Die Ölbohrung scheiterte, die Liebe siegte

Eine erfundene Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der tatsächlich erfolgten Ölsuche im Linthgebiet um 1925: Das ist der Stoff des 1938 erschienenen Romans «Riedland» von Kurt Guggenheim. Die Exkursion vom 25. August führt an den ehemaligen Standort des Bohrturmes.



Gemälde vom Tuggner Maler Georg Weber (1884-1978): «Ölturm in der Linthebene»
Gemälde vom Tuggner Maler Georg Weber (1884-1978): «Ölturm in der Linthebene»

Der Roman „Riedland“ von Kurt Guggenheim (1896-1983) gehört zu den raren literarischen Werken mit der Linthregion als Schauplatz einer Erzählung. Das Buch aus dem Jahr 1938 schildert eine Liebesgeschichte und ein Beziehungsdrama, die der Autor mit regionalhistorischen Begebenheiten verknüpft: der Suche nach «dem schwarzen Blut der Erde» bei Tuggen um 1925 und der Tragödie eines einheimischen Brandstifters, der um diese Zeit sein Unwesen trieb.

«Geschichte im Gelände»

«Der Öl-Bohrturm oder die Teufelskirche: Roman «Riedland» (1937) von Kurt Guggenheim – so lautet der Titel der Exkursion vom Samstag, 25. August. Besammlung ist um 10.30 Uhr bei der Post Tuggen. Danach begibt sich die Gruppe zu Fuss zum nahe gelegenen ehemaligen Standort des Öl-Bohrturmes beim Ökonomiegebäude der Genossame. Der Anlass steht unter der Führung von Dr. Stefan Paradowski, Agentur für Kunst- und Regionalgeschichte, Wangen. Es ist die vierte Veranstaltung seiner heurigen sechsteiligen Exkursionsreihe «Geschichte im Gelände» (siehe www.paradowski.ch

Bohrturm: Teufelskirche und Fortschrittssymbol

Mit «Riedland» gelingt Kurt Guggenheim der literarische Durchbruch, einem für einen Wettbewerb geschriebenen Roman, der sich durch eine naturwissenschaftlich genaue, sprachlich präzise Schilderung von Vorgängen in Natur und menschlicher Seele auszeichnet. Der Autor beleuchtet eine Grenze, «wo die zwei ganz grossen feindlichen Mächte Natur und Technik aufeinanderstossen». Einen ausgeprägten Kontrast bilden auch die Hauptfiguren des Romans: auf der einen Seite das Liebespaar Marie (Postfräulein) und Rochat (Bohr-Ingenieur aus der Westschweiz) und auf der andern Seite die gescheiterte Paarbeziehung von Therese (Lehrerin) und Bieli (Gelegenheitsarbeiter/Fremdenlegionär). «Riedland» spielt in einer Welt der Rückständigkeit, Abergläubigkeit, Verstocktheit und Frömmlerei. Für dieses Milieu ist der Bohrturm eine Teufelskirche, für liberal Gesinnte hingegen ein Fortschrittssymbol wie «der Linthkanal, der Rickentunnel, das Kraftwerk im Wäggital und die Transformatorenstation in Grynau». Die Suche nach Öl in Tuggen verläuft letztendlich ergebnislos. Doch die Liebe zwischen Marie und Rochat übersteht diesen Rückschlag: Sie verlassen das Riedland, um in Genf voller Zuversicht zu heiraten, denn Rochat kann eine neue Stelle als Bohrmeister am Neuenburgersee antreten.

Erdölausbeutung: «Man wird keines finden!»

Die wirkliche Ölsuche in der Linthebene beginnt auf obskure Weise: Unter Zuhilfenahme von Wünschelruten wird eine Kreuzung von zwei Erdöladern im Gelände im Eigentum der Genossenkorporation Tuggen vermutet. Ein Konsortium – darunter ein Ständerat – bildet sich, welches mit den technischen Vorarbeiten betraut wird und einen Kostenvoranschlag aufstellt. Die Initianten schliessen Verträge mit den zuständigen Behörden ab. Es wird die Bergbaufirma «Mineralschürf A.-G.» in Küssnacht am Rigi gegründet und die Ausführung der Firma Anton Raky, Tiefenbohrungen, Salzgitter am Harz (D), übertragen. Mitte April 1925 treffen in Uznach in mehreren Eisenbahnwagen die notwendigen maschinellen und technischen Einrichtungen ein und werden von dort ins Bohrgelände, wo einst der Tuggnersee war, gebracht. Im Ried entsteht bald ein etwa 25 Meter hoher turmartiger Bau. Schon vor Bohrbeginn, der am 4. Juni 1925 erfolgt, warnt Geologie-Professor Albert Heim vor der Erdölausbeutung: «Man wird keines finden!» Der Betrieb läuft unter der Leitung von Ingenieur K. Scheibe dreischichtig Tag und Nacht ohne Unterbruch. Nach einer einjährigen ergebnislosen Bohrtätigkeit erhalten die Arbeiter – 19 an der Zahl – die Kündigung. Sie werden aber weiterbeschäftigt, weil man glaubt, in einer Tiefe von etwa 1000 Meter auf ölhaltiges Gestein gestossen zu sein. Schliesslich wird für über eine Million Franken 1648 Meter tief gebohrt. Nach drei Jahren vergeblichen Bemühens werden am 8. Juni 1928 die (dilettantischen?) Bohrversuche eingestellt.

Besammlung: Samstag, 25. August 2012, 10.30 Uhr, Post Tuggen.