Ein Doppelzimmer in Schwanden – oder anderswo

Linda C. Deubelbeiss und Raphael Oldani – so der rührige Präsident der Gemeindestube Schwanden, befänden sich seit fünf Jahren als Kabarett Klischee und nun mit dem zweiten Programm unterwegs. Dies erwähnte Paul Aebli unter anderem in seiner launigen Begrüssung.



Ein Doppelzimmer in Schwanden – oder anderswo

Für alle, die Kabarettistisches anbieten, ist der Beginn ebenso wesentlich wie für die erwartungsfreudig dasitzenden Zuschauer.Springt der berühmte Funke rasch ab Bühne rüber, sitzen die Pointen, sind sie inhaltsstark und originell genug, auf dass Staunen, anteilnehmende Aufmerksamkeit und Vergnügliches einsetzen? Linda Deubelbeiss und Raphael Oldani sind mit Musicals, Gesang und Tanz bestens vertraut, vielleicht weniger mit Textlichem, das pointenreich, witzig, nicht plump, sondern mit intelligentem Wortwitz daherkommt. Sie begeben sich auf einen Ferientrip, müssten aber beim Durchblättern der Ferienprospekte besser wissen, welche Destination zu welchem Land gehört. Es bleibt im noch trauten Heim Zeit, sich auf Gemeinsames, Versagen, äussere Schönheit, schlechte Erlebnisse, schnöde Aussagen zu besinnen. Die Unterhaltung plätschert zuweilen gar belanglos dahin. Als einzige Gemeinsamkeit kristallisiert sich die Tatsache heraus, dass man sich immerhin am gleichen Tag kennengelernt habe.Klasse blitzt bei Linda Deubelbeiss und Raphael Oldani dann auf, wenn Gesang und Tanz angesagt sind. Vor allem Oldani ist ungemein beweglich, kraftvoll, elegant und witzig, sei das nun als angefressener Torero, betörender Türke, rumballernder Cowboy, Schönling am Strand, Lästermaul, Fliegenvernichter, unerschrockener Urwaldgänger oder leicht schusseliger Tourist. Da lebt er sich bewegend, gekonnt aus. Linda Deubelbeiss möchte man mehr Spontaneität, Direktheit und Ausstrahlungskraft wünschen. So käme vieles ungekünstelter und direkter rüber.Witzige Momente sind dabei, beispielsweise wenn es ums Füllen der Beziehungskiste, das Zuordnen des literarischen Schaffens bei Dürrenmatt, die Hotellobby mit dem behandelnden Spezialisten (dummerweise scheint es ein Tierarzt zu sein), die Massage mit vernehmlich eingerosteten Gelenken, Eigenheiten ehemaliger Weggefährten, Turteleien, Karikieren sattsam bekannter Werbespots und anderes geht. Platz hat es auch für leichte Peinlichkeiten, Plattes – auch wenn viel Szenenapplaus das Geschehen begleitet. Die vielleicht doch mal zu wechselnden Slips, das Gefurze, die Erläuterungen über Distanzen zur Urinierschüssel, um doch noch treffsicher zu bleiben, genüssliches Rülpsen wirken allzu salopp, nicht eben notwendig, was den Unterhaltungswert betrifft. Und dass man irgendwo in der Pampa landet, ist bei der Form des Planens ebenso verständlich, wie das Ordern des Doppelzimmers nahe des «Playa del Urinal» im «Hotel Asoçial». Fotoshooting, Angst vor Haien, Sonnencremefragen, Erfolg einer Schönheitsoperation, Gesellschaftsspiel, Eingewöhnen nach der Rückkehr aus den Ferien, Wahl des zusagenden Fernsehprogramms, Raphael Oldanis bewegendes Helfen beim Entsorgen samt Küren zum Kaiser sind mannigfaltige Begegnungen im zweiten Programmteil, bedeuten auch das endgültige Verlassen der verblüffend zusammenklappbaren Sitzgelegenheit, die jeder Handorgel ganz ernsthaft Konkurrenz macht. Man verliess das Gemeindezentrum Schwanden mit einem Gemisch von Gefühlen, die Anerkennung, Staunen, Erinnerungen ans «Déjà-vu», Verblüffung , Sinn und Unsinn zum Inhalt hatten.