Divisionär a.D. Regli blickte dabei zurück auf die Lageentwicklung im Ukrainekrieg, charakterisierte die beiden Diktatoren Xi Jinping und Vladimir Putin und analysierte in einem beeindruckenden, höchstinteressanten Referat die aktuelle Situation an der Front und die schwierige politische Lage weltweit.
Wenn der ehemalige Chef des Schweizer Nachrichtendienstes, Divisionär a.D. und Dipl. Ing. ETH Peter Regli, heute Berater in Fragen der nationalen Sicherheit, über sein Spezialfach «Nachrichtendienste», über die Arbeit der Geheimdienste weltweit, im Speziellen, über die des Schweizer BND referiert, ist dem Veranstalter ein volles Haus garantiert. Nicht zum ersten Mal war der prominente Ex. Geheimdienstchef und profunde Kenner der Materie «Nachrichtendienste» Gast bei der Glarner Offiziersgesellschaft. Hans Jörg Riem, Präsident der GOG, hiess die zahlreich anwesenden Mitglieder und Gäste, unter ihnen Regierungsrat und Departements-Vorsteher Dr. Andrea Bettiga, im bis auf den letzten Platz besetzten Bankett- und Konferenzsaal im Hotel Glarnerhof herzlich willkommen. Referent Regli seinerseits zeigte sich erfreut über den Grossaufmarsch des Publikums, welches in Anbetracht der kriegerischen Ereignisse in der Ukraine grosses Interesse am Vortrag von Ex-Geheimdienstchef Peter Regli zeigte.
Am 24. Februar 2022 haben Verbände der russischen Armee auf Befehl ihres Präsidenten Vladimir Putin die Grenzen zur demokratischen Ukraine überschritten und damit auf europäischem Boden einen bewaffneten Konflikt begonnen, der weltweit Bestürzung ausgelöst hat. Der ehemalige Chef des schweizerischen Nachrichtendienstes informierte eingehend über die Lageentwicklung im Ukrainekrieg, charakterisierte die beiden Diktatoren Vladimir Putin und Xi Jinping. Die beiden haben so etwas wie eine Zweckgemeinschaft gebildet und wollen eine neue Weltordnung einführen, in der Demokratien nichts zu suchen haben. Als ehemaliger Divisionär in der Schweizer Armee malte er ein eher düsteres Bild über die nahe Zukunft, zeigte aber gleichzeitig aufschlussreich, wie es im 2023 weitergehen soll, damit endlich wieder Friede einkehrt. Solange aber Putin am Ruder ist, dürfte das ein schwieriges Unterfangen sein. Der Krieg in der Ukraine werde wohl noch lange weitergehen und ein Ende sei nicht abzusehen. Zu sehr seien die Fronten verhärtetet. Im Moment herrschen an der Front eine Pattsituation und die Situation für die tapfer sich wehrende ukrainische Armee werde von Tag zu Tag schwieriger. Täglich sterben nebst der Zivilbevölkerung Hunderte von Soldaten beidseitig. Der Nachschub und die Lieferung von schweren Waffen und Munition habe absolute Dringlichkeit, nur gebe es da leider noch einige Zauderer auf politischer Ebene.
Nachrichtendienste laufen auf Hochtouren
Die globalen Nachrichtendienste laufen während des Krieges auf Hochtouren. Eine besondere wichtige Rolle kommt dem ukrainischen Geheimdienst zu. «Dieser abreitet absolut professionell», sagt der ehemalige Divisionär Regli. Wir haben dem Ex-Geheimdienstchef und Divisionär a.D. Peter Regli nach seinem begeisternden und tief beeindruckenden Referat einige Fragen gestellt. Nachstehend das Interview.
Geheimdienste helfen der Ukraine massiv
Herr Regli, Sie waren von 1991 bis 1999 Chef des Schweizer Nachrichtendienstes. Was war für Sie das prägnanteste Ereignis in Ihrer Zeit als Chef dieses Nachrichtendienstes, dass Ihnen nachhaltig in Erinnerung bleibt?
Das wichtigste Ereignis war für mich zweifellos der Fall der Mauer. Ich bin angetreten in dem Moment, wo der Warschauer Pakt zerfallen ist. Wo alle gesagt haben, es gibt nie wieder Krieg – wir brauchen keine Waffen mehr, und gleichzeitig ist die Bedeutung des Terrorismus entstanden, und dann haben wir uns richtigerweise auf den Terrorismus konzentriert, haben die Gefahr, die schon damals bestanden hat aus Russland, nicht wollen wahrhaben.
Die Ukraine steckt mit der Russischen Föderation respektive deren Armee seit Ende Februar 2022 im Krieg. In diesem Krieg spielen die Geheimdienste eine zentrale Rolle. Wie beurteilen Sie die Arbeit des ukrainischen Geheimdienstes?
Die Ukrainer sind seit der Besetzung von der Krim im Jahr 2014 von westlichen Nachrichtendiensten, vor allem der grossen Länder der NATO, sehr unterstützt worden. Das sie jetzt so erfolgreich seit dem 24. Februar kämpfen konnten, um ihres Land zu verteidigen und möglicherweise zu befreien, ist darauf zurückzuführen, dass sie lückenlos informiert werden von den befreundeten Nachrichtendiensten, welche die modernsten Mittel einsetzen, und damit den ukrainischen Generalstab immer ganz genau weiss, was der Gegner im Sinn hat.
Helfen die westlichen Geheimdienste den Ukrainern?
Massiv, ohne die ginge es nicht!
Ich behaupte, Vladimir Putin ist eine Reinkarnation zwischen Josef Stalin und Adolf Hitler. Was halten Sie von meiner Behauptung?
Ihre Behauptung ist ein sehr guter, realistischer Vergleich.
Diktatoren wie Muammar al-Gaddafi, Osama bin Laden und Saddam Hussein wurden von Spezialeinheiten aus dem Verkehr genommen. Vladimir Putin gehört zur selben Sorte von Diktatoren. Wäre es unter Umständen möglich, diesen Menschen verachtenden Diktator Putin rasch möglichst, bevor er weltweit noch grösseres Unheil anrichtet, aus dem Verkehr zu ziehen?
Wer stellt diese Spezialeinheit zur Verfügung? Es wäre wünschenswert, aber äusserst unrealistisch. Vladimir Putin ist sehr gut bewacht, der geht praktisch nicht mehr nach draussen und unter die Leute, wenn man ihn sieht mit Menschen, sind das meistens Schauspieler, meistens immer die gleichen, die sich anders ankleiden. Ich bin da ziemlich pessimistisch, dass man ihn von aussen eliminieren kann. Putin kann man nur eliminieren durch eine Revolution im eigenen Land. Die Leute, die es machen könnten, sind im Gefängnis oder gestorben oder im Ausland. Darum ist es sehr schwierig.
Welche Rolle spielt der Schweizer Nachrichtendienst im Ukraine-Krieg?
Das kann ich Ihnen schon sagen! Der Schweizer Nachrichtendienst, vor allem der Nachrichtendienst vom Bund, hat die edle und wichtige Aufgabe, den Bundesrat tagtäglich über die aktuelle Lage in der Ukraine zu informieren und was das für die Schweiz heisst. Gleichzeitig orientiert er die Armeeführung respektive die Kantone.
Wie kommen Geheimdienste zu ihren Informationen?
Durch ganz gezielte Zusammenarbeit. Also auch der Schweizer Nachrichtendienst hat mit der Bewilligung vom Bundesrat Kontakt zu einer grossen Anzahl von Nachrichtendiensten. Dort gibt es einen Austausch, denn ohne Austausch kann man die heutigen Probleme nicht mehr selbstständig behandeln. Die Schweiz hat eine hohe Glaubwürdigkeit im Ausland. Wir haben sehr gute Mitarbeiter, die seit längerer Zeit mit dabei sind. Darum kommen die ausländischen Nachrichtendienste sehr gerne in die Schweiz, um zu diskutieren.
Was macht der ehemalige Chef des Schweizerischen Geheimdienstes heute?
Der hat den Nachrichtendienst wie ein Virus, und ein Virus wird man nicht los. Es geht um die Weltlage, und diese beschäftigt und fasziniert mich zugleich. Seit ich aus dem Dienst ausgeschieden bin, beurteile ich die Lage und versuche diese der Bevölkerung mitzuteilen.
Wir bedanken uns ganz herzlich beim ehemaligen Chef des Schweizer Nachrichtendienstes für seine offene und transparente Beantwortung der Fragen unseres freien Mitarbeiters Hans Speck.