Die Welpen kommen

Die Stimmung ist aufgeräumt und auch ein bisschen nervös, schliesslich sind einige zum ersten Mal hier, die das Durchschnittsalter gegen unten drücken und die sich auch dem Online-Publikum stellen müssen. Landammann Benjamin Mühlemann eröffnet die Landratssitzung mit seiner Ansprache.



Vereidigung des neu zusammengesetzten Landrats 2022 bis 2026. (Bilder: e.huber)
Vereidigung des neu zusammengesetzten Landrats 2022 bis 2026. (Bilder: e.huber)

«Es ist ein feierlicher Einstieg in eine neue Legislatur, den man geniessen darf», beginnt er – dies an die Adresse der neuen Landrätinnen und Landräte. «Dabei wird einem schlagartig die Verantwortung bewusst, die man für den Kanton trägt.» Es folgt eine kleine Staatskunde-Lektion für die «Welpen». Mühlemann spricht vom «durchdeklinierten System, in dem wir uns bewegen» – mit geschriebenen und ungeschriebenen Regeln. Doch solle sich das System auch weiterentwickeln können. «Sie sind Teil einer kantonalen Behörde, die das grosse Ganze im Blick behält.» Und er erwähnt den kleiner werdenden finanziellen Handlungsspielraum des Kantons und die Bedeutung von Arbeitsplätzen für den Wohlstand. Entschuldigt sind einzig Roland Goethe und Roger Schneider, sie sollen später vereidigt werden. Als provisorisches Büro walten vier alt-Landratspräsidenten, nämlich: Mathias Zopfi, Hansruedi Forrer, Peter Rothlin und Hans-Jörg Marti. Es folgen Schwur – wo um die Hilfe Gottes gebeten wird – oder Gelübde, ganz nach Gesinnung.

Wahlen en gros et en detail

Nun beginnt der grosse Wahlmarathon, in dem die Personalien für das kommende Jahr festgelegt. Luca Rimini geht in den Ausstand, die Wahl zum Landratspräsideten erfolgt nach alter Väter Sitte, damit sie geheim bleibt. 57 Stimmen gehen ein, eine ist ungültig, gewählt ist mit 55 Stimmen Luca Rimini, der nach dem gebührenden Applaus zu seiner Rede schreitet. Regula Keller geht in den Ausstand, 57 Stimmen gehen ein, 55 sind gültig, gewählt ist mit 48 Stimmen Regula Keller, die sich ins Büro setzt. Daniela Bösch, Emil Küng und Samuel Zingg werden danach in globo ins Büro gewählt. Gabriela Meier Jud wird in geheimer Wahl mit 56 Stimmen neu als Fraktionsvertreterin der FDP ins Büro gewählt.

In offener Wahl wird Thomas Tschudi als Präsident der Geschäftsprüfungskommission gewählt, ebenso Ruedi Schwitter zum Präsidenten der Finanzaufsichtskommission. Danach wird Andrea Trummer zur Präsidentin der Kommission Gesundheit und Soziales gewählt. Es folgt die Wahl von Fridolin Staub zum Präsidenten der Kommission Finanzen und Steuern. Matthias Schnyder findet es ungeheuerlich, dass Roger Schneider nicht anwesend ist. Als Präsident der Kommission Bildung/Kultur und Volkswirtschaft/Inneres wird Roger Schneider – der abwesend ist und also später vereidigt werden soll – gewählt. Samuel Zingg wird zum Präsidenten der Kommission Recht, Sicherheit und Justiz gewählt. Darauf erfolgt die Wahl von Christian Marti zum Kommissionspräsident Bau, Raumplanung und Verkehr. Zur Präsidentin der Kommission Energie und Umwelt wird mit Cinia Schriber aus Mitlödi eine neue Landrätin gewählt, für sie geht es jetzt also direkt ins kalte Wasser, denn als Kommissionspräsidentin muss sie die Kommissionsmeinung vertreten können, selbst wenn diese ihrer persönlichen Position widerspricht. Gleichzeitig kann sie als neue Grüne aber auch die Fäden in Sachen Energie und Umwelt ziehen – bei den in naher Zukunft anstehenden Verordnungen, etwa zum Ersatz von fossilen Heizungen, eine einflussreiche Aufgabe.

Vier Jahre ständig

Ebenfalls für die kommenden vier Jahre amtieren die Mitglieder der ständigen Kommissionen. Zuerst wird Hans-Jörg Marti mit 55 Stimmen neu als Präsident der Landesschatzungskommission gewählt. Die Gratulation ist eine Umkehr, da ja der neue Landratspräsident jetzt den alt-Landratspräsidenten beglückwünscht. In globo werden die bestehenden Mitglieder Markus Schön, Hans Peter Hauser, Heinrich Schmid sowie Ersatzmitglied Jakob Wohlwend der Kommission gewählt. Neu wird Franz Freuler in diese Kommission gewählt und Hans-Heinrich Wichser als neues Ersatzmitglied. Auch die Mitglieder der Anwaltskommission – für Philipp Langlotz kommt Lukas Vidoni – und der Steuerrekurskommission – Thomas Stengele und Mathias Schmutz als Ersatzmitglieder – sowie die Bisherigen werden gewählt. Immer wieder werden Zettel verteilt, eingesammelt und ausgezählt. Man fragt sich mit der fortschreitenden Zeit, ob eine Wahl mittels elektronischem System, wo man – zur Anonymisierung – einfach die Leinwand abschaltet, nicht effizienter wäre. Anderseits sind solche Ausstandszeiten ja ideale Phasen, um für die Online-Zuschauenden Kantonswerbung einzublenden.

Die Jurist/-innen

Wie vom Regierungsrat beantragt, werden der Erste Staatsanwalt, die weiteren Staats- und Jugendanwälte/-innen wiedergewählt. Auch die bisherigen amtlichen Verteidiger werden in globo gewählt, als neuer amtlicher Verteidiger wird Lukas Vidoni gewählt. Danach wird Carmen Mühlemann (Landammann Benjamin Mühlemann ist im Ausstand) als Präsidentin – für die gesamte Amtsdauer – und Ernst Baumgartner als Vizepräsident der Schlichtungsbehörde – bis 2024 – gewählt. Zum Schluss wird Dieter Elmer als Leiter der Finanzkontrolle wiedergewählt. Zudem wird das Landsgemeindeprotokoll vom 1. Mai 2022 genehmigt und der Landrat bestätigt die Übersicht der Landsgemeindegeschäfte.

Bern ist keine Filiale

Nach der Pause wird der Geschäftsbericht der GLKB behandelt. Verwaltungsratspräsident Martin Leutenegger nimmt Stellung zu den Fragen von Christian Büttiker namens der SP. «In Bern haben wir nicht eine Filiale eröffnet, sondern ein Abrechnungszentrum mit vier bis fünf Personen, es ist eine B-to-B-Abteilung. Wir haben von Mobiliar über eine halbe Milliarde Franken zur Verwaltung bekommen, ein Teil dieser Kunden ist frankophon, sodass wir dort entsprechende Mitarbeitende beschäftigen. Das wurde – über Mobiliar – auch öffentlich gemacht.» Zur Frage nach der Höhe des Sponsorings ESAF 2025 nennt Leutenegger zwar keine Zahlen, aber: «Das ist eine grosse Kiste.» Zudem seien da auch Sachleistungen involviert. Auf die Frage, wie hoch die Auslagerungen waren, verweist Leutenegger auf Änderungen 2021 und vor allem auf die enorm gewachsenen Auslagen für Cybersecurity.

Die politische Arbeit rund um die GLKB sei zwar nicht im Geschäftsbericht abgebildet, aber «wir konnten diese Fragen aus der Sicht der Banken bei den Fraktionen beantworten. Und wir sind gut aufgestellt, auch nach dem Landsgemeindeentscheid.»

Das elektronische Dossier kommt

Beat Noser bittet Arnold Bachmann, Verwaltungsratspräsident Kantonsspital Glarus AG, um Auskunft über die Maskenkäufe während der Coronazeit. Sabine Steinmann möchte mehr wissen über die Massnahmen nach der Mitarbeitendenbefragung. Sie habe dort zu wenig Auskunft bekommen und empfinde das als «Abwehrtaktik». Sie habe die Erwartung, dass im Qualitätsbericht künftig Informationen zum «Personalproblem» des Spitals stehen. Regula Keller stellt namens der Grünen die Frage nach der Mitarbeiterzufriedenheit, auch beim Lohn – wo die Zufriedenheit noch gesunken sei. Sie fragt nach den konkreten Massnahmen und nach dem Stand beim Thema elektronisches Patientendossier und nach dessen Nutzen. Sie will wissen, ob die Kommunikation sich damit verbessert habe und welchen Mehraufwand dieses Dossier für die Mitarbeitenden bringe. Für Arnold Bachmann ist die Auskunft keine Pflicht, sondern eine Kür.

«Der Stand der Klage gegen die Schutzmaskenfirma: KSGL und Kanton haben parallel eine Strafanzeige eingereicht, verschiedene Spitäler und der Bund haben das auch getan. Wir haben von der anderen Partei ein Vergleichsangebot bekommen, welches wir ablehnten, haben aber ein Gegenangebot macht. Schwerer wiege, so Bachmann, die Gefährdung der Mitarbeitenden durch die unzulänglichen Masken. «Die Antwort die Sie, Frau Steinmann, bei Ihrer Anfrage bekommen haben, war ungenügend. Wir haben eine interdisziplinäre Kommission zusammengestellt, welche diese Massnahmen anpasst. Wir haben Handlungsbedarf, der erkannt ist, insbesondere bei der Lohnunzufriedenheit.» Er verweist auch auf die Pflege, wo ein Problem bestehe und kündigt im Ausbildungs- und im Lohnbereich auch Massnahmen an. Bei den Dossiers schaut Bachmann positiv in die Zukunft. Er gibt zu: «Wir haben etwa 40 elektronische Patientendossiers eröffnet, das ist ein tiefer Wert, und das Dossier auch noch nicht stark beworben. Doch es ist vom Bund eine Kampagne geplant.» Derzeit bringe das Dossier zwar noch wenig Nutzen, «auch weil wir technisch intern noch nicht dazu bereit sind. Das Klinikinformationssystem wird gerade abgelöst.» Anschliessend erklärt Bachmann, weshalb der Nutzen des Dossiers in Zukunft wachsen werde. Es werde dann im neuen Informationssystem, dessen Einführung am KSGL auf November 2022 geplant sei, integriert. Das System sei danach umfassend, beziehe alles und alle mit ein und vereinfache die Kommunikation. Auch administrativ erwarte er grosse Einsparungen. Danach ist der Geschäftsbericht des KSGL zur Kenntnis genommen.

Drei Geschäfte

Obergerichtspräsidentin Petra Hauser ist Gast bei der Verhandlung der Lohnverordnung von Behördenmitgliedern sowie Staats- und Lehrpersonal in zweiter Lesung. Die Veränderungen werden aber ohne Wortmeldung angenommen. Es folgt die Verhandlung über den Finanzhaushalt. Thomas Tschudi als Kommissionsvizepräsident Finanzen und Steuern votiert gleichzeitig für die Traktanden 20 und 21. Es gehe um die Umsetzung des an der Landsgemeinde verabschiedeten Haushaltsgesetzes, insbesondere über die dort beschlossene lineare Abschreibung. Der Zinssatz werde dabei marktkonformer festgelegt. Mathias Vögeli beantragt namens der Mitte/GLP-Fraktion Zustimmung. Markus Schnyder beantragt namens der SVP dies ebenfalls, äussert aber zuhanden des Protokolls die Sorgen der Fraktion. Man werde die Resultate in Zukunft aber kritisch bewerten – da die Vorzeichen wohl eher auf Rezession stehen. Thomas Kistler stellt keinen Antrag namens der SP, obwohl er in der Kommission noch gegen die seiner Ansicht nach falsche Buchungsart kämpfte. Man werde aber auf Gemeindeebene und auch auf Kantonsebene genauer schauen, wo mit einer Bausteuer abgeschrieben werde. So werde die Diskussion beim jeweiligen Geschäft geführt. Christian Marti beantragt – namens der FDP – Eintreten und Zustimmung. Jetzt arbeite man am Vollzug. Grundsatzfragen müssten, wo nötig, auf Gesetzesstufe angegangen werden. Landammann Benjamin Mühlemann bestätigt, heute werde Planungssicherheit geschaffen. Das Paket sei sauber vorbereitet und breit diskutiert worden. Man lehne sich da auch an die Empfehlungen der Finanzdirektorenkonferenz an. Und er verteidigt die Art der Berechnung: «Die Bausteuer ist eine Spezialfinanzierung, da braucht es eine Vollkostenrechnung.» In der Detailberatung gibt es keine Voten, das Geschäft geht in eine zweite Lesung.

Gleichstellung in neuer Fachstelle

Zum Schluss folgt die Beratung des Gleichstellungsgesetzes. Wenn er so in den Saal schaue, wo weniger Frauen sitzen als noch 2018, seien die Ziele der Gleichstellung hier wohl, so Thomas Tschudi, verfehlt worden. Eine neue Fachstelle Gesellschaft soll die Aufgaben der Gleichstellung übernehmen. Tschudi appelliert an die Frauen selbst, mit mehr Selbstbewusstsein aufzutreten. Priska Müller Wahl empfiehlt namens der Grünen Eintreten und Zustimmung, der Bericht zeige auf, dass noch viel zu tun bleibe – immerhin werde jetzt in der Verwaltung ein Kleinpensum geschaffen. Es brauche aber echte Gleichstellung in allen Bereichen. Sarah Küng beantragt dasselbe – es sei super, dass der Kanton endlich eine Fachstelle Gesellschaft habe. Doch die Gleichstellungskommission dürfe nicht voreilig aufgelöst werden. Regierungsrat Markus Heer erinnert an die 31 Massnahmen der Gleichstellungskommission, der Aufbau der Fachstelle vordringlich behandelt worden. Fridolin Staub bittet das Büro um zeitnahe Klärung, wer die beiden Geschäfte in zweiter Lesung vorstellt. Beat Noser findet, dass die alte Kommission zum Zug kommen solle. Danach bedankt sich Rimini bei den nicht wiedergewählten Landrätinnen und Landräten für ihre teilweise langjährige Mitwirkung. Er darf auf eine straff geführte erste Sitzung zurückblicken, die nächste wird voraussichtlich am 31. August sein.