Die Königin der Skitourenwettkämpfe

Dunkelheit, 4000 Höhenmeter, 53 km Luftlinie: Zermatt nach Verbier, 3650 m ü.M. höchster Punkt der Strecke, die Tête Blanche, Schnee in rauen Mengen, Portagen (Tragestrecken) in brütender Hitze, Kampf, Krampf und schlussendlich die grosse Erleichterung das Ziel als Patrouille erreicht zu haben!



Die Königin der Skitourenwettkämpfe

Das Aushängeschild Patrouille des Glaciers

Skitourenwettkämpfe sind kein Honiglecken und die Patrouille des Glaciers erst recht nicht, da wird von jedem einzelnen im Dreierteam alles abverlangt. In der welschen Schweiz wird diese Sportart mit Leidenschaft und Enthusiasmus betrieben, dementsprechend viele Patrouillen sind aus dieser Region. Nicht weniger als 5 Glarner Teams stellen sich aber ebenfalls dieser Herausforderung und starten vom Freitag auf Samstag 20./21. April. (Team Gmüätli Startnr. 2094 Martin Baumgartner, Simon Gisler, Edith Gasser Laufzeit 11:11:23, Zigerschlitzer Startnr. 2135 Ueli Frei, Sebastian Wild, Jürg Rast, leider nicht im Ziel, Heel – Küng – Reithebuch Startnr. 2178 Wm Martin Heel, Obgfr Andreas Küng, Gfr André Reithebuch 11:10:43. Geb S KP I/85 Startnr. 2202 Wm Hanspeter Klauser, Kpl Dirk von Massenbach, Sdt Rolf Laager, 14:20:00. und schliesslich das Team Bolt – Brehm – Schweizer Startnr. 2367 Richard Bolt, Hans-Peter Brehm, Vitus Schweizer zu zweit im Ziel 13:04:01)

Stellvertretend für alle diese Wettkämpfer aus Glarner Huoben berichte ich als Patrouillenführer der Geb S Kp I/85 über die Eindrücke an diesem riesengrossen Anlass.

Warme Temperaturen, viel Schnee, Rekordzeiten

Zum 13. Mal stelle ich mich dieser Herausforderung PDG. Vor zwei Jahren mussten wir uns den Verhältnissen beugen und mit x-anderen Patrouillen unverrichteter Dinge wieder abreisen, die Temperaturen waren zu hoch und die Schneebrücken über die Spalten zu schwach. Sollte sich dies 2018 wiederholen? Bei sommerlichen Temperaturen fahren wir bereits am Donnerstag nach Zermatt, um die Reisemüdigkeit etwas besser zu überbrücken. Am Freitag ist das Tagesprogramm so ziemlich bestimmt: Materialkontrolle, Ruhen, Trinken und Essen, sodass dann am Abend zum Start alles bereit ist. Das Briefing mit den letzten wichtigen Informationen wird bei der PDG richtig zelebriert: so müssen sich alle Startenden in der Kirche von Zermatt einfinden. Dort erfahren wir, dass gestartet wird. Sämtliche Start- und Durchgangszeiten werden um eine Stunde nach vorne verschoben und die Strecke von Zermatt nach Schönbiel diesmal nicht wie gewohnt über Zmutt führt, sondern bereits ausgangs Zermatt die Ski angeschnallt werden und dann über die Skipiste nach Furi und schliesslich über Stafel nach Schönbiel gelaufen wird, dies um den vorhergesagten warmen Temperaturen möglichst auszuweichen und die Lawinenhänge zu umgehen. Also es geht los, nochmals wacker Energie zugeführt mit dem Nachtessen, kurzes hinlegen und dann ab an den Vorstart, wo nochmals Kontrollen stattfinden: LVS (Lawinenverschütteten-Suchgerät) ein, jede Patrouille erhält ein Not-Handy und einen GPS-Sender, um den Standort der Patrouille während des Wettkampfes genau zu bestimmen (für Freunde und Bekannte auf der PDG-App und für die Retter bei einem allfälligen Unfall). Unsere Startzeit 22.30 Uhr rückt näher, unser Puls schlägt höher und unsere Gedanken kreisen um die Sollzeiten, die zu erfüllen sind: schaffen wir Arolla in 7 Stunden? Was erwartet uns auf der Strecke? So rennen wir nach dem Startschuss am Bahnhof Zermatt hinaus in die dunkle Nacht, wie wenn das Ziel bereits hinten am Dorf wäre, einfach verrückt!! Am Dorfende die Tourenski mit den Fellen das erste Mal angeschnallt und dann nichts wie los Richtung Verbier! Kurze happige Aufstiege wechseln mit langgezogenen Flächen über die Pisten hinauf nach Schönbiel. Dort angelangt (die Kontrollzeit im Übrigen erfüllt) heisst es Anseilen, denn bis zum Col de Bertol müssen wir obligatorisch mit dem Seil verbunden sein. Bereits sind die die ersten 1000 Höhenmeter bewältigt.

Hinauf zur Tête Blanche folgt nun der erste grosse Kampf: steile, eisige Gletscherdurchquerungen verlangen von uns Wettkämpfern einiges ab. Rolf, Schlussmann am Seil, stürzt unglücklich und zerbricht den Skistock, ein Malheur, das ihn aber nicht aus der Ruhe bringt, er kämpft weiter. Schliesslich erreichen wir das Dach der PDG. Schnell die Felle weg und bereit machen zur Abfahrt. Die Temperaturen bereits jetzt mitten in der Nacht äusserst erträglich. Mit harten, aber doch sehr angenehmen Bedingungen ziehen wir unsere Schwünge am Seil hinunter Richtung Col du Bertol. Bevor wir jedoch das Seil losbinden können, ist eine weitere Gegensteigung, für uns mit Fellen, zu bewältigen. Col de Bertol, Seil weg, und sofort weiter ins Tal Richtung Arolla wieder abfahrend. Immer ein spezielles «Fahrvergnügen» so im Schein der Stirnlampen. Die erste Hürde ist gemeistert, wir haben in gut 6:30 Std. die Strecke geschafft. Sofort Verpflegung nachfüllen und bereits müssen wir weiter, ansonsten droht uns der Ausschluss an den folgenden Posten.

Wieder folgt ein happiger Aufstieg, steil, äusserst hart gefroren, sodass mit Gefühl gelaufen werden muss, sofern man dann 2 ganze Stöcke hat, denn Rolf hat in Arolla keinen Reparatur-Posten ausfindig machen können und läuft somit immer noch nur mit einem Stock. Stückweit zwingt ihn dies zum Aufstieg zu Fuss, die Ski in der Hand! Schliesslich findet er kurz unter dem Col du Riedmatten einen Barmherzigen, der ihm einen Ersatzstock übergibt. Um knappe 15 Minuten unterbieten wir die Durchgangszeiten am Col du Riedmatten. Dort heisst es Skis aufschnallen auf den Rucksack und zu Fuss hinauf, der «Himmelsleiter» entlang, zum Übergang. Auf der schattigen Abstiegsseite erwartet uns ein Fixseil, an dem wir uns hinunterhangeln können, da kommt es dann zum Vorschein, wer Bergerfahrung hat. Am Ende dieses Abstieges heisst es dann Ski anschnallen und weiter abfahren Richtung Lac des Dix. Alles auf hartem, aber griffigem Schnee. So gelangen wir an den Rand des Stausees. Dort beginnt nach einer kurzen Gegensteigung mit Fellen die «Skatingstrecke» der PDG. Es liegen bereits 9 Stunden Wettkampf hinter uns, die Kräfte dementsprechend am Schwinden, aber es gibt kein Anhalten, die nächste Kontrollstelle ist la Barma und diese schliesst um 09.15 Uhr. Da die Verpflegung kurz vor der Kontrollstelle ist, heisst es aufgepasst, dass man nicht vor lauter Verpflegen den Kontrollschluss übersieht, wir bleiben in den 15 Minuten und können passieren und unseren Weg nach Verbier fortsetzen. Nun kommt eine weitere Herausforderung auf uns zu, den Backofen hinauf zur Rosablanche. Nochmals 700 Höhenmeter hinauf auf 3160 m ü.M zum Gipfel. Zuerst noch mit den Fellen und als Krönung noch das Y-Couloir wieder als Portage erreichen wir mit den letzten Kräften den Gipfel. Der frenetische Empfang der vielen Zuschauer lässt es einem kalt den Rücken herunterlaufen. Da ist jeder ein Sieger, der dort oben aussteigt. Da wird man auch gebührend verwöhnt in Sachen Verpflegung und Flüssigem. Aber auch da ist noch nicht Schluss, nochmals brausen wir hinunter, unterbrochen mit kurzen Schiebepassagen, Richtung Col de la Chaux. Nochmals kleben wir unsere Felle auf, im Wissen, dass dies nun endgültig das letzte Mal sein wird und steigen nochmals gut eine halbe Stunde auf zum Übergang. Dass dieses Jahr noch eine kleine «Überraschung» auf uns wartet, sind wir uns nicht bewusst, erst als wir ungewohnt, nochmals an Höhe hergeben müssen, merken wir, dass uns zum Schluss nochmals eine Tragestrecke von gut 100 bis 200 Höhenmetern bevorsteht! Diese Schikane kann uns aber nicht mehr erschüttern, wir haben nur noch eines im Auge, das Ziel in Verbier. So meistern wir auch dieses Hindernis und machen uns zum letzten Mal bereit zur Abfahrt ins Tal. Mehrheitlich den Skipisten folgend, gelangen wir nach Verbier, doch direkt ins Ziel zu fahren wäre zu einfach, quer durch das ganze Dorf, laufen respektive rennen wir schliesslich zum Ziel!! Unsere Fangemeinde empfängt uns mit Beifall und sogar eine Fahne mit unserem Landespatron dürfen wir stolz über die Ziellinie tragen. Eine weitere PDG ist geschafft, müde aber stolz gemeinsam diese Herausforderung geschafft zu haben, gönnen wir uns eine wohlverdiente Dusche.

Für die Patrouille 2202 Geb S Kp I/85 Wm Hanspeter Klauser