EVU-Apéro zur Fernwärme – Im Reich der Abk.

Am Donnerstag, 3. November, hatten Martin Zopfi, Geschäftsführer der tb.glarus, sowie Domenica Bucher von Brandes Energie zum EVU-Apéro ins Restaurant Trigonella in Ennenda eingeladen. Wer sich mit Abkürzungen auskannte, erfuhr, wie sich die Energieversorgungsunternehmen (EVU) auf eine Zukunft ohne Gas und Öl einstellen.



Strategische und operative Ebene in Glarus: Gemeinderätin Eva-Maria Kreis (für Wald und damit Holz zuständig) diskutiert mit Geschäftsführer Martin Zopfi. (Foto: FJ)
Strategische und operative Ebene in Glarus: Gemeinderätin Eva-Maria Kreis (für Wald und damit Holz zuständig) diskutiert mit Geschäftsführer Martin Zopfi. (Foto: FJ)

Da sind zuerst einmal die kWh, MWh, GWh und TWh, deren Grösse man sich schwer vorstellen kann. Dann natürlich die Gase CO2, H2, Methan usw. Dann die tb (was mit glarus Technische Betriebe Glarus heisst), EW (was mit Höfe Elektrizitätswerke Höfe heisst) sowie die GWR (was Gemeindewerke Rüti heisst). Doch die kleine, aber feine Gruppe, die am Apéro mit den vier Referaten teilnahm, hatte keine Probleme mit den Abk.– es waren fast alles Insider. 

Fernwärme wirtschaftlicher, Holzpotenzial beschränkt

Die Aufgaben von regionalen Energieversorgern sind heute komplex, der Vergleich, wie sie in die Energiezukunft schauen, erhellend. Als Gastgeber schilderte Martin Zopfi, wie die tb.glarus das Thema «Fernwärme» angehen. Mit den Änderungen auf kantonaler Ebene – Stichworte Verbot fossile Heizungen und Ziel, bis 2040 die öffentlichen Liegenschaften zu 90 Prozent erneuerbar zu heizen – gehe auch die Gemeinde in der Legislaturplanung ehrgeizigere Ziele an: die Potenziale zur Holznutzung sollen geprüft und weitere Fernwärmeverbünde unterstützt werden. Insgesamt könnte Holz 15% des Wärmeenergiebedarfs der Schweiz decken, so Zopfi, der auch aufzeigte, dass die Potenziale von Energieholz in der Schweiz begrenzt sind. Es brauche weitere Wärmequellen, gute Planung und den politischen Willen. Insbesondere aber verwies er auf die Notwendigkeit, die Gebäudehüllen optimal zu dämmen. Fernwärme sei aber – wegen der Entwicklung auf dem Energiemarkt – jetzt sehr gefragt.

Rundum gut aufgestellt

Davide Ragusa legte dar, mit welcher Gasstrategie die Gemeinde Rüti ZH in die Zukunft geht. Man hat dort ein relativ junges Gasnetz und geht davon aus, dass man dieses bis 2050 wirtschaftlich betreiben kann – danach steigen die Kapitalkosten über die Nutzungsentgelte. Deshalb will man sich bis zu diesem Zeitpunkt aus der Erdgasversorgung zurückziehen, die Gasversorgung auf den künftigen Markt ausrichten und die Erneuerbaren fördern. Geplant sind Wärmeverbünde mit unterschiedlichen Energieträgern. Während das Zentrum mit Abwärme aus der ARA geheizt wird, ist an der Spitalstrasse eine Holzschnitzelheizung geplant und beim Laufenbach soll Wärme aus dem Trinkwasser kommen.

Wasserstoff, PV, Biomasse, Metering

Arne Kähler – CEO der EW Höfe AG – sprach sogar von den «Chancen der Energiekrise». Seine Analyse – 2050 spielen Erdöl und Erdgas keine Rolle mehr – sollte Putin oder den arabischen Staaten zu denken geben. Anhand des Szenario Netto null 2050 zeigte er Stellschrauben auf: Die Steigerung der Photovoltaik von derzeit 2 TWh auf 34 TWh (oder 40 Prozent der Stromerzeugung). Die Verfünffachung der installierten Wärmepumpen (von 300 000 heute auf 1,5 Mio.). Und der Verkehr, der dannzumal mit 3,6 Mio. batterieelektrischen Fahrzeugen fährt, und der Schwerlastverkehr, der mit Bioenergie und Wasserstoff fahren wird. Kähler zeigte, wie die Höfe damit umgehen: Man baut eine Power-to-Gas-Anlage, um an der A3 Wasserstofftankstellen zu betreiben, man produziert dafür Strom im Holzheizkraftwerk. Man investiert in die Photovoltaik, baut Ladestellen für E-Autos und ein Glasfasernetz. Darüber lassen sich im Bezirk 15 000 Wohn- und Gewerbeeinheiten in Echtzeit steuern. Denn das Stromnetz muss die wachsende E-Mobilität und den PV-Zubau auch verkraften. Zum Schluss sprach – aus eidgenössischer Warte – Andreas Hurni vom Verband Fernwärme Schweiz. Er zeigte den EVU, worauf sie aus technischer, juristischer und politischer Sicht beim Aufbau ihrer Fernwärmenetze achten müssen und wie der Verband sie dabei unterstützt. In der Schweiz gibt es über 1050 thermische Netze, die meisten davon mit Energieträger Biomasse – meist Holz. Aber auch Seewasser, Kernenergie, Abwärme, Geothermie, Solarthermie, Luft und Abwasser werden genutzt, die grössten Potenziale stecken derzeit im Wasser (Seen, Flüsse, Grundwasser) und im Abwasser der Reinigungsanlagen. Die grössten Knackpunkte neben der Finanzierung sind die ausreichende Nachfrage, die lange Dauer der Projekte und die Information der Bevölkerung. Mindestens zu dieser soll der vorliegende Artikel beitragen.