Einführung von E-Voting für alle Stimmberechtigten

Der Regierungsrat beantragt dem Landrat der Einführung des elektronischen Stimmkanals für alle Stimmberechtigten zuzustimmen.



Einführung von E-Voting für alle Stimmberechtigten.
Einführung von E-Voting für alle Stimmberechtigten.

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben an der Landsgemeinde mit ihrem Ja zum neuen Gesetz über die politischen Rechte die rechtliche Grundlage für die Einführung von E-Voting für alle Stimmberechtigten geschaffen. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass der Landrat über die definitive Einführung zu befinden hat. Diesem wird nun ein entsprechender Beschluss unterbreitet. Die Einführung von E-Voting für alle steht bereits seit Längerem auf der Agenda des Regierungsrates und ist auch Teil der Legislaturplanung 2014–2018.

Nutzen von E-Voting

Der elektronische Stimmkanal ermöglicht die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen via Internet. Er ergänzt die bestehenden, konventionellen Stimmkanäle (persönliche und briefliche Stimmabgabe). E-Voting bietet diverse Vorteile:

Verhinderung ungültiger Stimmabgaben: Der elektronische Stimmkanal verunmöglicht grundsätzlich die ungültige Stimmabgabe. Bei komplexen Proporzwahlen verhindert das System Fehler. Im Kanton Glarus ist bei Majorzwahlen aufgrund des Verzichts auf ein Anmeldeverfahren allerdings ein Vorbehalt anzubringen.

Schnellere Ermittlung der Resultate eines Urnengangs / geringerer Aufwand für die Wahlbüros: Wird die Stimme elektronisch abgegeben, entfällt deren manuelle Auszählung. Die elektronische Urne kann per Knopfdruck entschlüsselt und ausgezählt werden. Für die Wahlbüros bedeutet dies eine deutliche Beschleunigung des Auszählverfahrens. Je mehr Stimmen elektronisch abgegeben werden, desto kleiner ist zudem der Personalbedarf der Wahlbüros. Der elektronische Stimmkanal hilft insofern dabei, Personalkosten zu reduzieren.

Verifizierbarkeit der Stimme: Anders als bei der brieflichen Stimmabgabe kann der Stimmende seine eigene Stimmabgabe zurückverfolgen. Prüforgane können feststellen, ob die Stimmen so gezählt worden sind, wie sie abgegeben wurden.

Verspätet eingehende Stimmen werden verhindert: Der Stimmende kann seine Stimme ab Zustellung des Stimmmaterials bis zur Schliessung der elektronischen Urne zeitlich unmittelbar abgeben. Er muss die Urnenöffnungszeiten der Stimmlokale nicht berücksichtigen. Im Gegensatz zur brieflichen Stimmabgabe muss er keine Zeit für den Rückversand der Stimmunterlagen an das Wahlbüro einberechnen. Verspätungen aufgrund einer zu späten Postaufgabe sind ausgeschlossen. Dies ist insbesondere für Auslandschweizer Stimmberechtigte, die unter Umständen nicht auf einen zuverlässigen Postdienst zählen können, von grosser Bedeutung. Der elektronische Stimmkanal wird denn auch von der Auslandschweizer-Organisation mit Nachdruck gefordert.

Erleichterung für Menschen mit Behinderung: Die Barrierefreiheit ist bei den im Einsatz stehenden Systemen gegeben. Der elektronische Stimmkanal ermöglicht es Menschen mit (Seh-) Behinderung, ihre politischen Rechte ohne fremde Hilfe und damit unter Wahrung des Stimmgeheimnisses auszuüben. Das Instrument der Wahlhilfe wird obsolet.

Reduktion der Portokosten: Die Mehrheit der Stimmen wird heute brieflich abgegeben. Da das Rückantwortcouvert durch die Gemeinde vorfrankiert ist, löst jede Antwortsendung Portokosten aus. Wird eine Stimme elektronisch abgegeben, entfallen diese Kosten. Langfristig können diese Einsparungen erhöht werden, wenn gänzlich auf den Versand des Stimmmaterials verzichtet werden kann.

Bequeme und ortsungebundene Stimmabgabe: E-Voting erlaubt es den Stimmberechtigten, ihre Stimme unabhängig vom Aufenthaltsort auf dem von ihnen bevorzugten Gerät (Smartphone, Tablet, PC) abzugeben.

Möglichkeit der Auswertung soziodemografischer Daten: Die Auswertung von sozio­demografischen Daten der Stimmenden (z. B. Alter) ist mit dem elektronischen Stimmkanal einfacher möglich. Solche Daten werden durch die Forschung vermehrt nachgefragt (etwa in Zusammenhang mit dem Stimmrechtsalter 16).

Der elektronische Stimmkanal entspricht einem Bedürfnis der Stimmberechtigten, insbesondere jener mit Wohnsitz im Ausland. Die von der Bundeskanzlei erhobenen Zahlen zeigen, dass in den E-Voting-Kantonen regelmässig rund 60 Prozent jener Stimmenden, welche für den elektronischen Stimmkanal zugelassen sind, diesen auch nutzen. Im Kanton Genf favorisieren die zugelassenen Inlandschweizer Stimmberechtigten den elektronischen Stimmkanal gegenüber der brieflichen Stimmabgabe deutlich. Eine Studie zeigt zudem auf, dass mehr als zwei Drittel der Stimmberechtigten die Einführung von E-Voting befürworten – unabhängig von ihrem Alter und trotz gewisser Sicherheitsbedenken. Bisher nicht bestätigt wurde die intuitiv vermutete Wirkung, die Einführung von E-Voting erhöhe direkt die Stimmbeteiligung. Vielmehr zeigt sich, dass es eine Verschiebung von den herkömmlichen Stimmkanälen zum elektronischen Stimmkanal gibt. Mittelfristig dürfte E-Voting ein Mittel sein, die Stimmbeteiligung aber immerhin auf dem gleichen Niveau zu halten.

Zum Projekt

Der Regierungsrat sieht vor, den elektronischen Stimmkanal spätestens anlässlich der National- und Ständeratswahlen 2019 allen Stimmberechtigten zur Verfügung zu stellen. Es sind bei kantonalen oder nationalen Urnengängen keine Einschränkungen in örtlicher, zeitlicher oder persönlicher Hinsicht, wie sie das Gesetz ermöglichen würde, vorgesehen. Insbesondere ist keine nach Gemeinden gestaffelte Einführung geplant. Dieses Vorgehen wird nicht zuletzt aus Kostenüberlegungen angestrebt. Aufgrund der anfallenden Fixkosten gilt: Je mehr Personen E-Voting nutzen können, desto tiefer sind die relativen Kosten pro Stimmberechtigter.

Um den ambitionierten Zeitplan einhalten zu können, ist sobald als möglich die Beschaffung des E-Voting-Systems auszuschreiben. Es wird ein Systementscheid durch den Regierungsrat im ersten Quartal 2018 angestrebt. Im Anschluss erfolgt das Integrationsprojekt. Dieses beinhaltet unter anderem die Installation der technischen Komponenten, die Definition von Prozessen sowie Tests, Kontrollen und Zertifizierungen. Ausserdem ist der Bund um die Erteilung einer Grundbewilligung zu ersuchen. Dafür ist ein umfangreiches Bewilligungsverfahren vorgesehen.

Sicherheit und Transparenz

Die Anforderungen an eine freie und faire Wahl/Abstimmung müssen auch unter Einsatz des elektronischen Stimmkanals erfüllt sein. Referenzpunkt bildet die briefliche Stimmabgabe. Die E-Voting-Systeme sowie die Prozesse in den Kantonen und bei den weiteren Beteiligten sind technisch und organisatorisch entsprechend auszugestalten. Der Bund definiert die Anforderungen im Detail und überprüft deren Einhaltung im Rahmen eines aufwendigen mehrstufigen Zulassungs- und Bewilligungsverfahrens. Ausserdem müssen die Systeme von einer unabhängigen und von der Schweizerischen Akkreditierungsstelle anerkannten Institution auditiert und zertifiziert werden.

Im Zentrum der Bestrebungen, möglichst hohe Sicherheit zu bieten, steht das Konzept der sogenannten Verifizierbarkeit. Sie ermöglicht es, systematische Manipulationen unter Wahrung des Stimmgeheimnisses mit genügend grosser Wahrscheinlichkeit rechtzeitig festzustellen. Zu unterscheiden ist die individuelle und die universelle Verifizierbarkeit. Dank der individuellen Verifizierbarkeit können die Stimmenden dank persönlicher Codes feststellen, ob ihre Stimme korrekt durch das System registriert wurde. Dadurch können sie ausschliessen, dass ihre Stimme auf der verwendeten Plattform oder im Internet missbräuchlich verändert wurde. Die universelle Verifizierbarkeit bietet zusätzlich den Nachweis der korrekten Speicherung der Stimmen sowie der korrekten Ermittlung. Erfüllt ein System erweiterte Anforderungen an die individuelle Verifizierbarkeit sowie die Anforderungen an die universelle Verifizierbarkeit, so ist die sogenannte vollständige Verifizierbarkeit gegeben. Sie gewährleistet im Ergebnis, dass systematische Fehlfunktionen im gesamten Wahl- und Abstimmungsablauf aufgrund von Softwarefehlern, menschlichen Fehlleistungen oder Manipulationsversuchen mit unabhängigen Mitteln erkannt werden. Zum Schutz des Stimmgeheimnisses ist sichergestellt, dass die Stimmen vom Zeitpunkt der Abgabe bis zur Entschlüsselung der kryptografisch gemischten Stimmen zu keinem Zeitpunkt in unver­schlüsselter Form vorliegen (End-to-end-Verschlüsselung). Um den scheinbaren Widerspruch zwischen der Nachvollziehbarkeit und der Wahrung des Stimmgeheimnisses aufzulösen, müssen kryptografische Verfahren zum Einsatz kommen, die speziell für die elektronische Stimmabgabe konzipiert werden. Ein System, das über die vollständige Verifizierbarkeit verfügt und auch die weiteren Sicherheitsstandards gänzlich umsetzt, erlaubt es, den elektronischen Stimmkanal wie vorgesehen dem gesamten kantonalen Elektorat zu öffnen.

Um die elektronische Stimmabgabe anlässlich der Nationalratswahlen 2019 sämtlichen Stimmberechtigten ermöglichen zu können, muss also grundsätzlich ein vollständig verifizierbares und zertifiziertes System verwendet werden. Die beiden derzeit auf dem Schweizer Markt tätigen Dienstleister wollen ab 2019 solche Systeme anbieten. Allerdings wird der Kanton Glarus aufgrund des fehlenden Anmeldeverfahrens bei Wahlen auf eine Ausnahmebewilligung des Bundesrates angewiesen sein. Ohne Anmeldeverfahren lässt sich die individuelle Verifizierbarkeit nicht vollumfänglich sicherstellen. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung hängt von der Umsetzung geeigneter Massnahmen ab (etwa Durchführung freiwilliges Anmeldeverfahren).

Neben der selbstverständlichen Erfüllung der Sicherheitsanforderungen ist es dem Regierungsrat ein Anliegen, Transparenz zu schaffen. Er unterstützt deshalb die Entscheidung des Bundesrates, die Offenlegung des sogenannten Quellcodes sowie die Durchführung eines öffentlichen Intrusionstests vorzuschreiben. Ausserdem ist vorgesehen, dass die relevanten Prozessschritte vor, während und nach einem E-Voting-Urnengang jederzeit durch eine unabhängige kantonale Instanz (etwa eine Wahlkommission, Parteien usw.) mitverfolgt und kontrolliert werden können. Sicherheit und Transparenz haben für den Regierungsrat somit höchste Priorität.

Kosten


Die Einführung von E-Voting löst Initialkosten von rund 60 000 Franken aus. Für den Betrieb des E-Voting-Systems ist mit jährlich wiederkehrenden Kosten von rund 130 000 Franken zu rechnen (bestehend aus fixen und variablen Kosten pro Urnengang). Für den Druck und das Verpacken ist gegenüber heute mit Mehrkosten pro Urnengang im vierstelligen Bereich zu rechnen. Ausserdem fallen Kosten für Zertifizierungen an. Diese lassen sich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht zuverlässig schätzen.

Diesen Kosten stehen Einsparungen bei den Porti sowie beim Personal der Wahlbüros gegenüber. Deren Höhe hängt wesentlich von der Nutzung des elektronischen Stimmkanals ab. Sie fallen in erster Linie bei den Gemeinden an. Das gesamte Einsparpotenzial wird erst mit der vollständig papierlosen Stimmabgabe genutzt werden können.

Der vorgeschlagene Kostenteiler zwischen Kanton und Gemeinden sieht vor, dass der Kanton die Initialkosten, die jährlichen Fixkosten sowie die variablen Kosten für Urnengänge mit nationalen und kantonalen Vorlagen trägt. Betrifft ein Urnengang ausschliesslich Gemeindeangelegenheiten, so hat die betroffene Gemeinde die variablen Kosten dafür zu tragen. Ausserdem sollen die Gemeinden wie bisher für den Druck des Stimmrechtsausweises sowie die Verpackung und den Versand des Stimmmaterials aufkommen.