«Die lustigen Weiber» – Bernd Lafrenz, Windsor und Glarus

Sir John Falstaff, seine drei Gefolgsleute und die drei gutbürgerlichen Damen Page, Ford und Quickly ergeben dann ein Ensemble, das nur einen Darsteller braucht, wenn sich der Freiburger Schauspieler Bernd Lafrenz dieser Sache annimmt. Er ist seit Jahren auf Shakespeare und dessen Dramen und Komödien spezialisiert und arrangiert sich mit kleinstem bühnentechnischem Aufwand und einigen wenigen Requisiten auch auf Spielflächen, die minimalste Ausmasse haben. Er ist so etwas wie ein Meister des «Minimal-Theaters».



Impressionen von der Aufführung von Bernd Lafrenz im Wortreich. (Bilder: p.meier)
Impressionen von der Aufführung von Bernd Lafrenz im Wortreich. (Bilder: p.meier)

Mit beneidenswerter Eleganz switcht er durch alle Rollen – diesmal waren es die «lustigen Weiber von Windsor», mal eingebettet in Historisches, das Jahrhunderte zurückliegt, dann wieder im Heute – samt SMS, Handy, aktuellen Bezügen wie Aufenthalt im Coiffeursalon, Zurechtkommen mit der unmenschlich heissen Trockenhaube, Nachrichten ab Display, Lady Di, dann wieder umgeben von Scheinheiligkeit, Einherplappern, Zaocken, Betteln, Intrigieren, vordergründigem Bluff, Intrigen, Liebeswerben, Selbstmitleid, Androhung des Wegscheidens von dieser unseligen Welt, Erbetteln eines letzten Biers vor dem tragischen Tod – der dann eben doch nicht eintritt.

Bernd Lafrenz spielt riesig elegant, keck, mit irrem Tempo, lässt Genuss, Mitleiden. Mitrufen – also vielseitigste Anteilnahme – gerne zu. Mühelos schlüpft er in die jeweilige Rolle, verharrt für kurze Momente – die der Aufklärung des jeweiligen Geschehens sehr dienlich sind – in der jeweiligen Rolle. Und Lafrenz kriegt es mühelos, elegant hin, den Verlauf eines doch nicht alltäglichen Geschehens aufzuzeigen. Sir John Falstaff und sein mit Verlaub recht kurliges Gefolge schlagen sich in und um Windsor mit nicht immer lupenreinen Methoden durchs ach so entbehrungsreiche, schrecklich fordernde Leben durch. Monetäre Schwierigkeiten sind und bleiben belastend. Um sich daraus zu lösen, bedarf es einer gewissen Kreativität und Kaltblütigkeit. Raffinesse und Überzeugungskraft sind ein zusätzlicher Garant, damit denn auch alles bestens gelingt. Falstaff nimmt sich der beiden Damen Page und Ford mit einer eher bodenständigen Eleganz an, seine Erwartungen sind verständlich hoch, sein Vorgehen ein bisserl unbeholfen. Doppeltes Anbandeln ergibt – rein mathematisch – auch doppelten Gewinn nach dem Verfassen und Aushändigen zweier identischer Liebesbriefe. Aber die Raffinesse der beiden Damen und die Hilfe der Dritten im Bunde hat John Falstaff falsch einkalkuliert. Die Dinge laufen – wie man zu sagen pflegt – absolut aus dem Ruder. Falstaff wird riesig an der Nase herumgeführt, aus dem Hause seiner Liebsten, so herzlich Angebeteten rauskomplimentiert. Es muss ja nicht alles stimmen, was die drei Damen lauthals erzählen, Hauptsache ist, dass der bedauernswerte Falstaff das Feld räumt und die drei raffinierten Frauenzimmer ihren Seelenfrieden wieder haben.

Alles bettet Lafrenz in ein Geflecht kleiner Handlungen ein, ist mal in der Küche beim Genuss einer Suppe, auf der Strasse im ergreifenden Gespräch mit dem Pfarrherrn, beim Zuordnen jenes Haars, das in der Suppe gefunden wurde, beim Abwehren des aufsässigen Hundes, beim Fechten, ist Bittsteller fürs letzte Bier, gross Ankündigender beim Tilgen der doch ansehnlichen Schulden. Er erfährt, dass halt die Frauen Ford und Page auch über die Geldbeutel ihrer Angetrauten regieren. Lafrenz ist fähig, den Gasherd in einen Springbrunnen umzufunktionieren, das Gebilde auch als Garderobe einzusetzen. Er überlebt den qualvollen Wegtransport im engen und miefigen Waschkorb, kann sich aus der reissenden Themse retten. Er reüssiert auch nicht als röhrender Hirsch der mit Geweih und Nachthemd auftaucht. Die vielen Elfen und Feen vermögen nicht, definitiv zu helfen.

Und irgendwann endet das temporeiche, verwirrliche Spiel, in dem so viel Munterkeiten, Heiteres und Klamaukiges eingebettet ist.

Und Bernd Lafrenz verspricht hoch und heilig, auch seine zehnte Aufführung «Liebe, Lust und Leidenschaft» aus der Feder des Herrn Shakespeare, im kommenden Jahr auf der höchstwahrscheinlich kleinsten Bühne des kleinsten Hauptortes anzubieten.