Edition Comptoir-Blätter Ennenda

Stoffe für Afrika und das Ende einer Glarner Baumwolldruckerei im beginnenden 20. Jahrhundert.



Kanga-Wickeltuch mit Elefantenmotiv für Portugiesisch-Ostafrika von Daniel Jenny & Cie mit Druckmodeln der Schweizerischen Kattundruckerei in Richterswil von Ende des 19. Jahrhunderts. Masse: 120x145 cm. Druckmustersammlung von Adolf Jenny-Trümpy. (Fotos: Rita Jenny.)
Kanga-Wickeltuch mit Elefantenmotiv für Portugiesisch-Ostafrika von Daniel Jenny & Cie mit Druckmodeln der Schweizerischen Kattundruckerei in Richterswil von Ende des 19. Jahrhunderts. Masse: 120x145 cm. Druckmustersammlung von Adolf Jenny-Trümpy. (Fotos: Rita Jenny.)

In der neuen Ausgabe der Schriftenreihe Comptoir-Blätter befasst sich die Kunsthistorikerin Dr. Anne Wanner-JeanRichard, ehemalige Kuratorin des Textilmuseums St. Gallen, mit dem Thema des Textildrucks und dem Handel mit Tüchern für Afrika. Es ist der Autorin gelungen, in jahrelanger Arbeit Briefe aus Kopierbüchern der Zeitspanne von 1903 bis 1907 des Comptoirs Daniel Jenny & Cie in Ennenda zu transkribieren, auszuwerten und diese mit Eintragungen in den Geschäftsbüchern abzugleichen. Es lag zudem auf der Hand, dass Anne Wanner dank ihrer fundierten Sachkenntnisse aus den firmeneigenen Musterbüchern jene Stoffmuster ausfindig machen konnte, die für die Herstellung von bedruckten Kleidungsstoffen für die einheimische Bevölkerung in den kolonialisierten Gebieten Schwarzafrikas verwendet wurden.

Der überraschende Fund von zwölf originalen Ganztüchern aus der Druckmustersammlung von Adolf Jenny-Trümpy, die als Wickeltücher, sogenannte Kangas, für die Körperbedeckung sowie solche zur Kopfbedeckung in den Handel gebracht und getragen wurden, sind nebst zahlreichen Musterabschnitten in dieser Publikation abgebildet.

Die Voraussetzungen für den Handel mit Abnehmern in Afrika, der vor allem über Vermittlerfirmen in Amsterdam und Bremen erfolgte, waren anspruchsvoll. Öfters veranlassten spezifische Wünsche kurzfristige Anpassungen, sodass solche Umstellungen, vor allem die aufwändige Produktion im Handdruck verteuerten und man vermehrt zu Verfahren im Walzendruck überging. Trotzdem zeichnete sich schon damals ein Scheideweg ab, einerseits das «Afrikageschäft» im Bestreben nach neuen Absatzmöglichkeiten und andererseits der Anfang vom Ende des bereits seit über 70 Jahren florierenden Zeugdrucks in Ennenda.

Entstanden ist eine ausführliche, reich illustrierte Dokumentation über den Export bedruckter Gewebe dieser Firma nach Ost- und Westafrika und die 1906 verkündete Schliessung der Druckerei von Daniel Jenny & Cie.

Die Geschichte beginnt mit dem Erwerb gebrauchter Druckmodel von der einst renommierten Kattundruckerei in Richterswil, die sich aus der Sicht der Ennendaner Firmenleitung von Kangas für den ostafrikanischen Markt eignen würden. Eine bedeutende Zieldestination war die portugiesische Kolonie Ostafrika im heutigen Mosambik. Da dieser Handel kaum befriedigenden Aufschwung erbrachte, verlagerten sich die Geschäfte in die Gebiete Westafrikas, den heutigen Ländern Elfenbeinküste, Ghana, Togo, Benin und Kamerun.

Zunächst wurden bereits existierende Vorlagen verwendet. Man versuchte auch solche für europäische und asiatische Länder bewährte Muster einzusetzen; sie wurden dann öfters modifiziert und an die veränderten Bedürfnisse angepasst. Vor allem aber mussten neue Modelle entwickelt werden, die den Wünschen der Abnehmer in Afrika entsprachen.

Wie aus der Korrespondenz hervorgeht, interessierte sich die ebenfalls in Ennenda ansässige Firma der Gebrüder Freuler für die Übernahme der Druckmodel und Anwendungsverfahren, als bekannt wurde, dass die Firma Daniel Jenny Cie die Auflösung ihrer Druckerei in Erwägung zog. Schliesslich verwies sie ihre Geschäftspartner in Amsterdam und Bremen auch auf die weiteren Glarner Tuchdruckunternehmen, die Firma Gebrüder Blumer in Schwanden und die Baumwolldruckerei Hohlenstein in Glarus, die sich als Spezialisten in der Fabrikation der im afrikanischen Markt begehrten «Waxprint» Stoffe und Batik-Genre erwiesen. In diesem Zusammenhang werden auch die Beziehungen zu den spezialisierten holländischen Firmen und zur Handelsgesellschaft der Basler Mission für den Tücher-Export nach Westafrika aufgezeigt.

Zum Schluss wird noch auf die Bedeutung von Symbolen indigener Völker eingegangen, die bewusst oder unbewusst in gedruckten Tüchern vorzufinden sind, also nicht nur dekorativen Zwecken dienen, sondern auch kulturellen Traditionen unterworfen sind. Die Übertragung von Stoffmustern aus einem Kulturkreis in einen anderen war stets eine delikate Herausforderung. Heute können solche weiter entwickelte und adaptierte Muster einen Beitrag für respektvolle interkulturelle Diskurse und Verständigung leisten.

Das Buch «Stoffe für Afrika und das Ende der Druckerei von Daniel Jenny & Cie» von Anne Wanner-JeanRichard der Edition Comptoir Blätter 20/21, 2023
ISBN 978-3-033-09565-6 ist erhältlich im Glarner Buchhandel und im Fabrikladen «Baumwollblüte» in Ennenda für Fr. 28.–