«Die Kuh der Zukunft hat sechs Beine»

Im Linthpark Glarus Süd findet aktuell ein Forschungsprojekt zur optimierten Zucht von Insekten unter anderem als Nahrungsmittel statt. Einen Einblick gewährte am letzten Dienstag der Innovationsapéro der Glarner Wirtschaftsförderung zusammen mit der Glarner Handelskammer, dem Gewerbeverband des Kantons Glarus sowie Nüü Glarus.



«Die Kuh der Zukunft hat sechs Beine»

In Zukunft wird vermehrt das Problem auftauchen, dass die Menschheit mit den normalen Nahrungsmitteln nicht ausreichend versorgt werden kann, ist sich Prof. Dr. Jürg Grunder sicher. «Um dann ca. 10 Milliarden Menschen zu ernähren, müssen vor allem bei den Proteinen alternative Quellen gefunden werden.» Für ihn kommt dabei die Alternative mit sechs Beinen daher. «In unseren Breitengraden ist der Verzehr von Insekten sehr gewöhnungsbedürftig, in anderen Regionen hat dies jedoch bereits eine lange Tradition.» Bisher wurden bei uns aber die Insekten eher gesammelt als gezüchtet. Hier möchte das Team von Jürg Grunder und Daniel Ambühl denn Sprung machen, welcher der Mensch bei der Domestizierung von Kuh, Schwein oder Huhn bereits vor Tausenden Jahren gemacht hat. In ihrem Projekt erforschen sie nun seit gut anderthalb Jahren, unter welchen Bedingungen sowie mit welchem Substrat verschiedene Hirschkäfer sich am besten fortpflanzen, um die grösste Zucht an Larven zu erhalten. Grundlage für das Substrat dient hier Holz in verschiedenen Formen, denn dem Team ist es wichtig, dass als Grundlage nichts dient, was der Mensch selber konsumieren könnte. Gerade in ärmeren Regionen, sollte man diese Ressourcen nicht noch vorher durch ein Tier verarbeiten lassen. Gerade im Vergleich zu den populären Masttieren, hätten Insekten mehrere Vorteile: Von einem Insekt sind bis zu 80 Prozent vom Menschen essbar, die Haltung der Tiere braucht zudem weniger Fläche, wie auch Wasser. Ausserdem entstehen eigentlich keine Abfälle. Das Insekt kann vollständig verspeist und der Kot kann als Torfersatz genutzt werden. Und wenn die Menschen die Larven nicht essen wollen, können sie als Nahrungsmittel für die traditionellen Nutztiere genutzt werden. Gerade hier spüre Grunder bereits ein sehr grosses Interesse nicht nur in der Schweiz, sondern auch weltweit. Auch sonst sei das Interesse an ihrem Projekt sehr gross. Auf der einen Seite von Produzenten, welche vergleichsweise viele Holz- oder holzähnliche Abfälle haben. Auf der anderen auch, dass man die Ergebnisse für die Zucht im grossen Stil aufziehen kann. Hier werde das Team wohl im nächsten Jahr ein Prototypenbetrieb suchen, welcher die Erkenntnisse aus dem Kleinen in die ökonomische Grösse überführt. Die zahlreichen Besucher des Innovationsapéros zeigten sich sehr interessiert an den Möglichkeiten, zeigten aber auch noch gewisse Berührungsängste bei den lebenden Larven im Zuchtbereich. Etwas, woran man sich in naher Zukunft aber sich noch gewöhnen kann.