Ein Mittelpunkt – peripher im Glarnerland

Am letzten Samstag wandelten Hunderte von Besuchern durch das Areal der ehemaligen Spinnerei Linthal. Die offizielle Eröffnung vom LINTHPARK Glarus Süd bot die einmalige Möglichkeit, ein Blick hinter den spannenden Mix aus Dienstleistung, Gewerbe, Industrie und Kultur zu werfen. Ein ganz besonderes Highlight dabei war sicher die grossräumige Ausstellung «L’Art Linthal».



... ... Landesstatthalterin Marianne Dürst
... ... Landesstatthalterin Marianne Dürst

Der LINTHPARK Glarus Süd lud am letzten Samstag mit einem Tag der offenen Tür zur offiziellen Eröffnung. Hunderte Gäste kamen und wandelten durch das Areal der Spinnerei Linthal. Da, wo früher in der Blütezeit der Textilindustrie Stoffe für die ganze Welt produziert wurden, befindet sich nun ein ganz spezieller Mix aus Dienstleistung, Gewerbe, Industrie und Kultur.

Von der Brache zum florierenden Zentrum

Seit der Schliessung der ehemaligen Spinnerei Linthal im Jahr 2007 haben Hans-Peter Keller und sein Partner Jan Niggeler an der Neu- und Umnutzung der Industrieanlagen im südlichsten Glarnerland gearbeitet. Das Hauptargument für diesen Entscheid bildete sicher die rasanten strukturellen Veränderungen in der Textilindustrie, die eine sinnvolle Fortführung des Betriebs verunmöglichte. Die Maschinen wurden deshalb nach Brasilien verkauft, wo die Anlage heute über 200 Personen Arbeit gibt. In Linthal bricht nun nach fünf intensiven Jahren die Zukunft an. Auf dem neu genutzten Areal befinden sich zum Beispiel das Suworow-Museum, ein komplett erneuertes Wasserkraftwerk und ein modernes Gesundheitszentrum, das von einem medizinischen Netzwerk betrieben wird. «Der LINTHPARK soll ein Mittelpunkt – peripher im Glarnerland werden», dies die Aussage von Hans-Peter Keller anlässlich der Eröffnungsfeier. Ausschlaggebend und Grundlage für die Übernahme waren dabei zahlreiche Faktoren. «Die gute Gebäudesubstanz, die Lage direkt am öV-Anschluss, die Nähe zum Tourismus-Ort Braunwald und die Möglichkeit, die vorhandene Wasserkraft stärker zu nutzen, gaben uns die Richtung vor.»

Das pulsierende Herz


Seit gut einem halben Jahr drehen sich die Räder der neuen Turbine des Linthwerks und sind schon auf der gewünschten Leistung von mehr als 1500 Kilowatt angelangt. Das Schmelzwasser und die häufigen Niederschläge geben der Maschine einiges zu tun. Das Kleinkraftwerk wird so rund 7,8 Gigawatt Strom ins Netz liefern können. Diese Energie reicht aus, um gegen 2500 Haushalte mit sauberem Strom zu versorgen. Dazu kommen die Solarpanels auf dem Dach, die zusätzlich zirka 11 000 kW Strom im Jahr produzieren. Saubere erneuerbare Energie, welche dazu den schönen Nebeneffekt hat, auch eine finanzielle Sicherheit für weitere Projekte zu bieten. «Auch dank der kostendeckenden Einspeisevergütung haben wir auf Jahre hinaus ein solides Einkommen, das uns in anderen Bereichen weitere Investitionen ermöglicht.»

Neues Gesundheitszentrum

Mit den Linthpraxen entstand im südlichsten Teil eine Neuheit für das Glarnerland. Im neuen Gesundheitszentrum arbeiten zwei Ärzte und zwei Zahnärzte unter einem Dach, die erfolgreich zusammenarbeiten und sich gegenseitig austauschen. Der Vorteil für die Patienten: Es ist alles an einem Ort. Zur ärztlichen Grundversorgung kommen die Homöopathie, die Physio- und Sportphysiotherapie, die Massage und die Ernährungstherapie sowie die Feldenkrais-Therapie. Auch die zahnärztliche Versorgung konnte mit einer kieferorthopädischen Praxis ausgebaut werden. Heute arbeiten bereits 18 Personen mit unterschiedlichen Pensen in den Linthpraxen, dazu kommen noch drei Auszubildende.

Langjährige Nachbarn

Breits kurz nach der Schliessung der Textilproduktion zog neues Leben in die Gebäude der Spinnerei Linthal ein. Zu den ersten gehören dabei die Fridli Holz AG und Bernegger Elektro AG. «Für uns war sofort klar, dass dies ein idealer Standort sein könnte», erinnert sich Oskar Müller, der Geschäftsführer des Zimmereiunternehmens. Auf der einen Seite benötigte die vorher in Rüti beheimatete Firma zusätzliches Lagervolumen, und auf der anderen Seite wollte sie Arbeitsplätze in Linthal erhalten, aber auch zusätzliche schaffen. Bei den neuen Besitzern der Spinnerei Linthal sei man dabei sofort auf offene Ohren gestossen. «Wir spürten, das nicht der schnelle grosse Profit im Vordergrund stand. Und im Laufe der vergangenen Jahre sind wir richtige Nachbarn geworden.»
Mit dem alten Baumwolllager wurde schnell die ideale Immobilie gefunden. Wo früher die Rohstoffe für die Textilproduktion gelagert wurden, türmen sich nun Holzstämme und -bretter. Hier werden aber auch die Elemente für den Wohnungsbau vorproduziert und die Büros haben hier ihren optimalen Platz gefunden.

Ebenfalls seit rund fünf Jahren ist Bernegger Elektro AG in der Spinnerei Linthal engagiert. «Zuerst waren wir lediglich als Haustechniker beschäftigt, daraus hat sich dann mit der Zeit eine lokale Filiale entwickelt», erzählt Rolf Kohler. «Jetzt richten wir gerade unsere neue Werkstatt mit Magazin im LINTHPARK ein.» Die acht Mitarbeiter der Filiale in Linthal werden von Kohler seit mehreren Jahren als leistungsfähiges Team geführt. «Von Beginn an haben wir gespürt, dass die neuen Besitzer der Spinnerei mit vollem Herzen hinter den Projekten im LINTHPARK stehen.» Er ist sich sicher, dass sich daraus für Linthal ein neues und wichtiges Zentrum entwickeln kann.

«Grosse» Kunst in der Farbrik

Ein ganz spezieller Farbtupfer in der breiten Palette im LINTHPARK Glarus Süd ist sicher «L’Art Linthal». Die weiträumige Kunstausstellung präsentiert zahlreiche vor allem grossformatige Werke der Schweizer Künstlerin Tatjana Tiziana. Tizianas Surrealer Barock beinhaltet Elemente des Barock, bringt feste Materie in Bewegung. Betrachter werden dabei verführt, Statik – Bewegung, Vergangenheit – Zukunft und andere Dualitäten als Einheit zu erfahren. Gerade die Wechselwirkung zwischen den teilweise filigranen Bildern in der Umgebung der ehemaligen Textilfabrik sorgt für eine einmalige Atmosphäre.

Blick in die Zukunft

Die zahlreichen Besucher konnten sich am letzten Samstag ein gutes Bild davon machen, das sich in den letzten Jahren viel in der alten Spinnerei getan hat. Aber es hat noch viel zusätzlichen Platz im Areal des LINTHPARKS Glarus Süd. Gespräche und Projekte sind dabei aktuell am LArtikelaufen, verriet Hans-Peter Keller. «Wir arbeiten an weiteren Um- und Neunutzungsprojekten. Unter dem Namen «Vitao-Residenz Linthpark» Glarus Süd studieren wir mit bedeutenden Immobilienunternehmungen ein neues Grossprojekt.» Wie die Linth, die schon seit über 200 Jahren der Motor für die Spinnerei Linthal bildet, scheint auch der LINTHPARK Glarus Süd in ständiger Bewegung zu sein.