Ein inhaltsreiches musikalisches Opfer anlässlich der Musikwoche

Die Vielzahl der ungemein sorgsam vorbereiteten und angebotenen Begegnungen anlässlich der 82. Musikwoche Braunwald bringt es mit sich, dass nicht über alles adäquat berichtet werden kann. Eingeladen waren Interessierte am zweiten der sieben Tage zu fundierten Aussagen über das von Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) komponierte «Musikalische Opfer», BWV 1079 (Potsdam/Leipzig, 1747) und die anschliessende musikalische Aufführung.



Referent.
Referent.

Durchführungsort war die Dorfkirche Braunwald, ein schlichter, irgendwie heimeliger Raum, der sich gar gut für die Wiedergabe dieses ergreifenden Werks eignete. Es referierte Dominik Sackmann. Die wechselvolle, stark fordernde Interpretation mit barocken Instrumenten boten Maria Tecla Andreotti, Traversflöte; Mechthild Karkow, Barockvioline; Christophe Coin, Barockcello und Martin Zimmermann, Cembalo an.

Dominik Sackmann studierte zwischen 1980 – 1987 Musikwissenschaft, Kirchengeschichte und Latein in Basel und Bern. Er ist Organist in Birsfelden und seit 1992 Dozent für Musikgeschichte, Aufführungspraxis und Kammermusik an der Zürcher Hochschule der Künste und leitet den Forschungsschwerpunkt «Musikalische Interpretation» und ist unter anderem auch Verfasser verschiedener musikgeschichtlicher Berichte. Mit Bachs Instrumentalmusik setzt er sich intensiv auseinander.

Er wies darauf hin, dass die Entstehungsgeschichte des «Musikalischen Opfers» im 18. Jahrhundert ausserordentlich medienwirksam dargestellt wurde und dass dieses Werk als ergreifender, faszinierender Höhepunkt der Bachschen Kombinationskunst Gültigkeit hat. Es kommen Variationen über ein Thema in zwei Fugen, zehn Kanons und einer Triosonate vor. Dominik Sackmann zeigte auf, dass die Überlieferungen in verschiedenen Formaten erschienen seien. Das Spiel ist für die jeweilig Interpretierenden alles andere als einfach; habe man es doch – so der ungemein sachkundige, wortreich ausführende Referent – mit der Frage zu tun, welche Stimme welchem Kosmos des «Musikalischen Opfers» folge. Über die Entstehung sind Interessierte bestens informiert. Es kam zu einem packenden geschichtlichen Exkurs, der die Begegnung zwischen Bach und Friedrich dem Grossen betraf. Bachs Genialität fand nicht die erforderliche, würdige Beachtung. Die Begegnungen erfolgten zwischen dem herrschenden Friedrich und dem musikalischen Meister. Sie fallen zum Teil in die Zeit des ersten schlesischen Kriegs, in Schlachten preussischer Verbände. Militärische Belagerungen und Plünderungen, Willkür, Hunger, Elend, Verunglimpfendes waren schmerzhaft. Bach mahnt mit diesem Werk, die göttliche Ordnung zu akzeptieren.

Um 1747 entspannte sich die politische Lage. Bach war allein unterwegs. Friedrich wusste, dass er nach Berlin kommen wird. Sie trafen sich in wahrlich majestätischer Umgebung.

Bach sei damals, so der Referent, wie ein Tanzbär vorgeführt worden. Bach führte seine Kompositionskünste fort, löste anspruchsvollste Aufgaben auf kunstvolle und intelligente Art. Das war eine subtile Form von Rache an die Adresse Friedrichs des Grossen. Ob er sie wohl wahrgenommen hat? Bach polemisierte in musikalisch unnachahmlicher Form. Das Werk ist als Geschenk, als Verweilen in einer musikalischen Welt zu verstehen, die weit über dem zuweilen grobschlächtigen Gehabe am Königshof steht. Der Monarch war mit dem Gehalt dieses Werks überfordert

Die musikalische Interpretation barg zumeist grosse Ruhe, die mit den barocken Instrumenten zu tun hat. Laute, gebieterische, machtvolle Klangfolgen sind nicht gefragt. Es machen sich eine andächtige Festlichkeit und Verklärung breit. Schlichtheit und zugleich Eleganz klingen auf. Es wurde ungemein erfüllend, stimmungsstark interpretiert, mit riesigem Können und immenser gegenseitiger Abgestimmtheit. Dramatik, Jubel, hurtige Abfolgen, Frohmut, Sehnen und verinnerlichte Hinwendung zu ruhigem, erfüllendem musikalischem Reichtum kamen auf. Beschwingtes kam glänzenden Tupfern gleich – inmitten dieser weittragenden Aussagen, die Leid, Schmerz, Hoffnung, Ungeduld aber auch Resignation zum Inhalt haben.