Dritter eidgenössischer Kranz für Roger Rychen

Joel Wicki als neuer Schwingerkönig, sportlich hochstehende Duelle, Unmengen von Zuschauern und der dritte eidgenössische Kranz von Roger Rychen – dies sind die Hauptmerkmale vom Eidgenössischen Schwingfest 2022 in Pratteln im Baselbiet.



Dritter eidgenössischer Kranz für Roger Rychen (Bild: Taria Hösli)
Dritter eidgenössischer Kranz für Roger Rychen (Bild: Taria Hösli)

Fünfer-Delegation

Für den Glarner Verband waren fünf Personen in Pratteln im Einsatz (nebst einer riesigen Delegation Seitens des OK 2025 und vielen Fans. Fridolin Beglinger amtete als Technischer Leiter für den NOSV in der Einteilung, welche von Stefan Strebel präsidiert wurde. Leider gelang es auch ihm nicht, dass es wieder einmal einen Ostschweizer König gab. Martin Leuzinger amtete auf Platz eins als Kampfrichter und Franz Freuler war als Betreuer der Glarner im Einsatz. Im Sägemehl stand einzig Roger Rychen. Christian Pianta, ursprünglich dritter Ersatzmann, rückte nach den Ausfällen von Arnold Forrer und Thomas Koch zum ersten Ersatz auf. Zum Einsatz kam er wie schon 2019, wo er auch als Ersatzmann nominiert war, nicht. Im Kurzholz war Roger Rychen einsamer Kämper des Glarner Verbandes. Das liegt ganz bestimmt nicht am Molliser, dass es nicht mehr Vertreter aus dem Lande Fridolins am Start waren und er selber machte das Beste daraus und gewann am Sonntagabend den dritten eidgenössischen Kranz. Rychen machte damit beste Werbung für das Glarnerland, welches in drei Jahren gemeinsam mit den angrenzenden Klubs Rapperswil, Mels und March-Höfe an der Reihe ist mit der Durchführung des Eidgenössischen in Mollis. Nach dem Schlussgang präsentierten sich die Glarner den Zuschauern in der Arena mit dem Kinderchörli und den Jungschwingern. OK-Präsident Jakob Kamm richtete dabei einige Worte ans Schwingervolk und freute sich, dass die ESAF-Fahne in drei Jahren von Pratteln ins Glarnerland kommt.

Welscher erster Tag

Roger Rychen startete gegen den Berner Seeländer Gnägi, gegen den er noch am Berner Kantonalen vor wenigen Wochen verlor. Diesmal holte er einen Gestellten heraus. «Ich war besser auf ihn eingestellt. Letztlich machte ich aber zu wenig für eine Neun», gab er sich selbstkritisch zur Note 8,75, die er für den Gestellten erhielt. Den Freiburger Christophe Baeriswyl bezwang der Glarner mit Lätz. Gegen den nächsten Romand, den Waadtländer Mikael Matthey hiess das Rezept Kurzgriff/Lätz. Der Romand konterte die ersten Angriffe des Glarners gefährlich und griff in der Folge mit Knietätsch selber an, was wiederum der Molliser zu kontern wusste. Im vierten Gang traf Rychen ein weiteres Mal auf Joel Wicki, dem späteren Schwingerkönig. Dieses Duell verlor er. «Nach dem ersten Tag hatte ich in etwa die gleiche Punktzahl wie 2016 und 2019, so lassen sich die drei Eidgenössischen Feste in etwa vergleichen. Insgesamt hat aber jeder ESAF-Kranz und jedes Fest etwas Spezielles an sich.»

Schlüsselgang gegen Schwingerkönig 

Im fünften Gang wartete der Luzerner Roman Fellmann. Dieses Duell gewann der Glarner mit Gammen rechts. «Ich betrat morgens um 07.45 Uhr als erster den frisch hergerichteten Platz und konnte den zweiten Tag eröffnen. Dies genoss ich richtig», so der ESAF-Kranzgewinner über das Duell gegen den bärtigen Surentaler. Dann wartete der Schwingerkönig von 2010, Kilian Wenger. Es war ein von Vorsicht geprägtes Duell, wo Wenger einmal mit Hüfter dem Sieg näher war. «Für mich war dies der Schlüsselgang des Festes. Im Nachhinein ging ich aber ein bisschen zu wenig Risiko ein.» Mit dem Sieg über den nächsten Berner Oberländer Florian Aellen, den er mit Kreuzgriff/Lätz bezwingen konnte, war er dem Kranz nahe. Mit 66,00 Punkten hätte ihm zuletzt gegen den Wiggertaler Joel Ambühl eine Neun zum Kranz gereicht. 

Auf Resultat aus

Dies ergab es am Ende auch, doch er schwang nicht auf ein Unentschieden. «Auf einen Gestellten schwingen kann ich nicht, beide schwangen wir auf eine Entscheidung. Und beide hatten wir unsere Chancen.» Nach einem packenden Duell und der Note neun waren beide kranzsicher, Ambühl ging mit einem Viertelpunkt weniger in dieses Duell, doch der Innerschweizer Sieger von 2019 reichte es knapp auch noch. «Ich wusste, dass es anschliessend vorüber ist, und investierte nochmals alle vorhandenen Kräfte», so der Molliser. 

Die Rückenprobleme, die ihn im Juli zu Festabsagen zwangen, spürte er nicht mehr. Sie hielten ihn auch nicht vom Ziel ab. «Ich glaubte immer daran, dass ich es in Pratteln schaffen werde. Und im Hinblick auf das nächste Eidgenössische in drei Jahren in seinem Heimatdorf sagte der Kranzgewinner. «Dafür braucht es keine zusätzliche Motivation als Glarner. Darauf freue ich mich schon jetzt.» Rychen wurde in Pratteln nicht geschont, traf auf einen ehemaligen und dem neuen Schwingerkönig. Mit 75,00 Punkten erschwang er sich als einer von zehn Nordostschweizern den Kranz in Rang 8k.

Jutzeler Brüder überflügelt

Rychen ist damit Historisches gelungen. Er hat mit dem dritten eidgenössischen Kranz das unvergessliche Bruderpaar Bruno und Peter Jutzeler überflügelt. Sie gewannen den eidgenössischen Kranz gemeinsam in den Jahren 1966 in Frauenfeld und 1969 in Biel. Rychen gewann nach 2016 in Estavayer-le-Lac und 2019 in Zug seinen dritten eidgenössischen Kranz. Noch erfolgreicher auf eidgenössische Ebene ist nur ein Glarner: Jakob «Jogi» Schlitttler. Er gewann 1929 in Basel, 1934 in Bern, 1937 in Lausanne, 1940 in Solothurn und 1943 in Zug insgesamt fünf eidgenössische Kränze. Der gebürtige Niederurner gewann aber nicht alle Kränze für die Glarner Farben, er wechselte im Verlaufe seiner Karriere berufsbedingt zum Schwingklub Zürich. 

Zweiter Innerschweizer Königstitel

In einem sportlich begeisternden Fest, mit ständigen Wechseln an der Spitze, siegte am Ende der Entlebucher Joel Wicki. Er ist der zweite Schwingerkönig nach Heinrich Knüsel 1986 in Sion. Wie damals im Wallis, wo das Wetter schlecht war, regnete es erstmals auch in Pratteln wieder, wenn auch nur während des vierten Ganges. Es macht den Anschein, dass die Innerschweizer nur bei Regen reüssieren. Wicki bezwang im Schlussgang nach einem 13-minütigem Abnützungskampf den Emmentaler Matthias Aeschbacher. Damit beendete Wicki auch die seit 2010 anhaltende Regentschaft der Berner.

Am Ende siegte Wicki 0,75 Punkte vor dem Berner Fabian Staudenmann, dem Aargauer Nick Alpiger sowie dem Thurgauer Domenic Schneider. Alpiger stoppte am Sonntagmorgen Titelverteidiger Christian Stucki entscheidend und fügte dem Seeländer die zweite Niederlage zu. Staudenmann bezwang im sechsten Gang den Zuger Pirmin Reichmuth, der lange Zeit wie der Sieger aussah. Schneider rettete die Ehre der Nordostschweizer. Ihre Trümpfe Samuel Giger, Armon Orlik, Damian Ott und Werner Schlegel stachen allesamt nicht, zumindest nicht ganz vorne. Giger, Top-Favorit auf den Königstitel, verlor nach resultatlosem Beginn gegen Fabian Staudenmann, unterwartet im dritten Durchgang gegen den Freiämter Joel Strebel.