Ein Blick zurück - und nach vorn

Das Interesse an der Vernissage der elften Wechselausstellung im Thomas-Legler-Haus war sehr gross. So fanden sich am vergangenen Samstag eine grosse Anzahl Gönner und Geschichtsfreunde im geschichtsträchtigen Haus ein. Begrüsst wurden sie durch Projektleiter Dr. Hans Jakob Streiff, der seine Einführungen in die Ausstellung immer wieder mit auflockernden, humorvollen Worten bereicherte.



Ein Blick zurück - und nach vorn

Die Museumsleitung war auch bei dieser Ausstellung bemüht, zwischen der Vergangenheit und unserer postmodernen Zeit Brücken zu schlagen. „Der Ausstellungstitel „Glarner Wirtschaftsgeschichte – ein Blick zurück – und nach vorn“ beinhaltet etwas ganz wesentliches; wir möchten die Erkenntnisse von früher in die Zukunft übertragen.“ Wie Streiff weiter betonte sei es der Stiftung Thomas-Legler-Haus immer ein ganz besonderes Anliegen, die Geschichte aufzuarbeiten, mit dem Blick nach vorn. Auf vierzehn Stellwänden haben die Ausstellungsgestalter Hans Jakob Streiff, die Historiker Andréa Kaufmann und Ralph Jakober sowie der Grafiker Markus Beerli das Thema erarbeitet und schwerpunktmässig dargestellt.

Vom“ Frisör“ zum Fabrikanten

Zu Beginn seiner Einführung gab Streiff einen interessanten Einblick in die Entwicklung der Textilindustrie im Glarnerland und brachte dabei einige erstaunliche und überraschende Elemente preis. So war zu erfahren, dass der Gründer der heutigen Baumwollspinnerei Daniel Jenny AG in Haslen und Ennenda, Batholome Jenny den Beruf eines Frisörs und Perückenmacher ausübte, bevor er zusammen mit seinen zwei Brüdern einen Handweberbetrieb gründete. „ Jeder hat den Marschallstab im Tornister, aber man muss es merken, dass es ihn gibt“. Wie Streiff weiter ausführte hat etwas später der Bruder von Batholome, Fridolin Jenny das heutige Textilunternehmen Fritz & Caspar Jenny gegründet. Der Gründer der Firma Legler übte vor der Gründung des Unternehmens den Lehrerberuf aus. Später startete einer seiner Söhne mit 50 Handwebstühlen eine Handweberei in Diesbach, die sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zu einem Grossunternehmen mit Niederlassung in Italien entwickelte. Mit diesen Pionieren begann die Ausbreitung der Baumwoll-Handspinnerei im 18. Jahrhundert und läutete die eigentliche Industriealisierung des Glarnerlandes in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein.

Veränderungen durch die Industriealisierung

Die Umstellung auf mechanisch betriebene Spinnmaschinen und Webstühle brachten aber, so Streiff weiter, nicht nur wirtschaftlichen Aufschwung, sondern auch verschiedene Krisen. Missernten und Kriege hemmten den Gang der Wirtschaft und veranlassten im 19. Jahrhundert tausende Glarner zur Auswanderung. Aber auch der sich immer mehr abzeichnende Niedergang der Textilindustrie, die beiden Weltkriege und die Globalisierung der letzten Jahrzehnte waren Gründe für einen einschneidenden Einbruch in die lange Zeit blühender Wirtschaft im Glarnerland. Anschliessend an die Ausführungen von Streiff sprach auch die Historikerin Andréa Kaufmann zu diesem Thema. „Die Industriealisierung im Glarnerland hat nicht nur das wirtschaftliche, sondern auch das gesellschaftliche Gefüge im Glarnerland massiv verändert“. Es gab nun, so Kaufmann weiter, plötzlich Arbeiter, die sich nach einem für sie, zu jener Zeit ungewohnten Zeitplan richten mussten. Auf der andern Seite die Fabrikherren, die für hunderte von Arbeitnehmern und deren Familien verantwortlich waren. Und was heute noch ganz besonders ins Auge fällt, sind die zahlreichen Textilfabriken, Kanäle, Kosthäuser aber auch Fabrikantenvillen. Sie prägen nach wie vor die glarnerische Landschaft, insbesondere das Glarner Hinterland.

Umnutzung in den Augen von Kindern

Unter der Leitung von Lehrer Roland Schiltknecht haben Schülerinnen und Schüler aus Hätzingen anhand von selbstgebastelten Modellen ihre Vorstellung einer Umnutzung alter Fabrikgebäude dargestellt. Eine erste Aufgabe an die Kinder war, die Fabriken zu fotografieren. „Ich war ehrlich überrascht und erstaunt, was für Bilder „geschossen“ wurden. Ich habe teilweise Gebäude aus einer mir völlig neuen und unbekannten Perspektive zu sehen bekommen.“ Alleine diese vielen Aufnahmen würden alleine eine Ausstellung geben. In der Gestaltung der Modelle hatten die Kinder freie Hand. So entstanden Pläne für einen Wellnesstempel, eine Freizeitanlage oder auch ein modernes Hotel. Aus Hallen, in denen die Grosseltern der Kinder noch gearbeitet hatten, wurden moderne Gebäude, die so nach dem Willen der Kinder, vor allem Touristen ins Glarner Hinterland locken sollten.

Musikalisch wurde die Vernissage von Roland Schiltknecht auf seinem Hackbrett umrahmt. Das Thema seiner beiden musikalischen Vorträge war das Wasser, das für das Glarnerland ja von sehr grosser Bedeutung ist. Nach dem Rundgang durch die elfte Ausstellung trafen sich die Gäste im Freien, um bei strahlend schönem Frühlingswetter über die Eindrücke zu diskutieren.

Die Ausstellung ist wie folgt geöffnet:
Im Jahr 2010: zwischen 29. Mai und 30. Oktober
Im Jahr 2011: zwischen 30. April und 29. Oktober
Jeweils jeder letzte Samstag im Monat von 14.00 bis 17.00 Uhr