Doppelchörige Romantik

Mendelssohn und Bruckner für 8-stimmigen Chor. Christoph Kobelt präsentiert den Glarner Singverein und die Kantorei der Stadtkirche Winterthur in einem Chorkonzert der Romantik. Das Konzert vom kommenden Sonntagabend um 17 Uhr in der Stadtkirche Glarus verspricht sieben romantische Leckerbissen für E-Musik-Begeisterte – und solche, die es werden wollen.

 

 



Christoph Kobelt präsentiert den Glarner Singverein und die Kantorei der Stadtkirche Winterthur in einem Chorkonzert der Romantik. (Bild: zvg.)
Christoph Kobelt präsentiert den Glarner Singverein und die Kantorei der Stadtkirche Winterthur in einem Chorkonzert der Romantik. (Bild: zvg.)

Wer kennt es nicht, das «Locus iste» von Anton Bruckner. Hunderte von Kirchenchören haben es jedes Jahr auf dem Programm, denn es gibt kaum eine schönere Komposition, die so einfach erscheint. Ich sage bewusst: erscheint. Denn von den hundert Chören, die diese Motette singen, scheitern 99 kläglich. Dieses Jahr steht das Pièce de résistance aller Chordirigenten auf dem Programm der «Romantischen Chormusik», das bedeutet im Jargon der Sportjournalisten: Die Latte liegt hoch.

Christoph Kobelt hat drei der bekanntesten Komponisten der Romantik – wenn man denn die musikalische Romantik vom Anfang des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts dauern lässt – in einem Programm vereinigt. Es sind drei seiner kompositorischen Hausgötter und drei völlig unterschiedliche Charaktere: Der frühe Romantiker Felix Mendelssohn mit dem unbekannten Werk «Sechs Sprüche zum Kirchenjahr op. 79 für 8-stimmigen Chor». Wer etwa das berühmte kammermusikalische Oktett von Mendelssohn liebt, der darf gespannt sein, wie das Genie mit acht Singstimmen arbeitet. Oder Max Reger, jener Komponist, der die Romantik auf ebenso geniale Weise abschliesst und der von sich selbst prognostizierte: «In einigen Jahren wird man mich als reaktionär bezeichnen und zum alten Eisen werfen, aber meine Zeit wird kommen.» Von ihm wird die Choralkantate «O Haupt voll Blut und Wunden» zu hören sein, mit Isabelle Anderfuhren als Sopran. Gleich darauf spielt der Organist der Stadtkirche, Emanuele Jannibelli die Orgelfantasie über «Wachet auf, ruft uns die Stimme» ebenfalls von Reger.

Den Schluss in diesem Trio coelestis macht Anton Bruckner mit drei Motetten für 4- bis 7-stimmigen Chor und der 8-stimmigen Motette für Chor, Posaune und Orgel, die zu Deutsch mit den Worten «Hier, der grosse Bräutigam» beginnt. Tatsächlich vertieft Kobelts Programm – im Sinne einer musikalischen Predigt – die Arbeit der romantischen Komponisten am biblischen Wort. Die beiden erfahrenen Chöre Glarner Singverein und Kantorei Winterthur dürften also auch am kommenden Sonntag dafür sorgen, dass der sonntägliche Kirchenbesuch ohne Zeigefinger, ohne die wohlbekannte Trockenheit der pfarrherrlichen Salbungsworte, dafür aber mit spannenden neuen Klängen erlebbar wird. Lust auf Verinnerlichung? Hingehen!