«Die Welt» – Begegnungen mit Texten und Musik

Arno Camenisch weile zwecks Buchpräsentation, so Christa Pellicciotta, Geschäftsführerin der Kulturbuchhandlung wortreich in Glarus, bereits zum neunten Mal im Glarnerland, diesmal mit seinem musikalischen Begleiter Wolfgang Zwiauer, Gitarre.

Camenisch, beseelt, mit viel Gestik und leichter Theatralik, bekundend, dass er gerne gekommen sei, den Veranstaltern und dem Publikum fürs erwiesene Interesse dankend. Er stellte sein neuestes Buch «Die Welt» vor.

 



Arno Camenisch mit seinem musikalischen Begleiter Wolfgang Zwiauer, Gitarre (Bilder: p.meier)
Arno Camenisch mit seinem musikalischen Begleiter Wolfgang Zwiauer, Gitarre (Bilder: p.meier)

Noch war es Sache der Einladenden, mit Voranzeigen auf die attraktive Vielfalt von Kommendem hinzuweisen. Dann wurde die kleine Bühne frei für Musikalisches und Texte. Arno Camenisch nahm die willkommen wechselvolle, den Inhalten seiner Lesung angepassten Musik spürbar in sich auf. Zwiauer begleitete stimmig, einfühlend untermalend. Diese Zäsuren waren willkommen, ergaben Sinn. Das Geschehen in Camenischs neuem Roman spielt zwischen 2001 und 2004. Alles begann im Sommer nach dem Sprung ins neue Jahrtausend. Camenisch konfrontierte mit Gedanken und Erkenntnissen, die ihn als damals 23-Jähriger erfüllte, die mit viel Unrast, zahlreichen Oberflächlichkeiten und persönlichem Suchen und Erleben zu tun haben.
Er weicht vom erfolgreichen, leidenschaftlichen Schildern, vom Verharren bei einigen wenigen strukturierenden Begegnungsbreiten ab, begibt sich in Neues, das von Hektik, Oberflächlichem, zuweilen recht Banalem geprägt ist. Dies hatte Rezensionen zur Folge, die kritisch bis recht negativ ausfielen, was die Breite des Inhalts - über beinahe 140 Seiten verteilt – betrifft.
In «Die Welt» begibt sich Camenisch in der Rolle als Ich-Erzähler auf eine lange Reise. Er bricht mit dem bisherigen Alltag, sucht und ersehnt Neues, erspürt Leidenschaftliches, flicht eigene Begegnungen ein, lässt Erlebtes zurück, um sich Neuem zuzuwenden. Er lebt sein Sehnen aus, schildert, was ihn da und dort bewegt. Es sind zuweilen Geschehnisse, die sich wiederholen, die in beinahe rasendem Flug vorbeiziehen. Gemeint sind die Gespräche mit Taxifahrern samt Planen und Abmachungen, Baraufenthalte, nächtelanges Rumhocken, zuweilen leidenschaftliche Liebesaffären, stundenlanges Reisen, flüchtiges Bleiben in verschiedenen Teilen seiner Welt. Es ist die zeitlich begrenzte Rückkehr zu seiner Mutter samt Ausfahrten im rassigen Auto und dem Wiederaufleben der Zvieri-Tradition in vertrauter Umgebung. Es ist die hohe Bedeutung des Fussballspiels und den damit verbundenen Hoffnungen auf wirtschaftliche Besserstellung in Persönlichem. Es ist auch der Entscheid, sich in Madrid für eine Anstellung zu melden um dort tätig zu werden.
Die Reise führt zuerst nach Hongkong, dann nach Australien. Es klingen in Camenischs beseeltem, innigem Schildern das Auseinandersetzen mit der von ihm bewusst gewählten Einsamkeit, dem Alleinsein auf, klar, schnörkellos nach vorne gerichtet, mit zuweilen irritierenden sprachlichen Wiederholungen von Oberflächlichkeiten. Es ist ein fast zielloses Dahinleben. Es ist keine Bereitschaft spürbar, sich mit neu Gewähltem vertieft auseinanderzusetzen.
Nach Australien ist es das Verweilen in südamerikanischen Ländern, dies in Ecuador oder Argentinien. Es ist eine innige, stürmische Liebschaft, es sind die Erfahrungen mit Taxifahrern oder des alten Fischers. Camenisch tippt so vieles an, lässt hoch Leidenschaftliches aufkommen, wendet sich oft abrupt ab.
Er kehrt in die Schweiz, in eigentlich Vertrautes zurück. Er schreibt vom heissen Sommer 2003, von seiner Mutter in der Klinik, die er auf Ausflüge mitnimmt. Er fliegt im Jahre 2004 wieder weg. Ist das ein Flucht, ist es die Suche nach Neuem?
Alte Verhaltensmuster kommen wieder auf, wenn er in kurzen Sequenzen von Lima, La Paz, Cordoba, Buenos Aires berichtet, wenn er sich kenntnisreich und mit hoher Leidenschaft mit Maradona und dessen Bekanntheitsgrad befasst. Dem Rückflug in die Schweiz schliesst der Stellenantritt in Madrid an, ein neues Kapitel öffnet die neue Bleibe auf Zeit.

Auf die kommenden Welten von Camenisch darf man gespannt sein. Vielleicht waren die gelesenen Zugaben so etwas wie eine Türe, die ein klein wenig geöffnet wurde.