Ein Kopfstand an der Maturafeier

74 Schülerinnen und Schüler bestanden die eidgenössische Maturität an der Kantonsschule Glarus. Die Feier vom Freitagabend barg auch Überraschungen.



Ein Kopfstand an der Maturafeier

Es war eine schöne Maturafeier in der vollen Aula mit viel Musik, guten Reden, einem Kopfstand und tosendem Applaus für die erfolgreichen Maturandinnen und Maturanden. 74 haben bestanden, für zwei hat es leider nicht gereicht.

«Gerüstet für die Zukunft»


Für die musikalischen Beiträge waren das Orchester Contrappunto der Glarner Musikschule und der Kantonsschule, Marina Bärtsch, Ladina Ender und Afra Hämmerli, Yordanos Woldehawariat und Vanessa Vallesi sowie das Schwerpunktfach Musik der 6. Klassen besorgt. Sie bekamen viel Applaus.

Auch die zwei Redner wurden heftig beklatscht. Rektor Peter Aebli hatte alle Maturandinnen und Maturanden selber unterrichtet. «Ich habe das gute Gefühl, dass Sie gerüstet sind für die Zukunft», sagte er bei der Begrüssung in der Aula. Dabei würdigte er speziell «die Besten der Besten»: Johanna Burger (75 Punkte, Notenschnitt von 5,77), Eliane Albert (72), Sonja Menzi (71), Andreas Horat (69), Janek Nawrocki (69), Carla Padovan (68,5) und Leonie Kümin (68). «Sie hatten trotz oft klaren beruflichen Zielen keine Mühe, sich für Fächer zu motivieren, die für sie keinen praktischen Nutzen zu bringen scheinen. Warum hat eine Maturandin, die Rechtswissenschaften studieren will, eine hervorragende Note in Biologie?», so der Rektor.

Die Maturandinnen und Maturanden hätten sich «extrem gut auf die akademische und berufliche Karriere fokussiert und die Matura als Etappe dahin auf sehr effiziente Weise geschafft». Manchmal hätte er sich allerdings «ein bisschen mehr jugendliche Unbeschwertheit» gewünscht.

Neue Blickwinkel nötig


Dr. Martin Vosseler, Arzt, Autor und Wanderer aus Elm, begann seine Ansprache auf dem Kopf. «Ich möchte damit ausdrücken: Unsere Zeit braucht neue Blickwinkel. Wir sind herausgefordert, alles auf neue Art zu betrachten, um den gewaltigen Wandel, in dem wir uns bewegen, zu meistern.»

Nicht nur wir Menschen als Einzelwesen seien auf einem Entwicklungsweg, sondern auch als Menschheit im Ganzen. Die Tiefen-Ökologin Joanna Macy beschreibe dies als Wechsel vom alten Paradigma zum neuen: Im alten Paradigma vergiften wir unsere Lebensgrundlagen, im neuen entwickeln sich ein neues Bewusstsein der Verantwortung, der Solidarität für alle, ein Respekt für unsere Lebensgrundlagen und eine Entwicklung weg von der Ausbeutung hin zur Hege und Bewahrung der Schöpfung. Unsere Aufgabe sei «Sterbebegleitung für das alte und Geburtshilfe für das neue Paradigma».

Das Referat von Martin Vosseler war auch eine Hommage an zwei Glarnerinnen: an seine Urgrossmutter Elsbeth Elmer, die den Bergsturz in Elm dank ihrer Intuition überlebt und «das Rechte zur rechten Zeit» getan hatte, sowie an deren Enkelin Maria Vosseler-Zwicky, seine Mutter. Diese hatte ihm kurz vor ihrem Tod ein Vermächtnis mit fünf Punkten mitgegeben, die er näher erläuterte: «1. Jede Tag d Bible lese. 2. Sich trü blybe. 3. Helfe, wo me bruucht wird. 4. Gsünd lebe. 5. Chänne guh luh.»

Mit der Geschichte von den 17 Kamelen ermunterte der Referent die Anwesenden zum Mut für neue Lösungsansätze, zur Erweiterung ihres Gesichtsfelds, zum Einbezug von anders denkenden Menschen, «die unsere Vorurteile bei der Problemlösung unter Umständen von vornherein ausgrenzen». Eindrücklich war seine Zusammenfassung: das Gebet «Unser Vater» in einer aus dem Aramäischen übersetzten Version.

Eine Rose zum Zeugnis


Dann kündigte Prorektor Niklaus Hauser die von den Maturandinnen und Maturanden mit Spannung erwartete Übergabe der Maturitätszeugnisse an: Regierungsrätin Christine Bickel übergab allen 74 Erfolgreichen einzeln das Zeugnis, von den Klassenlehrpersonen gab es eine gelbe Rose.

Abgeschlossen wurde die Feier mit einem Apéro in der Eingangshalle der Kantonsschule.