Drei Gemeinden und 29 Dörfer als Heimat

Fühlt man sich als Glarnerin und Glarner in drei grossen Gemeinde so wohl wie heute in einer der heute 25 politischen Gemeinden? Die Projektleitung Kanton der Gemeindestrukturreform „GL2011: 3 starke Gemeinden – 1 wettbewerbsfähiger Kanton“ ist davon überzeugt.



dezentral organisierte Gemeinden wie die Glarus Nord
dezentral organisierte Gemeinden wie die Glarus Nord

Die Gemeinde Bagnes im Kanton Wallis macht es vor. Sie umfasst über 282 km2 und ist heute die flächenmässig grösste Gemeinde der Schweiz. Sie ist grösser als die Kantone Genf, Nidwalden, Zug, beide Appenzell und Basel-Stadt. Ein Teil von ihr ist beispielsweise das Skigebiet Verbier. Tourismus gehört denn auch zu den wichtigen wirtschaftlichen Standbeinen Bagnes. Zwar befindet sich die Gemeindeverwaltung im Dorf Le Châble, aber ein eigentliches Dorfzentrum gibt es nicht. Vielmehr besteht Bagnes aus rund 20 kleinen Dörfern und Weilern. Sie heissen Mauvoisin, Montagnier, Prarreyer und so weiter und sind der Wohnort der rund 7000 Bagnerinnen und Bagner. Sie verfügen über eine eigene Charakteristik und stiften Identität.

Bagnes wie Glarus Süd

Bagnes könnte seinen Status als grösste Gemeinde der Schweiz bald an Glarus-Süd verlieren, denn Glarus-Süd übertrifft den Walliser Ort um einige Quadratkilometer. Sonst aber weisen beide Gemeinden viele Parallelen auf. Beides sind weitläufige Gemeinden, wobei der grösste Teil unwegsames Berggebiet ist. Mit dem gewichtigen Unterschied, dass sich in Bagnes seit genau 50 Jahren die Dörfer zusammengefunden haben und ihre kommunalen Aufgaben unter demselben effizient und wirtschaftlich Dach verrichten. In Bagnes spricht deswegen niemand von fehlender Identität oder mangelndem Heimatgefühl. Man ist im Dorf genauso zu Hause, wie in der Gemeinde.

Das Dorf bleibt das Zuhause

Für die Projektleitung Kanton von „GL2011: 3 starke Gemeinden – 1 wettbewerbsfähiger Kanton“ bestätigt der Blick ins ferne Wallis, das gut erreichbar ist, was man gemeinsam mit den Projektleitungen Gemeinden für Glarus Süd, Glarus Mitte und Glarus Nord anstrebt. Nämlich starke kommunale Gemeinwesen zu schaffen, die in der Lage sind, ihre Aufgaben weitgehend autonom und aus eigener Kraft im Dienste der Bevölkerung zu erfüllen. Und die je nach Gemeinde aus einer unterschiedlich grossen Zahl von Dörfern bestehen, die über eine eigenständige Identität und ein individuelles Dorfleben verfügen, und so zum vielfältigen Wohn- und Wirtschaftskanton Glarus beitragen. Denn in den 3 Gemeinden Glarus Mitte, Glarus Süd und Glarus Nord besitzt kein einzelnes Dorf bevölkerungsmässig eine Mehrheit. Kein Dorf kann ein anderes dominieren, überall ist das kooperative Gespräch und das konstruktive Miteinander in den kommunalen Angelegenheiten nötig. Das bietet insbesondere allen kleinen Dörfern viel Sicherheit: Sie können nicht überrollt werden.

Namen und Anschriften bleiben

Die heutigen Dörfer bleiben als Ortschaften bestehen. Daran ändern neue Gemeindegrenzen nichts. Kein Bahnhof muss sich einen neuen Namen suchen. Die Züge halten noch immer in Näfels, Schwanden oder Mitlödi. Auch die Postautokurse fahren dieselben Destinationen an. Kein Glarner und keine Glarnerin muss andere Ausweispapier beantragen oder wegen der neuen Gemeindestrukturen eine Adressänderung verschicken, Mollis bleibt Mollis, Braunwald bleibt Braunwald und Netstal bleibt Netstal. Veränderungen, die auf uns zukommen, haben nichts mit den Gemeindestrukturen zu tun. Die Schweizer Post strafft ihr Poststellennetz unabhängig von den Gemeindegrenzen. Massgebend sind die Notwendigkeiten ihrer Betriebswirtschaft und die Erfordernisse des Service Public. Gerade umgekehrt ist es richtig: Starke Gemeinden werden als Verhandlungspartner viel ernster genommen, als Kleingemeinden. Drei starke Gemeinden sind somit viel bessere Trumpfkarten, um eine gute Infrastruktur zu erhalten. Ein Wehrmutstropfen allerdings ist nicht zu leugnen: Das Bürgerrecht geht von den heutigen Gemeinden auf Glarus Mitte, Glarus Nord oder Glarus Süd über. Es ist an die politische Gemeinde gebunden. Aber das Dorf, in dem man wohnt, wird ja Teil dieser Gemeinde sein.

Die Schule bleibt im Dorf

Gestärkt wird insbesondere auch die Schule. Keine Schule wird wegen der Gemeindestrukturreform geschlossen oder in ein anderes Dorf verlegt. Und doch wird es auch hier Veränderungen geben. Allerdings nur wegen der demographischen Entwicklung. Wo es an Kindern mangelt, können keine Klassen geführt werden. Darauf und auf veränderte Bedürfnisse der Familien und der Schuljugend muss die Glarner Schule antworten. Ist es nicht besser, wenn die Glarnerinnen und Glarner in ihren Gemeinden die entsprechenden Antworten selber entwickeln, und sich diese nicht vom Kanton vorschreiben lassen müssen? Denn das ist vorgesehen mit der Glarner Gemeindestrukturreform: Dass die Gemeinden die Verantwortung für Schule wieder weitestgehend zurückerhalten. Das stärkt die Autonomie der Gemeinden und schafft Identität.

Viele Dörfer unter einem Gemeindedach ist vielerorts in der Schweiz ein Erfolgsmodell. Die Gemeinden, die so funktionieren, zeigen, dass wirtschaftliche Effizienz in der kommunalen Aufgabenerfüllung der Identität in keiner Weise abträglich sein muss. Vielmehr können sich die Dörfer auf Ihre Werte und Stärken konzentrieren und so noch besser an den Grundlagen arbeiten, die Identität schaffen. Auch darauf achten die Projektleitungen Kanton und Gemeinden bei ihren Arbeiten.

*Der Autor ist Kommunikationsbeauftragter der Projektleitung Kanton von „GL2011: 3 starke Gemeinden – 1 wettbewerbsfähiger Kanton.“