Die Krux mit der Proporz

Was soll das mit der Proporzwahl! Die Landratswahlen sind nun schon seit längerem Vergangenheit. Kein Mensch kümmert sich zur Zeit noch um dieses Wahlprinzip. Alles ist Schnee von gestern. Nicht aber bei mir - nicht in meinem Kopf. Immer wieder keimt in mir die Frage auf: Habe ich das Prinzip auch richtig verstanden?


Habe ich die richtige Liste mit den richtigen Kandidaten in die Urne gelegt. Ich wollte doch endlich eine Frau in den Landrat wählen. Es hat leider nicht funktioniert. Nun mache ich mir, Wochen nach der Wahl Gedanken. Was ist falsch gelaufen? Und ich kann mir vorstellen, dass sich diese Frage auch viele andere Wählerinnen und Wähler stellen. Ich möchte damit den Erfolg der Gewählten nicht schmälern oder in Frage stellen. Es geht mir mehr darum, endlich Klarheit in den Dschungel der Proporzwahl zu bringen. Und zwar in den Dschungel in meinen Gedanken.

Im Vorfeld der Wahlen habe ich mich immer wieder über den Wahlmodus informieren lassen. Ich habe das Internet zu Hilfe gezogen, mit Politikern gesprochen und an Informationsabenden teilgenommen. Je mehr ich mich in diese Materie vertieft habe, umso undurchdringlicher wurde der Dschungel in meinem Kopf. Am Tag der Wahl habe ich dann einfach die Vernunft walten lassen und so gestimmt, wie es mir mein Gefühl und das Herz befohlen hatte. Ich war der Meinung die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Auf den ersten Blick hat mir das Resultat auch rechtgegeben. Die von mir gewählte Frau erreichte viele Stimmen. Gross war dann aber meine Überraschung, als ich von offizieller Seite erfuhr, dass nicht sie, sondern ein anderer Kandidat mit wesentlich weniger Stimmen gewählt wurde. Ihm sei an dieser Stelle der Erfolg natürlich gegönnt. Aber mich plagt seither trotzdem mein Albtraum weiter. Um diesem Übel ein Ende zu bereiten habe ich mich in den letzten Tagen nochmals von kompetenter Seite informieren lassen. Man will ja für die Wahlen in vier Jahren bestens gewappnet sein.

Und nun beginnt mein eigentlicher Albtraum erst. Zu Beginn der Informationsstunde – solange dauerten die Instruktionen – wurde mir erklärt, was bei diesen Proporzwahlen alles möglich ist. Also am einfachsten ist, man legt die gewünschte Liste unverändert in die Urne. Aber halt, dann müsste ich ja Kandidaten wählen, welche mir nicht unbedingt genehm sind. Solche die ich aber wählen möchte würden von mir ja nicht gewählt. Also dies wäre nicht mein Ding. Nun werde ich auf die Möglichkeit des „panschierens“ aufmerksam gemacht. Ha, der will mich wohl auf die Schippe nehmen. Panaché kenne ich wohl - vom Bier her. Aber wie soll ich nun Stimmen mit Bier mischen. Bier mit Elmer-Citro, ja das ist bekannt. Aber mit Stimmen? Die Erklärung naht prompt. Das Wort bedeutet, ich kann auf der von mir gewählten Liste Namen streichen und durch andere ersetzen. Aber Achtung, es zählt ja auch - und das ist nicht unbedeutend - die Listenstimme. Nehme ich jetzt die Liste X und panachiere oder nehme ich die Liste Y und panschiere ebenfalls? Wer die Wahl hat - hat die Qual… Und die Unsicherheit.

Bis zu einem gewissen Punkt habe ich das auch begriffen. Verstehen kann ich aber trotzdem immer noch nicht, warum eine Kandidatin oder ein Kandidat mit weniger Stimmen doch in den Landrat gewählt wurde. Das hat auch etwas mit den Reststimmen zu tun, wurde mir erklärt. Reststimmen? Ist es denn so, dass meine Stimme, zusammen mit anderen, auf einen speziellen Haufen gelegt wird und am Schluss als „Rest" verteilt wird. Natürlich nicht. Diese Erklärungen dauerten über eine Stunde. Heute habe ich keine Albträume mehr, denn ich bin sicher, dass nicht nur ich, sondern viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit dem gleichen Problem zu kämpfen hatten und auch heute noch haben. Die Wahlen sind entschieden, die Kandidatinnen und Kandidaten haben es geschafft oder eben nicht. Es beginnt eine neue Legislaturperiode und nach vier Jahren werden Resultate und Leistungsausweise vorliegen. Somit kann ich für die nächsten vier Jahre wieder ruhiger schlafen. Spätestens 2010 werden mich diese Albträume und die Frage und die Unsicherheit mit der Proporzwahl wieder heimsuchen. In der Zwischenzeit genehmige ich mir einige Panachées der Liste zwei, drei oder sogar vier?