Neue eidgenössische Jagdverordnung: Regierung befürchtet Mehraufwand

Der Regierungsrat bezeichnet in seiner Vernehmlassung die Teilrevision der Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSV) grundsätzlich als durchdacht. Kritisiert wird hingegen die Regelungsdichte, welche den Kantonen den Spielraum nehme oder aufwendige zusätzliche Aufgaben auferlege.



Durch Schrotmunition bleibelastete Innereien von erlegten Tieren gefährden Adler, andere Greifvögel und Aasfresser (• Foto: Richard Bartz)
Durch Schrotmunition bleibelastete Innereien von erlegten Tieren gefährden Adler, andere Greifvögel und Aasfresser (• Foto: Richard Bartz)

Die Kantone werden gemäss Entwurf der Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSV) verpflichtet, neu die aktuelle Verbreitung und die anzahlmässige Entwicklung (Bestandeszahlen) für die jagdbaren Paarhufer und andere jagdbare Arten zu dokumentieren. Dies wird bereits heute im Rahmen der Eidgenössischen Jagdstatistik erhoben, im Wissen darum, dass es sich hierbei nie um genaue Zahlen, sondern nur um Schätzungen handeln kann.

Viel Aufwand für wenig Nutzen

Neu soll alle paar Jahre die Verbreitung dokumentiert werden, was einen beträchtlichen Aufwand für die Kantone bedeutet. Arten, welche jagdlich in vielen Kantonen keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen, z. B. der Schneehase, müssen ebenfalls erhoben und dokumentiert werden. Bestandesschätzungen bei Schneehasen sind mit einem grossen Aufwand verbunden und die Jagd ist kaum bestandesrelevant. Der Nutzen steht in keinem Verhältnis zum Aufwand, welchen er für die Kantone bedeutet.

Der Bund will bei den jagdbaren Arten, die im Zuständigkeitsbereich der Kantone liegen, mehr Kontrolle ausüben. Dies ist aus Sicht des Kantons Glarus befremdend und widersprüchlich, da er gleichzeitig im Umgang und der Regulation von geschützten Arten den Kantonen mehr Spielraum und Verantwortung zugesteht. Der Regierungsrat äussert den Eindruck, dass der Bund aufgrund von (negativen) Erfahrungen mit einzelnen Kantonen Regeln aufstellen will, welche dann alle Kantone betreffen und für alle zu Mehrbelastungen führen. Gerade für kleine Verwaltung wie die Glarner Jagdverwaltung führt dies zu untragbaren Mehrbelastungen.

Weiter werden die Kantone aufgefordert, die Bejagung von raumgreifenden Arten zu koordinieren. Eine solche Koordination ist zwar in der Sache richtig, bringt aber für die Kantone sehr grossen Aufwand, wenn Gesetze, Verordnungen usw. aufeinander abgestimmt werden müssen. 

Treffsicherheitsnachweis nicht überregulieren

2012 wurde aus Tierschutzgründen der periodische Nachweis der Treffsicherheit in die JSV aufgenommen. Einzelne Kantone haben den Treffsicherheitsnachweis möglicherweise noch nicht ganz umsetzen können, meist wohl aufgrund fehlender Infrastrukturen. Der Bund schreibt neu detailliert vor, wie dieser Treffsicherheitsnachweis aufgebaut werden soll (Kugel- und Schrotwaffen). Dieser muss jährlich wiederholt werden. Der Regierungsrat erachtet diese detaillierte Beschreibung des Treffsicherheitsnachweises als überflüssig.

Bleifreies Schrot?

Im Verordnungsentwurf wird die Verwendung von verschiedenen Munitionstypen verboten. Die einzelnen Verbote und Einschränkungen sind aus Gesundheitsgründen (kein Blei in Nahrungsmitteln) und Artenschutzgründen (keine Bleivergiftungen von Aasfressern und Wasservögeln) nachvollziehbar. Andererseits werden gewisse Munitionstypen für gewisse Arten erlaubt und für andere verboten, obwohl diese Arten möglicherweise gleichzeitig bejagt werden. Auch bleibt z. B. für die Bejagung des Rehs weiterhin Bleischrot erlaubt, obwohl dieses Fleisch auf dem Teller landet. Offenbar gibt es noch keine geeignete bleifreie Schrotmunition. Dies zeigt, dass die Entwicklung von bleifreier Schrotmunition noch nicht so weit fortgeschritten ist, um ein Verbot zu erlassen. Aus Sicht des Kantons Glarus sollte wie bis anhin nur bei der Wasservogeljagd Bleischrot verboten bleiben.

Gänzlich verboten ist der Einsatz von Vollmantelgeschossen bzw. nicht deformierenden Vollgeschossen. Im Kanton Glarus werden Murmeltiere meist mit solchen Geschossen erlegt. Mit normaler Jagdmunition weist das Tier so grosse Schusswunden auf, dass es kaum noch verwertbar ist. Vor diesem Hintergrund sollen die Munitionsvorschriften vereinfacht und für die Jagd auf Murmeltiere eine Ausnahme formuliert werden.

Verbotene Hilfsmittel und Methoden

Der Regierungsrat beantragt zudem Änderungen beim Anlocken von Wildtieren mit Futter sowie ein Verbot von Fotofallen, das im Kanton Glarus diskutiert wird; die Kantone sollen den Einsatz von Fotofallen, Drohnen usw. aus Tierschutzgründen bewilligen können.

Regulierung von Wolfsbestand

Beim Kernstück der JSV-Revision, der Regulierung des Wolfsbestandes, sollen gemäss Regierungsrat bei der Regulation der Jungtiere aus dem laufenden Jahr Tiere nicht mitgezählt werden, welche im Jahr vor der Regulation gewildert oder als einzelne schadenstiftende Wölfe erlegt wurden. Die Regulation sei auf die Situation abzustützen, in welcher sie vorgenommen wird und nicht noch die Vergangenheit einbeziehen. Die Regulation erfolgt explizit an den Jungtieren aus dem laufenden Jahr, somit spielen die Verluste des Vorjahres keine oder nur eine geringfügige Rolle für die Bestandesentwicklung. Zudem bestehe die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten, wenn frühere Abgänge miteinbezogen werden sollen. Gewilderte Wölfe aus dem laufenden Jahr sollen angerechnet werden, nicht jedoch Einzelabschüsse, da diese einen anderen Zweck verfolgen (Schaden- und Gefährdungsminimierung).

Verhütung von Schäden durch Grossraubtiere und Biber

Klärungsbedarf durch den Bund gibt es für den Regierungsrat bei der Abgrenzung von Beiträgen zur Verhütung von Schäden durch Grossraubtiere oder Biber: Wie können Doppelsubventionen aus der Jagdverordnung und aus der Strukturverbesserungsverordnung verhindert werden? Unklar ist auch, wer die Restkosten der Planungs- und Umsetzungsmassnahmen zu tragen hat.