Der Ennendaner Schriftsteller Kaspar Freuler hat das Bühnenstück «Die Streikglocke» in urchigem «Glarnerdütsch» geschrieben und dieses sollte auf Wunsch des Autors auch so gespielt werden: «Damit es nicht viel von seinem Saft und seiner Farbe verliert». Und genau diesen Wunsch hat das sackstarke Ensemble vom Theater Glarus hervorragend umgesetzt. Der Autor selbst hätte sich über diese professionelle Aufführung mit jeder Garantie riesig gefreut. Doch alles der Reihe nach.
Der erste Streik in Europa
Das Stück «Die Streikglocke» hat den ersten Streik in Europa zum Gegenstand, der in der bekannten Kattun-Druckerei der Egydii Trümpy «auf dem Schloss» zu Glarus stattgefunden haben soll. Der Streik wurde weder um mehr Lohn noch um Ferien noch um kürzere Arbeitszeit geführt. Seine Ursache würde man heute «Human relations» oder menschliche Beziehungen nennen. Der sonst nicht unmenschliche Fabrikant Egydius Trümpy verträgt es nicht, dass ein paar «Fabrigglerwiiber» zur Arbeit antreten und diese verlassen, wie es sich mit ihren Hausarbeiten verträgt. Er hängt darum am Kirchweihsonntag eine Glocke in den Fabrikturm, die künftig Arbeitsbeginn und -schluss anzeigen soll. Wer zu spät kommt oder zu früh wegläuft, hat Abzüge zu gewärtigen. Am Chilbi-Dienstag früh um 6 Uhr aber läutet die Glocke vergebens. «Kein Bein» erscheint zur Arbeit, die Fabrikeingänge werden mit Baumstämmen verbarrikadiert und die Arbeiter stehen Streikposten. Nach mehrtägigem Streik, in dem niemand nachgeben will, kommt es fast zu einem Unglück. Der kleine Fabrikantensohn, das «Egydeli», will die Glocke im Fabrikturm abhängen, weil seine Mutter ihretwegen die Nächte durchweint. Er verstrickt sich aber im Glockenseil und kann im letzten Moment durch einen streikenden Arbeiter vor dem unfreiwilligen Erhängungstod gerettet werden. Allseitige Versöhnung, der Streik ist zu Ende und die Glocke, eben «die Streikglocke», wird nie mehr läuten. So die Geschichte von Schriftsteller und Bühnenautor Kaspar Freuler
Theater Glarus – seine Stärke liegt im Kollektiv
Es wäre vermessen, jeden einzelnen Darsteller auf der Bühne speziell hervorzuheben, geschweige denn zu kritisieren. Generell kann man sagen, dass die acht Männer- und vier Frauenrollen sehr plastisch charakterisiert sind, vor allem die Walcherin als Steine werfende Stauffacherin, die ihre Zunge weder vor dem allgewaltigen Fabrikanten («de Hunde pfiifft me, aber nüd de Lüt») noch ein paar zaudernden Arbeitern gegenüber («Hoseschisser sind er») in die Tasche steckt. Das Stück zeigt zwar, wie Arbeiter durch Zusammenstehen und Durchhalten zu ihrem Recht kommen und auch ihre menschliche Würde zu wahren vermögen. Ein wahres Stück Glarner Geschichte, hervorragend inszeniert von einem sackstarken Kollektiv mitten in einem sensationellen Bühnenbild. Die langanhaltende Standing Ovations am Schluss der Vorstellung war verdienter Lohn für einen überzeugenden, professionellen Bühnenauftritt. Zu diesem Erfolg beigetragen haben Regisseur Jeannot Hunziker und seine Assistentin Sarah Engler. Ihnen ist bei der Rollenzuteilung ein absoluter Coup gelungen. Praktisch jeder Schauspieler und jede Schauspielerin bekam eine Rolle auf den Leib geschrieben. Resultat davon war ein topmotiviertes Ensemble, das am Premiere-Abend über sich hinauswuchs und eine schauspielerische Leistung zeigte, die jeder professionellen Bühne gerecht würde.
Heinzelmännchen nicht vergessen!
Und was wäre das Theater Glarus ohne ihre Heinzelmännchen und guten Geister hinter der Bühne. Angefangen bei der Bühnencrew mit Armin Schüepp, Franz Schmidig, Andreas Schindler, Markus Zingg und Viktor Sieber, welche das Bühnenbild von Franz Porter hervorragend umgesetzt haben. Ganz wichtig die Souffleuse Jasmin Andermatt oder Jana Zioerjen, welche mit Schminke und Pinsel für das Aussehen der Spielerinnen und Spieler sorgt und natürlich Margot Gadient-Rossel, welche für das Outfit der Protagonisten zuständig ist. Sie alle dürfen nicht unerwähnt bleiben!
Frühzeitige Reservation lohnt sich!
Es lohnt sich, frühzeitig einen Platz zu reservieren. Die nächsten Vorstellungen finden an folgenden Daten statt: Freitag, Samstag, Sonntag 3./4./5. November und Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag, 9./10./ 11./12. November sowie am Donnerstag, Freitag und Samstag, 16./ 17./ 18. November 2017 jeweils um 20.00 Uhr im «Schützenhaus»-Saal in Glarus. Weitere Informationen auf www.theater-glarus.ch.
