Die Schweiz steht im Hightech-Bereich gut da und wird häufig als Innovations-Weltmeister bezeichnet. Gerade deshalb sei es schwierig, das hohe Niveau halten zu können, ist sich der Präsident der ETH-Prof. Dr. Lino Guzzella zum Auftakt des Linhtforums am letzten Mittwoch sicher. Zum Forumsthema «War of talents – der Kampf um Wissen entscheidet die Zukunft» erklärte er, wie es die ETH in die Top Ten der internationalen Bildungsanstalten geschafft hat und vor allem, wie sie den Platz verteidigen will. Die Hochschule müsse dabei zwei Aufgaben erfüllen, so Guzzella weiter. Auf der einen Seite sei sie Bildungsstätte in den Naturwissenschaften für die Schweizer Bevölkerung. Aus diesem Grund wird bis zur Bachelor-Stufe in Deutsch unterrichtet und auf eine sehr hohe Quote an Schweizer Studenten geachtet. Auf der anderen Seite sei aber auch die Forschung ein wichtiges Standbein. «Hier müssen wir über den Tellerrand, sprich die Grenzen hinausschauen.» Deshalb sei es wichtig, dass die ETH im internationalen Austausch und vor allem im Wettbewerb bestehen kann. «Nur so können wir ausgewiesene Fachkräfte anwerben, die aber auch ihr Wissen an die Studenten weitergeben können.» Diese Offenheit sieht er in den aktuellen Verhandlungen mit der Europäischen Union, und dies vor allem wegen der Masseneinwanderungsintiative, stark gefährdet. Eine ähnliche Gefahr sieht auch Mauro Dell’Ambrogio, Staatssekretär für Bildung, Forschung und Innovation. Dazu sieht er, wie auch Guzzella, eine weitere Stärke der Schweiz in der grossen Freiheit der Forschungsinstitutionen. «Der Bund, aber vor allem auch die Wirtschaft, stellt der Forschung Jahr für Jahr grosse finanzielle Mittel zur Verfügung, gibt ihr anderseits aber keine Vorgaben oder Ziele vor.» In dieser Freiheit kann sich Kreativität und Innovation entfalten. Allgemein sieht er die Aufgabe des Staates mehr in der Erhaltung oder im Aufbau von optimalen Rahmenbedienungen. Das seien nicht nur die finanziellen Mittel, sondern auch politische Stabilität oder eine hohe Lebensqualität. Dieser Rahmen sei für Guzzela weiter ein Hauptgrund, warum internationale Unternehmen wie zum Beispiel Google wichtige Zentren in Zürich angesiedelt haben. Auf der einen Seite können so interessante Zusammenarbeiten aufgenommen werden, auf der anderen bieten sie für die Absolventen lukrative Arbeitsplätze. In diesem Zusammenhang erwähnten sie und wurden später durch Ruedi Noser bestätigt, das der Weggang von Fachkräften ins Ausland nicht immer ein Verlust sein muss. «Der siebthöchste Posten bei Google wird von einem Schweizer besetzt, das hat beim Standort Zürich wohl kaum geschadet.» Und vielleicht kämen diese Fachkräfte ja später mit viel Erfahrung wieder zurück in die Schweiz.
Spannendes und informatives Podiumsgespräch
Im anschliessenden Podium äusserten sich dann Personen aus der Wirtschaft in Form von Ruedi Noser, Ständerat und Inhaber der Noser Group, Ursula Sirtisch-Renier, CIO Sulzer, sowie Markus Gisler, Stadtrat Rapperswil-Jona zu den angesprochenen Themen. Für sie seien auch der Duale Bildungsweg, und die damit verbundene Durchlässigkeit, ein grosser Erfolgsfaktor der Schweiz. «Die Berufslehre der Schweiz ist etwas, das weltweit kopiert wird, jedoch mit mässigem Erfolg», erwähnte schon Dell’Ambrogio. Hier verbinde sich auf einmalige Art theoretisches Wissen und praktische Anwendung. Hier hätten die Fachhochschulen einen guten Job gemacht, ist sich Gisler sicher. Auch Noser ist überzeugt, dass sich zum Beispiel Schweizer Informatiker nach abgeschlossener Ausbildung und einigen Jahren Berufserfahrung nicht hinter Informatikstudenten aus anderen Ländern verstecken müssen. Hier sei aber das Problem, dass diese Kompetenz nicht mit einem Titel ausgewiesen werden kann, betonte Sortisch. Um bei einem internationalen Unternehmen wie Sulzer in die engere Ausscheidung für einen Job zu kommen, müsse man gewisse Qualifikationen einfach ausweisen können. Dass das Thema noch viele weitere Aspekte beinhalten könnte, wie zum Beispiel das stärkere Einbeziehen von Frauen in technischen oder naturwissenschaftlichen Berufen, resümierte Moderatorin Mona Vetsch zum Abschluss der aufschlussreichen Veranstaltung.
Während des anschliessenden Apéros konnten die zahlreichen Gäste sicher über genügend Themen diskutieren, vielleicht aber auch über die humoristischen Einlagen der Slam-Poetin Lara Stoll.
«Diesen Kampf gewinnen wir nur mit guten Rahmenbedingungen»
Am Linthforum 2015 war der «War of talents» das zentrale Thema. Renommierte Referenten wie der Präsident der ETH oder der frisch gewählte Zürcher Ständerat Ruedi Noser plädierten dafür, den bisherigen Weg in der Bildung konsequent weiterzugehen.