glarus24: Sie sind aus dem Glarnerland ausgewandert in ein fremdes Land. Wo verbringen Sie heute Ihre Tage und wie lange leben Sie schon an diesem neuen Ort?
Peter Tschudi: Unser neues Leben wird seit einem Jahr durch die Natur bestimmt: ganzjähriges Badevergnügen bei 18 bis 24 Grad und Fischen im Atlantik, Wanderungen in einer überwältigenden Vulkanlandschaft (Weltbiosphären-Reservat) fernab vom Tourismusrummel anderer Kanarischer Inseln und Pflege eines grossen Grundstücks mit endemischen Pflanzen und einer Fülle von Blumen. In einem grossen Garten pflanzen wir Gemüse (z. B. dreimalige Ernte von Kartoffeln pro Jahr möglich), sowie eigene Orangen, Oliven, Mandarinen, Zitronen, Avocados, Mandeln, usw.).
glarus24: Was ist der entscheidende Grund, weshalb Sie sich seinerzeit zu diesem Schritt entschieden und war dies schon lange Ihr Wunsch?
Peter Tschudi: Seit 2003 hat uns die Insel praktisch jedes Jahr erneut durch ihre Schönheit, Ruhe und das ausgewogene Klima in ihren Bann gezogen. Die herzlichen Palmeros haben es uns angetan, weil sie uns von allem Anfang an nie als Fremde behandelten, vermutlich vor allem, weil wir bereits in der Schweiz über Jahre Spanisch gelernt hatten und ab Beginn eine einfache Unterhaltung führen konnten. Kurz: Wir suchten ein Leben ohne Stress und Zeitdruck und haben es gefunden.
glarus24: Sie leben nun in einem für uns fremden Land. Einen früheren Teil ihres Lebens haben Sie aber im Glarnerland verbracht. Erzählen Sie uns etwas über diese Zeit.
Peter Tschudi: Unser Leben im Glarnerland war geprägt durch Beruf, Familie, politische Aktivitäten und gemeinnützige Vereinstätigkeit. Erholung fanden wir in der überwältigenden Alpenwelt, dem Kontakt mit Nachbarn, Freunden und im Garten.
glarus24: Unsere Leser interessiert aber selbstverständlich auch, wie Sie heute Ihr Leben verbringen. Wie sieht bei Ihnen der Alltag fernab vom Glarnerland aus?
Peter Tschudi: Unser Leben hier wird bestimmt durch Neues. Die Insel ist für uns noch längst nicht erforscht, viele Vulkane und Landschaften harren ihrer Entdeckung und der Freundeskreis wächst stetig. Gäste bringen neue Impulse und erfreuen uns durch ihre Anwesenheit. Auf den Tisch kommen u.a. fangfrische Meerfische, inseleigene Bananen, Mandeln, Ziegenkäse und Wein, dessen Trauben auf Lavafeldern wachsen. Dass hier Zigarren nach kubanischer Art in Handarbeit fabriziert werden, sei nur am Rande erwähnt. Fit halten wir uns durch Wandern und Schwimmen sowie Gartenarbeit.
glarus24: Wenn Sie einmal Vergleiche ziehen, was ist nach Ihrer Ansicht besser als im Glarnerland und hat sich der Entschluss auszuwandern, für Sie rückblickend betrachtet gelohnt?
Peter Tschudi: Der Entschluss, nach der Pensionierung auf diese Insel auszuwandern, war zeitlich und örtlich optimal. Ein Weiterarbeiten in der Schweiz ist wegen der relativ geringen Distanz für Katharina weiterhin beschränkt möglich und Besuche sind jederzeit durchführbar.
Es gibt hier viel weniger Temperaturstürze, Kälteeinbrüche oder andere schnelle meteorologische Wechsel, weil das Azorenhoch unser Wetter bestimmt.
Das Klima ist so mild, dass es kaum Erkältungen gibt und gesundheitliche Beschwerden fast zum Fremdwort werden.
Gelohnt hat es sich auch bezüglich der Lebenshaltungskosten. So kennt man hier keinen zu versteuernden Eigenmietwert, die Gebühren sind minimal, der Strom billig und Warmwasser macht täglich die Sonne auf dem Dach. Das Haus muss praktisch kaum geheizt werden und der Liter Benzin kostet derzeit umgerechnet Fr.1.35.
glarus24: Zum Schluss noch eine Frage; vermissen Sie von Zeit zu Zeit das Glarnerland oder Ihren Geburtsort und wenn ja, was fehlt Ihnen bei diesem Gedanken am meisten?
Peter Tschudi: Das Glarnerland ist und bleibt unsere «alte Heimat». Vor allem sind es die uns bekannten Menschen, von denen wir distanzmässig spürbar etwas weggerückt sind. Jedoch dank Internet, Telefon und Zeitungen verkürzen sich mindestens die Kilometer jeweils rasch, und Besuche im Glarnerland bringen uns immer wieder in die Nähe zu den eigenen Verwandten und Bekannten.
Was mir, Peter, am Geburtsort Näfels nicht fehlt, ist die rasante bauliche Entwicklung, der markante Geruch nach Hofdünger, der praktisch ganzjährig die Luft markiert und das Überhandnehmen von immer mehr verschiedenen Fremdsprachen.
Was mir, Katharina, am Wohnort Linthal nicht fehlt, sind das Schneeschaufeln und die kurze Sonnenscheindauer im Winter.
