«Es ist nicht alles verloren; auch eine Chance fürs Glarnerland»

Die bundesrätlichen Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus betreffen insbesondere auch die Gastronomie und die Tourismusdestinationen. Wie die Stimmung im Glarnerland aussieht, verrät Fridolin Hösli, Geschäftsführer VISIT Glarnerland.



Interview mit Fridolin Hösli, Geschäftsführer VISIT Glarnerland (Archivbild: e.huber)
Interview mit Fridolin Hösli, Geschäftsführer VISIT Glarnerland (Archivbild: e.huber)

glarus24.ch: Der Sommer steht vor der Tür, aber der Bundesrat hält an seinen Massnahmen betreffend Abstand und Maximale Anzahl an Leuten fest. Wie ist die Stimmung unter den Glarner Tourismus-Destinationen/ Organisationen?

Fridolin Hösli: Die Situation ist geprägt von grossen Unsicherheiten und teils auch Existenzängsten. Im Moment ist die Situation vor allem im Gastgewerbe, bei Hotellerie und Parahotellerie, bei den Freizeitanbietern und Veranstaltern angespannt. Auch die Bergbahnen brauchen für das Sommergeschäft schnell eine Perspektive. Mit den nun bekanntgegebenen Massnahmen vom Bundesrat können wir nun mit verlässlichen Zukunftsaussichten rechnen. Prognosen abzugeben und ein stimmiges Gesamtbild zu zeichnen sind aber zugegebenermassen auch für den Bundesrat äusserst schwierig.

Über die Kommunikation des Bundesrates zur Tourismusbranche waren wir zu Beginn alles andere als erfreut. Das Gastgewerbe im Speziellen und der ganze Tourismus im Allgemeinen wurde etwas stiefmütterlich behandelt. Nach der Pressekonferenz des Bundesrats vom 16. April waren die Verunsicherung und die Ängste sehr gross. Das hat sich nun etwas gebessert. Wichtig zu betonen ist uns auch, dass es nicht darum geht zu fordern, alle Betriebe möglichst schnell wieder zu öffnen. Die gesundheitliche Gesamtsituation hat klar Vorrang und die behutsame Vorgehensweise, welche der Bundesrat bei der Lockerung des Lockdowns angeschlagen hat, unterstützen wir. Was wir gefordert haben sind Perspektiven, um eine gewisse Planungssicherheit zu erlangen.

glarus24.ch: Wie sehen aktuell die Tätigkeiten von Visit Glarnerland als neue Dachorganisation aus?

Fridolin Hösli: Viele Projekte wie beispielsweise die Neuausrichtung im digitalen Bereich oder generell der immer noch andauernde Aufbau – VISIT Glarnerland ist erst 10 Monate alt – laufen weiter. Klar kann nicht alles ganz genau gleich weitergetrieben werden und in unserem Kerngebiet der Tourismuskommunikation können die angedachten Massnahmen grösstenteils nicht so durchgeführt werden wie geplant. Da braucht es nun andere Konzepte. Auch der physische Austausch mit unseren Glarner Tourismusanbietern wurde gebremst, dank der digitalen Werkzeuge zum Glück jedoch nicht gänzlich gestoppt.

Wir unterstützen unsere Leistungsträger mit Kommunikation gegenüber den Gästen, sobald Ausflüge wieder möglich sind. Insbesondere beschäftigen wir uns aber auch mit Vorbereitungen der Infrastruktur und Gästelenkung auf einen allfälligen Run auf touristische Hotspots im Sommer und Herbst.

Gerade diese Woche rollen wir die Solidaritäts-Kampagne «Ein Biss(ch)en Landsgemeinde» aus, mit der vor allem die arg gebeutelten Gastrobetriebe unterstützt werden sollen. Viele Gastro-Betriebe kämpfen im Moment ums Überleben, was uns Glarnerinnen und Glarnern nicht egal sein darf. Deshalb schaffen wir mit der Gutschein-Aktion mit Solidaritätszuschlag die Möglichkeit, sein Lieblingslokal direkt und tatkräftig zu unterstützen.

glarus24.ch: Auf der anderen Seite sind aktuell die Grenzen ins Ausland für Reisen geschlossen. Sehen Sie hier eine Chance für das Glarnerland für «Binnen-Tourismus»?

Fridolin Hösli: Das ist uns auch wichtig zu betonen. Es ist nicht alles verloren und speziell für das Glarnerland könnten grosse Chancen auf zusätzliche Gäste entstehen. Unsere eindrückliche Berglandschaft gleich in Sichtweite des Grossraum Zürichs ist gegenüber unseren Mitbewerbern sicherlich ein Standortvorteil und lässt uns auf einen starken Sommer und Herbst hoffen.

Grundsätzlich sind wir davon abhängig, wie sich die allgemeine Coronasituation entwickelt und wie die Bedingungen für die Anbieter genau gestaltet werden. Wenn die Einschränkungen beispielsweise in der Gastrobranche aufgrund von Distanzmassnahmen keinen gewinnbringenden Betrieb zulassen, wird es sehr schwierig.

Dass es Potenziale geben wird, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Die Buchungen laufen zwar noch vereinzelt, langsam, aber sicher an. Die Leute realisieren, dass es mit den Auslandsreisen wohl nichts wird und planen Ferien bei uns in der wunderschönen Schweiz und im Glarnerland.

glarus24.ch: Wie sieht die Hilfe vonseiten Kanton / Bund aus? Wie beurteilen Sie und die Mitglieder die Massnahmen?

Fridolin Hösli: Es war beeindruckend zu sehen, wie schnell und unkompliziert die allgemeine Hilfe anlief. Für selbstständig Erwerbende brauchte es zwar etwas länger, aber auch das hat schliesslich funktioniert. Wir sind mit der Regierung und mit der speziell gebildeten Taskforce des Kantons in Kontakt und haben unsere Anliegen eingebracht. Wir wissen, dass die Regierung unseren Sektor im Auge hat und sich auch aktiv in Bern für unsere Anliegen einsetzt. Unserer Meinung nach haben im Moment aber die diversen Branchenverbände wie Gastrosuisse und Hotelleriesuisse am meisten Gewicht, welche sich vehement für die Anliegen aus unseren Branchen einsetzen.

Die Unterstützung ist nicht für alle Betriebe in gleichem Masse nützlich, aber Kurzarbeit sowie die Massnahmen des Kantons für Härtefälle erfüllen ihren Zweck sehr gut. Zum Kreditprogramm des Bundes sind die Meinungen geteilt, da es für viele trotz null Prozent Zins nicht tragbar ist, sich zu verschulden. In der Gastronomie ist zudem das Thema Mietzinserlass oder Reduktion noch nicht überall geklärt.

glarus24.ch: Gerade im Grossraum Zürich kam es während der schönen Wochenenden zu Menschenansammlungen im Freien. Können Sie da über die Situation im Glarnerland berichten? Werden da vonseiten der Tourismusdestinationen vorbeugende Massnahmen für den Sommer getroffen? 

Fridolin Hösli: Es ist voll kommen klar, dass es die Bevölkerung vor allem bei solch vielen Sonnenstunden wie wir es die vergangenen Wochen hatten, nach draussen drängt. Es kam teils zu verstärktem Gästeaufkommen an einigen von unseren wunderbaren Naherholungsgebieten. Beispielsweise hatte auch die Braunwaldbahn zu Beginn und im Hoch der Coronakrise einige Herausforderungen mit Ausflüglern, die sich nicht an die Regeln halten wollten.

Wir sehen nun auch die Herausforderungen, die auf uns zukommen, wenn es diesen Sommer an Hotspots zu Massenaufläufen kommt. Hier suchen wir das Gespräch mit verantwortlichen Stellen und rollen diese Woche beispielsweise ein Unterstützungsprogramm für Beherbergungsbetriebe aus, wie diese auf die veränderten Voraussetzungen reagieren können.