Sie war eine unverbildete Tochter aus einem Glarner Haus, Violinistin, evangelisch, mit einem reinen, schwärmerischen Herz ausgestattet. Er war Vollwaise, Katholik, abgebrochener Uhrmacher, Kellner und Gymnasiast, Offizier und einer jener Schriftsteller, den die Schweiz noch zu entdecken hat – obwohl er schon 39 Jahre tot ist. Zwanzig Jahre lang liebten sie sich, gingen zwischen den beiden Weltkriegen durch Krisen und heirateten endlich, endlich – als seine Tante gestorben war. Dreissig Jahre führten sie eine glückliche Ehe, bevor sie 1969 starb und er ihr – zwei Jahre später – folgte.
Schon die Biografie tönt, als wäre sie aus einem anderen Jahrhundert. Viel schöner noch, kämpferischer und gescheiter tönen ihre Liebesbriefe. Sie sind der Raum, den sich das Paar geschaffen hat, die Bettstatt und der Schreibtisch, die schmerzhaften Trennungen und die kurzen gemeinsamen Höhenflüge. Sie sind eine Schule dafür, dass man – selbst in der doch so pragmatischen Schweiz – auf sein Herz hören kann, ihm folgen kann über Hügel und durch Täler. Fast mystisch tönt der Titel der Briefe «Alles in mir heisst Du», wo das Du gross geschrieben wird und das Ich verschwindet.
Die Lesung in der Landesbibliothek mit den beiden Profis Prisca Anderhub und Bodo Krumwiede verspricht einen Genuss fürs Herz und für die Sinne, die Einführung durch Dr. Daniel Annen neue Einblicke in den «alten» Inglin, von dem alle reden, den aber kaum noch einer kennt.
((Informationsbox)) Szenische Lesung «Alles in mir heisst: Du!» Mit Prisca Anderhub und Bodo Krumwiede. Landesbibliothek Glarus, Fr, 18. Juni 2010, 20 Uhr, Türöffnung: 19.30 Uhr. Eintritt: CHF 20.00, Mitglieder und Jugendliche: CHF 15.00 mit anschliessendem Apéro.
