Die Pioniere des Glarnerlandes – Teil I

Mit der Schliessung von zwei Industriebetrieben, die sich voll und ganz dem Drucken und Fabrizieren textiler Erzeugnisse hingegeben hatten, wurde ein Stück bedeutender glarnerischer Industriegeschichte wieder einmal wachgerufen. Anlässlich einer Rede zu Beginn des Augusts 2014 war der damalige Bundespräsident Didier Burkhalter des Lobes voll über den glarnerischen Pioniergeist, den damit verbundenen Wohlstand und den wirtschaftlichen Aufschwung im 19. Jahrhundert.



Die Pioniere des Glarnerlandes – Teil I

Unternehmungsfreudige Textilunternehmer betrieben zu Beginn dieser Blütezeit, die durchaus auch ihre unguten Schatten hatte (schlechte Entlöhnung, Kinderarbeit, sozialer Schutz, Sicherheit am Arbeitsplatz), einfache Handwebereien. Es schlossen die industrielle Fertigung, Handelstätigkeit und hochmoderne Produktion an. Darauf wird in einem sehr beachtenswerten und stark interessierenden Band des Vereins für wirtschaftshistorische Studien umfassend hingewiesen. Wertvolle Vorarbeiten leistete Professor Hans Jakob Streiff, langjähriger Leiter des Thomas-Legler-Museums in Diesbach. Grundlagen schuf er mit seiner zweitletzten Ausstellung in Diesbach. Deren Titel war: «Ein Blick zurück und nach vorn. Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des Glarnerlandes». Die Familien Blumer und Streiff waren neben anderen bedeutende Unternehmen. Auf die einstige Erfolgsgeschichte wird in diesem Band auf die Firmen Legler aus Diesbach (1857 gegründet, jüngstes der drei vorgestellten Unternehmen mit starker Expansion nach Norditalien), Jenny aus Ennenda (heute Daniel Jenny & Co, von Vertretern der siebten Generation geführt, einst grösste Arbeitgeberin im Glarnerland, Exporte nach Übersee, Skandinavien und in die Türkei) und Jenny aus Ziegelbrücke/Niederurnen (vor 180 Jahren gegründet, Niederlassungen im Piemont und in Liechtenstein) ausführlich eingegangen. Die Dominanz der Textilindustrie ist stark zurückgegangen, Raum für Neues (Spritzgussmaschinen, Elektrogeräte, Kunststoffprodukte, Schokoladespezialitäten) wurde geschaffen. Und liest man sich durch die Vielzahl von Informationen, wird spürbar, wie wechselreich, fordernd Aufbau und erfolgreiches Bestehen waren.

(Barth.) Daniel Jenny & Cie. In Ennenda und Haslen

Der Fabrikkomplex der Firma Daniel Jenny & Cie in Ennenda ist wahrlich beeindruckend. Der Gründer Bartholome (Bartholomäus) Jenny kam im April 1770 in Ennenda zur Welt. Berichtet wird aus dieser und vorherigen Zeit über den Handel mit Schiefertischen, Postfuhrwerk zwischen Glarus und Zürich, Weesen–Chur–St. Gallen. Bartholomes Vater war Postbote und Holzfäller. Über Bartholome schreibt der Enkel unter anderem: «Er fühlte schon früh den Trieb in sich, sich in eine höhere Gesellschaftsschicht emporzuarbeiten». Er erlernte den Beruf des Handwebers im Oberösterreichischen. Im Jahre 1750 war in Ennenda die sogenannte «Wienerhandlung» gegründet worden. Der Hauptsitz war in Wien. Leinwand für Bettzeug und Hemden wurden im Reich der Habsburger, in Polen und Russland verkauft. 1784 kam die Musselinfabrik dazu. Die Lebensabschnitte von Bartholome, der um die Mitte der 1790er-Jahre nach Ennenda zurückkehrte, sind bewegend. Viele Kinder aus den drei Ehen verstarben, von den elf aus der dritten Ehe überlebten vier, die fünf Kinder aus den beiden ersten Ehen verstarben alle. Im Alter von 38 Jahren gründete er mit seinen beiden Brüdern anno 1808 den Handwebereibetrieb. Starke ausländische Konkurrenz, Koalitionskriege mit Glarnerland als temporärem Schauplatz (Besetzung durch französische Truppen, Kämpfe gegen Russen unter General Suworow) waren ganz schlechte, einschränkende äussere Bedingungen.