Dr. André Rotzer referierte beim Seniorenverband

Der Vorstand des Glarner Seniorenverbandes, Präsident ist alt Regierungsrat Kaspar Zimmermann, lädt regelmässig zu Veranstaltungen ein. Kürzlich referierte Dr. André Rotzer, Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals Glarus, vor beinahe 90 Interessierten über die Arbeit des wenig bekannten, aber ungemein uneigennützig und sehr kompetent tätigen Swiss Surgical Teams in der Mongolei und Tadschikistan.



Dr. André Rotzer. (Bilder: p.meier) Zahlreich war das Publikum.
Dr. André Rotzer. (Bilder: p.meier) Zahlreich war das Publikum.

Das Interesse war riesig. Die vorhandenen Sitzplätze im Chilcheträff der reformierten Kirchgemeinde Ennenda reichten knapp aus. Dr. André Rotzer ist seit knapp 16 Jahren Chefarzt an unserem Kantonsspital. Seit zehn Jahren ist er mit weiteren Fachkräften während Teilen seiner Ferien in der Mongolei, aktuell in Tadschikistan tätig. Ein Swiss Surgical Team (SST) besteht aus erfahrenen Schweizer Chirurgen, Gynäkologen, Anästhesisten, weiteren Spezialärzten und Fachpersonal. Alle sind unentgeltlich und in verschiedenen Schwellen- und Entwicklungsländern während ihrer Ferienzeit im Einsatz. Umgesetzt werden die Zielsetzungen der am 10. April 2001 gegründeten Jürg Ammann Stiftung. In mehreren Ländern sind die Mitglieder der SST seit 1983 mit verschiedenen Teams mit langfristigen Projekten an öffentlichen Spitälern im Einsatz, oberstes Ziel ist, die fachspezifische medizinische Unterstützung dem jeweiligen Land anzupassen. Während den regelmässigen, jährlichen Einsätzen sind im Anschluss an das jeweilige Operationsprogramm praktische und theoretische Weiterbildung für Ärzte, Anästhesie- und Instrumentierpersonal in Berücksichtigung des WHO-Programms «Emergency Surgical Care» organisiert. Oft wird Material aus der Schweiz zur Verteilung in den jeweiligen Spitälern mitgenommen und nach Rücksprache mit den lokal Verantwortlichen gebraucht. Mit den Verantwortlichen vor Ort werden Stipendien an lokale Ärzte ausgerichtet. Sie haben die Möglichkeit, anschliessend für drei bis sechs Monate in der Schweiz einen begleiteten Studienaufenthalt zu absolvieren. Die Tätigkeit der SST wird massgeblich durch die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBF) unterstützt und politisch mitgetragen.

Dr. André Rotzer stellte mit umfangreichem, sorgsam zusammengestelltem Bildmaterial die Bewohner der Mongolei, deren Traditionen, die Lebensweise, Erlebnisse bei Besuchen, die erlebte Gastfreundschaft, Geografisches, Verkehrswege, Probleme, Standards in öffentlichen Spitälern, Hilfen bei Einsätzen und anderes in konzentrierter Form vor.

Die Mongolei mit ihrer Hauptstadt Ulan Bator ist 40-mal grösser als die Schweiz, hat aber lediglich drei Millionen Einwohner. Das Land ist extrem dünn besiedelt. Die Hauptstadt ist mit anderthalb Millionen Einwohnern ein ganz besonderer Anziehungspunkt. Alkohol, Prostitution, heimatlose Kinder und Korruption sind spürbar grosse Probleme. Heizenergie wird durch zwei grosse Kohlenkraftwerke abgegeben. Auf dem Schwarzmarkt ist praktisch alles erhältlich. Der Referent verzichtete bewusst, allzu viel Bildmaterial mit der getätigten Arbeit zu zeigen. Er stellte fest, dass der Ausbildungsstand jenem um etwa 2000 gleichkomme. Es gelte, Neues zu vermitteln, nicht dominant und belehrend, sondern einfühlend, auf Bestehendes Rücksicht zu nehmen. Rotzer verstand es, die weiten Wegstrecken, das mühsame und lange Fahren, die herzliche Gastfreundschaft der Mongolen, die Zubereitung von Speisen, das viele servierte Fleisch, die Glaubensformen, die Arbeit in den Spitälern und anderes näher zu bringen. Mit viel Anteilnahme und Interesse wurde zugehört.

Man staunte über die gar einfach eingerichteten Patientenzimmer, die Vornahme von zwei zeitgleich ablaufenden Operationen in einem Raum, das Beheben von Leistenbrüchen mit sterilen Teilen von Moskitonetzen, das Aufhängen der Operationswäsche im Freien, das Waschen der Hände vor dem Operieren in bereitgestellten Becken, die Einfachheit eines Aufwachraumes, die Wundversorgung nach der Operation, die Vielzahl von Fachleuten während der Operation, die sterile Kleidung. Vieles ist unerwartet anders, aber man richtet sich ein, hilft, leitet mit an. Grosse Bedeutung kommt der Geburtshilfe zu, hochschwangere Frauen halten sich vor der Geburt über mehrere Tage hinweg in Zimmern beim jeweiligen Spital auf, die Anreise würde zu lange dauern.

Der Referent weilte mit den Übersetzern zuweilen in Jurten auf dem Lande, lernte, wie Jurten benützt sind, die Zuteilung geregelt ist. Man wurde auf ganz herrliche Ausflüge mitgenommen und zu gar reichhaltigen Picknicks eingeladen. Sind fremde Ärzte und Fachkräfte im jeweiligen Spital eingetroffen und im Einsatz spricht sich das sofort herum. Viele kommen für eine Untersuchung oder Behandlung.

Einfühlend und wertschätzend war das Referat. Man spürte, dass sich der Referent als willkommener Gast aufgenommen weiss. Schmunzelnd wurde beispielsweise mitverfolgt, wie man sich zu viert samt Ladung auf einem Motorrad vorwärtsbewegt oder wie bei Gebetsorten die Geister besänftigt werden, wie Steintürme beim Umkreisen der Stätte wachsen. Dass der Mutter-Kind-Tag oder Pferderennen über mehrere Kilometer gefeiert werden, bei solchen Zusammenkünften unter den Männern ein riesiges Palaver losgeht war durchaus verständlich. Kurz wurde über Musik und Pferdekopfgeige geredet. Dass Knaben erst ab dem vierten Altersjahr die Haare schneiden, der Aussage des Schamanen am jeweiligen Ort ganz grosse Bedeutung zukommt, dass Kamele, Jaks, Schafe und Ziegen von den Nomaden gehalten werden, die Farben von Tüchern ganz spezielle Bedeutungen haben gehörte zum Reichtum der Erzählung.

Und nun ist die Mongolei nach langen, wertvollen Jahren verlassen worden, in Tadschikistan wird wieder in ähnlicher Weise gearbeitet. Alles beginne wieder von vorne, so der Referent. Auf einem abgebildeten Stein war das Credo nachzulesen:

Geh hin zu den Leuten, lebe bei ihnen;
Lerne von ihnen;
Plane mit ihnen;
Beginne mit dem, was sie schon wissen;
baue auf dem auf, was sie besitzen.

Mit viel Beifall wurde André Rotzer verabschiedet. Gerne gab man ihm den Dank und die Wertschätzung mit. Auf Neues wurde mit einem Vortrag über Argentinien im April, kommende Wanderungen und Sommerausflüge hingewiesen.