Entwicklung Kartoni-Areal Ennetbühls – Ein Nukleus kommt

Am vergangenen Samstag, 22. August, präsentierte Areal-Entwickler Robert Sutter von Sutter Projects aus Baar zusammen mit Jürg Wickihalder von der Musikschule, Leopold Ramhapp von der Chliibüni Glärnisch und der Ennetbühlerin Fabia Hadorn von der Freizeitwerkstatt die Ideen, welche den Kultur-Nukleus des ESP Bahnhof Glarus/Ennetbühls dereinst beleben könnten. Ein faszinierendes Projekt, das Hände und Füsse bekommt.



Fabia Hadorn und Kaspar Marti
Fabia Hadorn und Kaspar Marti

Das Wichtigste gleich zu Beginn: Die Areal-Entwicklung des Kartoni-Areals ist nach wie vor in der Phase der Bedürfnisabklärung. Nach der öffentlichen Präsentation der Ideen im GH Ennenda stehen weitere drei Workshops an, wo sich die Bevölkerung zum geplanten Kulturzentrum einbringen kann – am 23. Oktober findet ein Workshop zu «Kultur und Tourismus», am 13. November einer zu «Gemeinsame Lernorte» und schliesslich am 14. November einer zu «Musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen» statt. Denn es soll in Ennetbühls, gleich beim Bahnhof Glarus, etwas entstehen, was die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt und was gleichzeitig weit über die Grenzen des Kantons Glarus hinausstrahlt. Denn – so Dr. Valentin Gloor, Direktor Departement Musik der Hochschule Luzern – «das Beleben des Areals ist der wesentliche Teil des Prozesses.» Die Ideen dafür müssten gemeinsam entwickelt werden. Kultur brauche heute flexible Infrastrukturen. Gerade sei sein Departement, welches früher in Luzern an vier verschiedenen Standorten war, dabei, den neuen Kulturraum zu beziehen. «Glarus hat dieselbe Chance», so Gloor. Zentral sei dabei die kulturelle Teilhabe: «Die Bevölkerung soll an der Kultur teilhaben – sie soll sie nicht nur konsumieren, sondern auch Kultur machen – und die Kultur soll auch an der Bevölkerung teilhaben, sonst verliert sie die Bodenhaftung.» Dann dürfe man auch die Gäste nicht vergessen, die in Glarus etwas erleben wollen, dazu gehöre neben der Natur auch die Kultur. «Das Projekt», so Gloor, «könnte ein leuchtendes Vorbild für viele Musikschulen in der Schweiz werden.»

Nukleus?

Doch was ist ein Nukleus, wie er hier geplant werden soll? Eigentlich ist damit ein Kern gemeint, etwas, worum sich eine Frucht bilden kann. Kaspar Marti von Glarus Service präsentierte die Kultur rund um den Bahnhof Glarus als eine Kulturmeile. Dazu gehören, so Marti, das Naturzentrum im Bahnhof ebenso wie der Güterschuppen, der noch zwischengenutzt wird, der Volksgarten, wo immer wieder Events stattfinden, das Kunsthaus, welches über ein neues Schaudepot verfüge, dann der Hänggiturm Ennenda mit dem Anna-Göldi-Museum. In diesen Kreis passe sich das im Kartoni-Areal geplante Kulturzentrum mit Musik, Theater und Ateliers ein. Gemeindepräsident Christian Marti stellte Robert Sutter als das Herz hinter der Kartoni-Entwicklung vor. Glarus befinde sich – nachdem man Rechtssicherheit dank dem Abschluss der Stadtplanung habe – im Aufbruch. «Während sich Ennenda und Glarus früher an der Linth eher den Rücken zukehrten, sind hier durch die Fusion Entwicklungsmöglichkeiten entstanden.» Marti begrüsste das private Engagement Sutters. Robert Sutter verwies auf den Masterplan, den man zusammen mit der Gemeinde bereits gemacht hat und der in der Nutzung Arbeiten und Wohnen eben Freiräume für ein Hotel, für verschiedene Wohnformen, für Musik und Kultur und fürs Gewerbe vorsieht. «Es geht nicht darum, eine oder zwei Parzellen zu entwickeln, sondern ein ganzes Quartier. Die Linth, die vorher trennte, ist jetzt das verbindende Element.» Er wolle, so Sutter, das Drehbuch für diese lokale Geschichte mit den Glarnern entwickeln. Einen Nukleus, wo verschiedene Lebens- und Kulturmodelle Räume finden. Dazu gehören neben 150 bis 160 Wohnungen und 3000 Quadratmetern gewerblicher Nutzung auch die Ideen für ein Hotel, für ein Kulturlokal und eben für Ateliers und für Bühnen, wo die Musikschule und die Theatervereine proben und spielen können. «Kultur ist das Rückgrat der Gesellschaft», so Sutter. Jetzt sollen ein Richtprojekt und danach ein Überbauungsplan entwickelt werden. «Ziel ist ein Baugesuch 2021, die Erstellung könnte dann irgendwann 2024 bis 2026 geschehen.»

Vielfalt und Qualität

Für Fritz Rigendinger, Hauptabteilungsleiter Kultur im Departement Bildung und Kultur, sind die Freiwilligen und Ehrenamtlichen, welche viele der privaten Kulturhäuser im Kanton Glarus führen, wichtig für das kulturelle Leben im Kanton. Die Musikschule – welche ein Verein ist – ebenso wie das Anna-Göldi-Museum, das Kunsthaus, der Freulerpalast. Obwohl privat, seien sie professionell geführt. Für den Kanton liege der Schwerpunkt in der Unterstützung der Freiwilligenarbeit und in der Förderung der Kreativität und der kulturellen Teilnahme. Dazu gehöre der niederschwellige Zugang zu Kulturangeboten, die Kunst- und Kulturvermittlung und die Nachwuchsförderung. «Doch dieses freiwillige Kulturengagement braucht permanente Infrastrukturen, die von der öffentlichen Hand mitgetragen sind.» Das Konzept zeige Handlungsspielraum für Kulturpolitik. Mit einem guten Projekt lässt sich die Standortattraktivität der Gemeinde Glarus und des Kantons steigern. Danach skizzierten auch Leopold Ramhapp, Jürg Wickihalder und Fabia Hadorn ihre Ideen. Für Ramhapp fehlen im Kanton Glarus passende Theaterinfrastrukturen – also konkret eine Bühne mit professioneller Technik. «Wir zügeln von Halle zu Halle, aber im Kartoni-Areal gibt’s eine Möglichkeit.» Für Jürg Wickihalder ist die Musikschule, welche das 50-Jahr-Jubiläum feiert, ein Hotspot geworden, wo eben auch spartenübergreifende Aufführungen – etwa Broadway-Musicals oder Zirkusaufführungen mit Zirkusmusik oder Tanzaufführungen mit Musik – stattfinden könnten. Dafür brauche die Schule Ateliers und Bühnen. Fabia Hadorn sieht, dass dabei Kunsthandwerk, Kreativität und Freizeitwerkstatt ihren Beitrag leisten könnten. Leopold Ramhapp verglich den Ort mit dem Theater am Kirchplatz in Schaan, welches zu 85 Prozent ausgelastet sei. Wickihalder zeigte sich erfreut, dass man mit der Hochschule Luzern jetzt einen Partner mit Expertise hat, mit dem man auch wissenschaftlich an die Entwicklung dieser Kulturideen herangehen kann.