein Da Capo, mit bürgerlichem Namen Irene Brügger. (Bilder: p.meier)

Sie hatte so lange auf neue Auftritte warten müssen, dies betonte Heini Nold, zuständig fürs «Dritt Programm» der einladenden Kulturgesellschaft Glarus mit aller Deutlichkeit. Allein Corona-Viren waren für diese bedauerliche, zwei Jahre andauernde Kulturpause verantwortlich. Frölein Da Capo nutzte diese und belegte gemäss eigenen – nicht überprüfbaren Angaben – einen showwissenschaftlichen Fachlehrgang – ohne aber den Namen des Unterrichtsortes und die Dauer dieses fordernden Auseinandersetzens zu nennen. Da hätte sie eventuell als geheim klassifizierte Einblicke in Betriebswissenschaftliches preisgegeben. Immerhin wurde im Verlaufe der vergnüglichen Aufführungsfülle klar, was da gelehrt und von der wissbegierigen kreativ umsetzenden Frölein Da Capo umgesetzt worden war. Man musste schaurig konzentriert hingucken, zuhören, sich mittragen lassen, um erfüllendst geniessen zu können Zuweilen spielte zwar die Technik kleine Streiche, aber das Frölein überbrückte und meisterte das in charmantester Weise.

Nun sei – so ein kleiner Teil aus einer kleinen Strophe – das Härz schwäär und der Akku läär.
Aber Corona war ja vorbei, die Flut an erheiternd Kreativem ab jeweiliger Bühne nicht mehr zu stoppen. Es wurde heiss, bezüglich Temperatur und Lied-Inhalten. Was da männliche und weibliche Mücken vollbrachten, war einer Vermischung von respektlosen Annäherungen an die leidende Menschlichkeit, Pflege des eigenen Äusseren – da liess Eitelkeit grüssen. Die Asiatische Buschmücke und anderes flugfähiges und stechfreudiges Getier waren einbezogen. Eine Sibylle aus dem Publikum gab mit Sonne, Blau und Glarnerland drei Begriffe vor – was sich mühelos in ein Gedicht einbringen liess. Was sich um eine mit Geld zu fütternde Parkuhr so ereignen kann, hatte Hang zu leichter, verständlichster Problematik.
Und wenig später wurde mit Bezug auf eine von vielen Lektionseinheiten des Fachlehrgangs doziert, wie differenziert ein «NEIN» sein kann, mit welchen Abzeichen man nach Bestehen der jeweiligen Kurseinheit – natürlich mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad – bedacht wird.
Wer hat gewusst, wie sich der Ehegraben zwischen zwei sich auseinanderdriftenden Matratzen schliessen lässt. Ein T-förmiger Schaumstoffkeil schafft eine sogenannte «Liebesbrücke». Dann muss nur noch der jeweilige Bettpartner beziehungsweise die -partnerin über besagte Brücke gelockt werden – die Fortsetzung ist je nach sich annähernden, wachsenden Bereitschaften eigentlich klar.
Ein Filmchen gestattete dann Einblicke in jene Breiten, die sich hinter den Kulissen ausdehnen. Die langen Gänge, der mit Milch gefüllte Kühlschrank, die endlosen Treppen – nichts blieb dem prüfenden Auge des gierig Betrachtenden verborgen. Da hätte man nach dieser – an Spannung so reich geschürten Einführung – Intimeres erwartet.
Dann gings um die eigenen Kinder, um Vererbtes, nicht Rübergekommenes, unliebsames Erbgut, Haarfarbe, Charakter, Form der Nase, Diplomatie, Körperbau – das war eine ganz verrückte Sache, die nie, aber auch gar nie Anspruch auf Vollständigkeit haben kann, auch wenn das ab Bühne der Fall sein will.
Nach eher seltsamen Dessertkombinationen, beispielsweise über die Härte eines Marmorkuchens, ging es zur Illustration des menschlichen Aufbaus, gezeichnet von einem Leonardo Da Capo. Und was sich zwischen den benachbarten sich nicht eben wertschätzenden Familien Klein und Gross abspielte, zeichnete und erläuterte Frölein Da Capo in verblüffendster, beinahe unnachahmlicher Weise.
Und dann war es Zeit für den Abschied, zuerst vom eigenen Nachwuchs, den man nur ungern ziehen lässt, der einem fehlen wird, der auch die elterliche Begleitung vermissen wird; dann vom Publikum, das das Frölein so liebgewonnen hat, das zu weiteren Auftritten charmant eingeladen und zum Kauf einer Erinnerung aus dem Da Capo-Köfferchen animiert wird.

Und bald wird es – nicht nur mit den Angeboten der Kulturgesellschaft – weitergehen. Da haben sich Kulturinteressierte einige Daten vorzumerken – erstmals mit «Hellvetia» am 24. September im Güterschuppen Glarus.