Eternit darf nicht über die Bahnlinie hinaus bauen

An einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung von über fünf (!) Stunden haben die Stimmberechtigten von Glarus Nord entschieden, den Entwicklungsschwerpunkt Eternit AG abzulehnen und die Bahnlinie in Niederurnen als Siedlungsgrenze beizubehalten. Entgegen dem Antrag von Regierung und Parlament wurde die Bevölkerungsprognose nach unten korrigiert. Angenommen wurde dagegen der Entwicklungsschwerpunkt Flugplatz.



Über 900 Stimmberechtigte von Glarus Nord besuchten die ausserordentliche Gemeindeversammlung vom Donnerstagabend. (Bilder: a.lombardi) Gemeindepräsident Martin Laupper hatte die nicht leichte Aufgabe
Über 900 Stimmberechtigte von Glarus Nord besuchten die ausserordentliche Gemeindeversammlung vom Donnerstagabend. (Bilder: a.lombardi) Gemeindepräsident Martin Laupper hatte die nicht leichte Aufgabe

Etwas über 900 Stimmberechtigte besuchten am Donnerstagabend die ausserordentliche Gemeindeversammlung von Glarus Nord zum Gemeinderichtplan (GRIP). Nach einer kurzen Einführung durch Gemeindepräsident Martin Laupper, der auf die Bedeutung des GRIP hinwies, wird als Erstes ein Gesamtrückweisungsantrag des GRIP deutlich abgelehnt.

Bevölkerungsprognose reduziert

Priska Müller Wahl und Mitunterzeichner beantragen, das im GRIP vorgesehene Bevölkerungswachstum von 4500 Personen bis ins Jahr 2030 auf ein mittleres Wachstum von 3000 Personen zu reduzieren. Das vom Gemeinderat vorgesehene Wachstum sei schlicht zu schnell, erklärt Landrätin Müller im Namen der Grünen. Sie wird unterstützt durch Pascal Vuichard, Adrian Weitnauer und Madleina Brugger. Adrian Hager votiert für die Wachstumszahl 4500 und verweist auf die Aussagen einer CS-Studie betreffend Wachstum. Ueli Nägeli und Gemeinderat Hans Leuzinger unterstützen ihn. Bei einer offenen Abstimmung erklärt Laupper das Erste als das grössere Mehr, was in der Versammlung zu lauten Protesten führt. Die darauf erfolgte Abstimmung mit Stimmen zählen ergibt tatsächlich das Gegenteil, nämlich 539 gegen 345 für eine Reduktion der Bevölkerungsprognose auf 3000.

Angenommen wird der Streichungsantrag von René Brandenberger, unterstützt von Thomas Kistler, Näfels/Mollis im GRIP als Gemeindehauptzentrum von Glarus Nord zu bezeichnen.

Umstrittene Entwicklungsschwerpunkte

Der Grundsatzantrag von Heinrich Schmid, den Abschnitt Entwicklungsschwerpunkte (ESP) zurückzuweisen und in reduzierter Form der nächsten Gemeindeversammlung vorzulegen, wird abgelehnt. Zustimmung findet jedoch der Antrag von Hansjörg Stucki, dass in der Nutzungsplanung für die ESP eine Überbauungsplanpflicht oder alternative qualitätssichernde Varianzverfahren vorzuschreiben sind. Gutheissung erfährt auch ein Antrag auf Ablehnung von Priska Rast im Namen der Grünen, dass der Gemeinderat projektbezogene Bedürfnisse von Unternehmen mit zusätzlichen Einzonungen abdecken darf.

Die Bahnlinie bleibt Siedlungsgrenze


Besonders umstritten war das Begehren der Eternit Schweiz AG, in Niederurnen über die Bahnlinie hinaus ein Areal von 20 ha zu erwerben, um dort eine neue Fabrik aufstellen zu können. Das Parlament hat den Antrag gutgeheissen, die Fläche aber auf 10 ha reduziert. Hanspeter Hauser lehnt den Antrag ab und verweist als Bauer darauf, dass es sich um bestes Ackerland handle. Auch Peter Kistler ist gegen die Überschreitung der Bahnlinie, den Boden wachse nicht nach. Unterstützt wird die Ablehnung von Hans Menzi, Hans Hösli und Jules Müller. Fridolin Beglinger plädiert für Annahme des ESP Eternit. Thomas Huber spricht sich für die Behandlung dieses Geschäftes aus. Andreas Zweifel, Pascal Vuichard und Fredo Landolt machen sich für die Gesamtfläche von 20 ha stark. Die Abstimmung ergibt 507 gegen 401 Stimmen für Ablehnung des ESP Eternit. Die Eternit kann somit ennet der Bahnlinie im Riet kein neues Werk bauen.

ESP Flugplatzareal Mollis gutgeheissen


Christian Beglinger beantragt den ESP Flugplatz Mollis zu streichen und wird im Namen der Grünen unterstützt von Margreet Vuichard. Der Antrag wird abgelehnt. Franz Frefel weist darauf hin, dass es gelungen sei, die verschiedenen Interessengruppen beim Flugplatz zu einem Kompromis zusammenzubringen. Ernst Brugger erwähnt die verschiedenen Trumpfkarten, die die Gemeinde mit dem Flugplatz bekommt. Gemeinderat Roger Schneider macht klar, dass bei einer Ablehnung der Flugplatz an aramasuisse zurückgeht, die dann über die weitere Zukunft entscheiden wird. Alfred Hefti stellt den Antrag, den ESP Flugplatz zu halbieren. Die Versammlung entscheidet sich aber deutlich für den von Gemeinderat und Parlament beantragten ESP Flugplatz Mollis.

Inzwischen zeigt die Uhr 23.00. Die Frage des Gemeindepräsidenten, ob er weitermachen soll, wird befürwortet. Aber darauf verlassen Scharen von Stimmbürgern den Saal.

Ressort Verkehr behandelt


Hansjörg Stucki und Mitunterzeichner sowie Kurt Müller-Noser beantragen, das ganze Kapitel Verkehr zurückzuweisen und werden unterstützt von René Brandenberger und Stefan Gasser. Ann-Kristin Peterson votiert im Namen der Kommission für Behandlung, unterstützt von Ueli Nägeli. Die Rückweisung wird abgelehnt. In der Detailberatung wird gemäss Antrag von Stephan Fischli, ein Velo-, Fuss- und Wanderweg in Näfels aus dem GRIP gestrichen.

Beim Naherholungsgebiet Gäsi beantragt Jürg Meier, im GRIP das Gäsi vom «Touristischen Extensivgebiet» ins «Touristische Intensivgebiet im Sommer» umzubenennen. Priska Müller Wahl und Mitunterzeichner sind dagegen, dass vom Gäsi nach Filzbach eine Bahn erbaut werden kann. Walter Hofmann weist auf die grosse Bedeutung des Sportzentrums auf dem Kerenzerberg hin. Der Antrag der Grünen wird abgelehnt.

Bei bereits sehr stark gelichteten Reihen werden auch noch Anträge von Elisabeth Schnyder betreffend Gross Tschachen und Au in Bilten, von Barbara Sulzer betreffend Fruchtfolgeflächen, von Monica Marti-Moeckli betreffend unerwünschter Luftverschmutzung sowie Hans Kamm-Stucki betreffend Streichung Materialbewirtschaftungsstelle angenommen. Nach fünf Stunden und 12 Minuten Beratung kann Präsident Martin Laupper die ausserordentliche Gemeindeversammlung für beendet erklären.