Dringliche Interpellation der SP

Dringliche Interpellation zum generellen Besuchsverbot der Alters‐ und Pflegeheime in der Phase Rot des COVID‐19‐Rebound‐Konzepts.



Dringliche Interpellation der SP (zvg)
Dringliche Interpellation der SP (zvg)

Gestützt auf Art. 82 der Landratsverordnung reichen wir folgende dringliche Interpellation ein:

Der Kanton Glarus orientiert sich bezüglich der Massnahmen zur Bekämpfung von COVID‐19 an einem Rebound‐Konzept. Dieses basiert auf vier Alarmierungsstufen (grün, gelb, orange, rot) In der Phase Rot ist ein Besuchsverbot in Alters‐ und Pflegeheimen vorgesehen. In der ersten Welle der Pandemie wurde aufgrund der grossen Unsicherheit nach dem Prinzip «im Zweifel für das Überleben» gehandelt – ein damals gerechtfertigtes Vorgehen.

Heute wissen wir, dass insbesondere bei Menschen mit Demenz die Isolation oft zu einer Verschlechterung ihrer Gesundheit führte. Ausserdem sind Selbstbestimmung (z.B. wenn man Besuche empfangen möchte) und Bewegungsfreiheit grundrechtlich geschützte Ansprüche. Aus Sicht der SP darf es nicht noch einmal zu einer generellen Schliessung der Heime über längere Zeit kommen.

Deshalb muss vor der Phase Rot das Thema der Grundrechte mit den Schutzinteressen anderer Heimbewohnenden, den Rechten von Angehörigen und dem Personal abgewogen werden. Diese Interessenabwägung ist eine ausserordentlich schwierige Aufgabe; es besteht ein Dilemma zwischen Schutz und Freiheit. Der Lebensschutz darf aber nicht auf Kosten der Lebensqualität geschehen.

Eine wichtige Funktion nehmen dabei das Schutzmaterial und die Testung ein. Genügend Schutzmaterial wahrt gewünschte Schutzinteressen und Schnelltests könnten die Wartezeit in Isolation massiv verkürzen – beides zentrale Voraussetzungen, um für alle Beteiligten einen Weg zwischen Freiheitsansprüchen und Risikominimierung zu finden.

So gelangen wir mit folgender Anfrage an den Regierungsrat:

1. Kann sich der Regierungsrat in Zusammenarbeit mit den (Heimen in der Phase Rot Optionen vorstellen, wie ein generelles Besuchsverbot zu verhindern wäre? Wie wären diese ausgestaltet?

2. Wurde in den (Heimen mit den Pflegebedürftigen eine Abklärung vorgenommen, inwieweit sie selber geschützt werden wollen? Wurde bei urteilsunfähigen Bewohnenden diese Abklärung mit den Angehörigen gemacht? Sind – je nach Ergebnis der Abklärungen – organisatorische oder räumliche Änderungen vorgesehen z.B. Stockwerke/Bausteile mit oder ohne Besuchsmöglichkeit?

3. Gibt es genügend Schutzmaterial in den Heimen?

4. Sind in naher Zukunft Schnelltests für die Heime vorgesehen?

Es ist uns wichtig zu betonen, dass obgenannte Ausführungen nicht aufgrund einer Skepsis gegenüber COVID‐19-Massnahmen entstanden sind. Wir befürworten jegliche Anstrengungen, um Ansteckungen zu vermeiden. Je mehr wir jedoch von dieser Krankheit wissen, umso mehr können Massnahmen differenzierter diskutiert und abgewogen werden. Das soll auch für die Heime gelten.

Im Namen der SP‐Fraktion

Sabine Steinmann, Landrätin 

Christian Büttiker, Fraktionspräsident