Einstehen für unsere Wertvorstellungen

Die traditionelle Rede im Schneisigen während der Näfelser Fahrt hielt in diesem Jahr Landesstatthalter Andrea Bettiga. Im Folgenden seine Worte:



Einstehen für unsere Wertvorstellungen

Zur traditionellen Fahrtsfeier begrüsse ich Sie ganz herzlich!

Ja, es ist ein feierlicher, würdevoller Moment, den wir heute gemeinsam miteinander erleben dürfen. Auch wenn der Ursprung des heutigen Anlasses mit Tod und Schrecken verbunden ist.

Die Geschichte erzählt uns, dass sich vor über 600 Jahren, am 9. April 1388, der damalige Feind vor den Toren des Glarnerlandes versammelte. Ein mächtiger Gegner – rund 600 Mann zu Pferd und 6000 Mann zu Fuss. Auf Glarner Seite standen diesem grossen Österreichischen Heer zuerst nur 200 Glarner entgegen. Erst durch Sturmgeläut sind weitere Mannen dazugestossen. Am Schluss waren es zwischen 600 und 700 Freiheitskämpfer, die sich einer riesigen feindlichen Übermacht stellten – eine fast ausweglose Situation!

Und trotzdem: Bei schlechtesten Witterungsverhältnissen, bei Regen- und Schneetreiben, gelang den tapferen Kriegern der Sieg über die 10-fache Übermacht und sie erkämpften mit diesem unbändigen Kraftakt die Freiheit des Kantons. Mit Gottevertrauen und bedingungslosem Einsatz konnten die eigenen Wertvorstellungen verteidigt werden.

Verlassen wir nun die Vergangenheit – ohne jemals den Dank für den Mut und das Herzblut unserer Vorfahren zu vergessen!

«Engagement für die Gemeinschaft» und «Eigenverantwortung»: Dies habe ich in meinen früheren Fahrtsreden thematisiert. Zu diesen Werten stehe ich auch heute. Ja, Werte sind gerade in unserer Zeit so unermesslich wichtig!

In unserer digitalisierten Zeit, in der wir den Preis einer Sache jederzeit wissen, aber den Wert vielfach nicht erkennen.

Darum ist die Fahrt so ein wertvoller, wunderbarer Moment in unserer schnelllebigen Gesellschaft. Es ist eine ideale Gelegenheit, um dem hektischen, verrückten Alltag zu entfliehen und Kraft zu tanken.

Der Fortschritt ist heute nicht aufzuhalten. Man stelle sich das vor: Unser gesamtes Wissen verdoppelt sich alle zwei Jahre.

Das Natel B war bei seiner Einführung 1983 eine Revolution – zwar 12 kg schwer, aber es bot erstmals die Möglichkeit, sich frei bewegend zu telefonieren. Heute ist das Mobile 70 Gramm leicht sowie Telefon, Computer, Fernseher, Musikbox usw. in einem.

Bis in 10 Jahren wird es den ersten Computer für 1000 Dollar mit der Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns geben, bis in 30 Jahren einen mit der Leistungsfähigkeit der ganzen Menschheit!

Ein Roboterarm, der in einem Produktionsbetrieb einen Arbeiter ersetzen kann, kostet nur noch rund 32 000 Dollar und leistet seine Arbeit 24 Stunden und 7 Tage lang. Es scheint, als wollen wir uns wegrationalisieren.

Ja, der Fortschritt kann einem fast Angst machen! Und trotz des ungeheuren Wissens, das tagtäglich geschaffen wird, sind wir immer wieder von der Sinnlosigkeit des menschlichen Handelns schockiert, erreichen uns Terrormeldungen aus aller Welt.

Zudem erleben wir tagtäglich eine wahre «Informationsexplosion», werden von Mitteilungen regelrecht überflutet. Facebook ist mit 1,6 Milliarden Menschen quasi das grösste Land der Erde. Jeder und jede verbreitet Bilder und Nachrichten und zwar auch an unzählige Leute, mit denen sie nur oberflächlich Kontakt haben.

Vielleicht sollten wir einfach mal ein paar Stufen zurückschalten und uns wieder bewusst werden, was wirklich zählt. Es geht nicht darum, wie viele Facebook-Freundschaften, Posts und Likes wir verbuchen können. Es kann auch nicht sein, dass man sich darüber definiert, wie viele äusserst wichtige E-Mails man täglich dringend beantworten muss. Das neuste iPhone sollte genauso wenig über die Beliebtheit eines Menschen entscheiden wie sonstige Trends, die man eben gerade besitzt oder denen man nachlebt, um in zu sein.

Ständig hetzen wir von einer Anschaffung zur nächsten und es jagt ein Erfolg den anderen. Selten sind wir einfach mal zufrieden mit dem, was wir gerade haben: Schönes Wetter, ein gemütlicher Abend, interessante Begegnungen.

Vielleicht ist die Näfelser Fahrt gerade darum nicht einfach eine Erinnerung an die Schlacht von Näfels, sondern auch ein Ort der Begegnung. Sie ist gleichzeitig ein Moment der Besinnung und des Dankes, des Vertrauens und der Hoffnung, aber auch der Anerkennung für den Mut unserer Vorfahren.

Im Jahre 2015 sind 1 Million Asylsuchende nach Europa gekommen und der Strom reisst nicht ab. Wir sind konfrontiert mit ganz verschiedenen Kulturen und Weltbildern. Dem können wir uns nicht entziehen. Das soll uns aber nicht verängstigen, denn das Fremde kann vielleicht sogar eine Bereicherung sein.

Trotzdem gibt es im Kanton Glarus und in der Schweiz eine klare Werte- und Gesellschaftsordnung. Und die soll, mehr noch muss, uneingeschränkt respektiert werden!

Kämpfen wir für unsere Ziele und unsere Werte, nicht mit Waffen, aber mit unserer Einstellung – nicht verbissen und feindlich, sondern mit Respekt und Bestimmtheit.


Stehen wir ein für unsere Wertvorstellungen mit dem Mut unserer Vorfahren, mit dem Stolz der Glarnerinnen und Glarner.

Kein Ort kann dafür symbolträchtiger sein als hier in Schneisingen. In diesem Sinne bitte ich für Land und Volk um den Machtschutz Gottes.