Nach über 20 Jahren Lift fahren zwischen der zweiten und dritten Liga stand die erste Mannschaft des Schachklubs Glarus erneut vor der Lifttür. Diesmal sollte es nach oben gehen, zurück zu den glorreichen Glarner 1.-Liga-Zeiten. Doch auch im Schach steigt man nicht einfach so auf, nein, ein Entscheidungsmatch bestimmt den Aufsteiger. Und da wartete mit Herrliberg eine Mannschaft, die man getrost als haushohen Favoriten bezeichnen darf. Veredelt mit zwei Internationalen Meistern und einem durchschnittlichen ELO-Rating, das gerade etwas höher lag als dasjenige des besten Glarner Spielers. «Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie», galt daher das Motto für Glarus.
Hartnäckiger Widerstand
Von diesem Klassenunterschied war allerdings lange nicht viel zu sehen. Nach eineinhalb Stunden wogte der Kampf auf den Brettern hin und her. Klar war die feinere Klinge des Internationalen Meisters da und dort zu sehen, aber noch hielten die Glarner dagegen. Frech stiess Oswald Bürgi auf dem Königsflügel vor, während Martin Dürst für einmal sich als Defensivkünstler betätigen musste. Nach zweieinhalb Stunden gewannen die Partien an Kontur. Olga Kurapova, wie immer voll auf Angriff, war mit ihrer Attacke nicht durchgekommen und geriet stark unter Druck. Reto Lusti hingegen kombinierte sicher und brachte sich in eine vorteilhafte Stellung, während Martin Jenny alle Hände voll zu tun hatte, einen gegnerischen Durchbruch zu verhindern.
Die Macht des Favoriten
Wunder geschehen selten. Olga Kurapova musste sich als Erste beugen, kurz darauf, brachen auch bei Martin Dürst die Dämme. Dürst, der gegen den ELO-2400-Mann Zoltan Hajnal eine statistische Erfolgswahrscheinlichkeit von 4% auf seiner Seite wusste, vermochte die restlichen 96% nicht auch noch auf seine Seite zu zwingen. 0:2 – die Vorentscheidung? Kommt nicht infrage, fand Martin Jenny, der seinen Gegner IM Tamas Erdelyi stoppte und in eine Remisstellung zwang. «Der Martin, unsere Mauer», im Urteil eines Mannschaftskollegen. Peter Fuchs war nach einer langwierigen Abwicklung genau einen Zug lang verloren, doch der Herrliberger war wohl zu erschöpft und verpasste die Chance. So wickelte Fuchs die Partie routiniert ins Remis ab.
Eine letzte Chance?
Noch zwei Partien waren offen, noch immer, nach vier Stunden Spielzeit hatten die Glarner eine Chance, wenn sie die beiden letzten Partien gewinnen, zum 3:3 aufzuholen und einen Re-Match erzwingen. Sowohl Reto Lusti als auch Oswald Bürgi heizten ihren Kontrahenten mächtig ein, doch auch die Herrliberger wussten, wie man die Defensive organisiert. Schliesslich endeten die beiden Partien mit remis. Mit dem Schlussstand von 2:4 war es an den Glarnern, den Gastgebern zum Aufstieg zu gratulieren. Glarus hatte einen guten Match geliefert und Herrliberg alles abverlangt. Für ein Schachwunder hat es nicht gereicht. Doch auch wenn der Aufstieg nicht realisiert werden konnte, darf Glarus mit der gezeigten Saison zufrieden sein, war sie denn auch so die erfolgreichste seit über 20 Jahren und die folgende kleine Saisonabschlussfeier war mehr als verdient.