Drei Dutzend Weltmeistertitel als Lohn

Wenn sich die Schweizer OL-Elite anlässlich des Glarner OL-Weekends am 17./18. Oktober am Samstag in Glarus an der Schweizer Meisterschaft über die Mitteldistanz ein Stelldichein gibt, treffen dabei rund drei Dutzend Weltmeistertitel aufeinander. Dies als gerechter Lohn für den enormen Aufwand, welchen der Stäfner Hansueli Steinmann, Laufleiter der organisierenden OLG Stäfa, in ehrenamtlicher Arbeit auf sich nimmt.



Der Stäfner Hansueli Steinmann in seinem Element beim Rekognoszieren des Laufgeländes im typischen Glarnertüechli. (Bild: zvg)
Der Stäfner Hansueli Steinmann in seinem Element beim Rekognoszieren des Laufgeländes im typischen Glarnertüechli. (Bild: zvg)

Die Idee, im Glarnerland ein Nationales OL-Wochenende durchzuführen, schwirrte schon länger im Kopf des umtriebigen Präsidenten der OLG Stäfa, Hansueli Steinmann, umher. Die Bruwaldalp / Brächalp ob Braunwald war bereits in der Bewerbungsphase für die OL-WM 2003 in Rapperswil-Jona, bei welcher Steinmann für Bahnen und Gelände zuständig war, in ersten Geländekonzepten enthalten, wurde dann aber aus «logistischen Gründen» fallen gelassen. Es sollte weitere 10 Jahre dauern, bis er das Projekt für ein Nationales OL-Wochenende mit der Schweizer Meisterschaft über die Mitteldistanz in Glarus und einem Nationalen OL eben in Braunwald wieder aufnahm und 2013 beim Schweizer OL-Verband eingegeben hat. Seit nunmehr zwei Jahren laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. In dieser Zeit besuchte der Stäfner unzählige Male das Glarnerland, um nötige Abklärungen zu treffen. Dabei kam ihm sicher auch zugute, dass er seit Jahren die Winterferien in Braunwald verbringt und so schon einige wertvolle Kontakte knüpfen konnte. Es folgten Geländebegehungen, Kontaktaufnahme mit Behörden zum Einholen der entsprechenden Bewilligungen und aufwändige Verhandlungen mit Landbesitzern, Forst- und Jagdbehörden. Auch die Aufnahme einer neuen und die Überarbeitung einer bestehenden Karte mussten organisiert und koordiniert werden. Ein weiterer Knackpunkt waren die «logistischen Gründe», welche 2003 zur Absage führten, namentlich die Verkehrsfeiheit von Braunwald und die Abgelegenheit des eigentlichen Laufgeländes: Neben den zu erwartenden 1800 Läufern muss auch noch die ganze Infrastuktur wie Posten-, Start- und Zielmaterial, Zeitmessung, Festzelt und nicht zuletzt ein Dutzend mobile WCs mit der Braunwaldbahn und weiter mit den Sportbahnen und Geländefahrzeugen zum Wettkampfzentrum Grotzenbühl ob Braunwald befördert und natürlich wieder abtransportiert werden. Auch ein bei allen Wetterlagen funktionierendes Bergungs- und Rettungskonzept für allfällig schwerer verletzte Läufer musste konzipiert und mit dem lokalen Pistenrettungdienst umgesetzt werden. Mit viel Überzeugungskraft brachte der engagierte OL-Tausendsassa (neben den beschriebenen Aufgaben amtet er auch noch als Präsident des Vereins Swiss Cup, welcher für das Durchführen des Weltcupfinals Anfang Oktober in Arosa verantwortlich zeichnet) alle nötigen lokalen Partner an Bord. Da der Aufwand für die beiden Läufe für die OLG Stäfa alleine wohl nicht zu bewältigen gewesen wäre, wurde die partielle Zusammenarbeit mit der OL Zimmerberg «ennet» des Seeufers gesucht und gefunden. So sollen rund 150 Klubmitglieder (inklusive der vier Mitglieder der Glarner OLG) mit ihrer ausschliesslich ehrenamtlichen Mitarbeit zum guten Gelingen des Anlasses beitragen.

Auf die Frage, warum die OLG Stäfa das Wochenende nicht in heimischen Wäldern organisiere, meint Steinmann: «Ich gebe den OL-Läufern gerne etwas, das ihnen Spass macht! Einen anspruchsvollen Wettkampf auf Schweizermeisterschaftsebene in der näheren Umgebung des linken Seeufers zu organisieren, ist jedoch aufgrund knapp bemessener Auswahl an geeigneten Geländen äusserst schwierig. Das für einen solchen Lauf am ehesten in Frage kommende Gelände des Pfannenstiels wurde schon in den Jahren 2011 und 2013 für zwei Anlässe ähnlicher Grössenordnung genutzt und ist daher, nebst rechtlicher Querelen bezüglich Kartenrechte, für die OLG Stäfa momentan keine Option. Zudem ist das Glarnerland trotz schöner Gebiete OL-Brachland, welches lohnt, erschlossen zu werden. Dass wir dabei ein wenig Entwicklungshilfe für den OL im Glarnerland bieten, ist ein weiterer positiver Nebeneffekt.»

So wird das Glarnerland dank der Initiative des Stäfners am Wochenende vom 17./18. Oktober kurzfristig zum Schweizer OL-Mekka und dabei eine wahre Invasion an Weltmeistern erleben. Neben der legendären Simone Niggli-Luder (23 Weltmeistertitel), welche zwar vor zwei Jahren vom Spitzensport zurückgetreten ist, aber nach wie vor in der Elite mittut und, wie sich an der Langdistanzmeisterschaft dieses Jahr gezeigt hat, immer noch das Mass aller Dinge bei den Damen ist, treten namentlich auch bei den Herren mehrfache Weltmeister an, deren Leistungen in den letzten Jahren ob der Lichtgestalt im Schweizer OL fast ein wenig untergegangen sind: so wird auch der sechsfache Weltmeister (davon zweimal an der WM 2015 in Schottland), Daniel Hubmann erwartet. Dass Hubmann in seiner bald 15-jährigen Karriere den Schweizer-Meister-Titel in der Mitteldistanz vergleichsweise erst zweimal erringen konnte, spricht für die starke nationale Konkurrenz, welche mit den mehrfachen Medaillengewinnern an Weltmeisterschaften Andreas Kyburz (Weltmeister Sprint 2012 und Staffel 2015), Fabian Hertner (Weltmeister Staffel 2015) und seinem Bruder Martin Hubmann (Weltmeister Mixed-Staffel 2014) vollständig im Glarnerland vertreten sein wird.

Bei den Damen darf man auch auf das Abschneiden der letztjährigen 4-fachen Weltmeisterin Judith Wyder gespannt sein, welche sich nach dem Rücktritt von Niggli-Luder als Teamleaderin etabliert hatte. Nach einer Saison mit Höhen- und Tiefpunkten (so musste sie die WM nach hartnäckigen Rückenschmerzen frühzeitig beenden) wird die Bernerin diesen Herbst erstmals wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Dabei wird sie mit Niggli-Luder und den weltmeisterschaftserprobten Läuferinnen aus dem Kanton Zürich, Sara Lüscher (Winterthur) und Julia Gross (Zürich) auf starke nationale Konkurrenz treffen.

Dabei sind die im Titel erwähnten drei Dutzend Weltmeistertitel noch konservativ geschätzt: Gleichzeitig mit den Eliteläufen finden im gleichen Gelände auch Publikumsläufe statt (der Nationale Lauf am Sonntag zählt auch als Lauf der Zürcher Jugendmeisterschaft). Dort starten in den Seniorenkategorien auch eine Handvoll ehemaliger Staffelweltmeister der Neunzigerjahre, nicht zuletzt Läufer, mit welchen sich Steinmann schon in seiner Zeit als Junioren-Kadermitglied gemessen oder welche er später als Trainer des Schweizerischen Juniorenkaders betreut hat. Wen wunderts, dass ein solch prominentes Teilnehmerfeld sein OL-Herz höherschlagen lassen.