Fahrtsrede von Landesstatthalter Andrea Bettiga

Turnusgemäss hielt dieses Jahr Landestatthalter Andrea Bettiga die Fahrtsrede im Schneisingen. Wie bereits im vergangenen Jahr, war das Wetter dem Gedenktag einmal mehr wohlgesinnt. Wie der Glarner Meterologe Felix Blumer in seiner Prognose meldete: «Petrus ist in Festlaune». Die wärmenden Sonnenstrahlen lockten viele Glarnerinnen und Glarner, aber auch Gäste aus nah und fern nach Näfels. Nachstehend nun der Originaltext der diesjährigen Festrede.



Landesstatthalter Andrea Bettiga betonte an seiner Fahrtsrede die Wichtigkeit der Freiwilligenarbeit. (Bild: jhuber)
Landesstatthalter Andrea Bettiga betonte an seiner Fahrtsrede die Wichtigkeit der Freiwilligenarbeit. (Bild: jhuber)

Engagiert – freiwillig – zum Wohle der Gemeinschaft

Hochgeachteter Herr Landammann,
Hochvertraute, liebe Mitlandleute,
Liebe Gäste

Im Namen des Regierungsrates begrüsse ich Sie herzlich zur traditionellen Näfelser Fahrt. Es ist für uns alle ein feierlicher Moment – und es freut mich, hier vor Ihnen zu stehen und Sie auf eine Reise in die Vergangenheit, aber vor allem in die Gegenwart mitzunehmen.

Am 9. April 1388 versammelte sich der damalige Feind vor den Toren des Glarnerlandes. Die Chronik erzählt von rund 600 Mann zu Pferd und 6000 Mann zu Fuss. Auf Glarner Seite standen diesem grossen österreichischen Heer zuerst nur 200 Glarner entgegen. Erst durch Sturmgeläute sind weitere Mannen dazugestossen – am Schluss waren es zwischen 600 und 700 Freiheitskämpfer, die sich einer riesigen feindlichen Übermacht stellten – eine fast ausweglose Situation! Und trotzdem: Bei schlechtesten Witterungsverhältnissen – bei Regen- und Schneetreiben – gelang den tapferen Kriegern der Sieg über die 10-fache Übermacht und sie erkämpften mit diesem Kraftakt die Freiheit des Kantons.

Mut und der Einsatz für die Gemeinschaft ermöglichten den Sieg.
Eigeninteressen wurden zurückgestellt – das Handeln für die Freiheit und die Gemeinschaft stand im Vordergrund.
Es war eine Teamleistung, bei welcher jeder und jede seine Rolle wahrgenommen hat.
Die Schlacht von Näfels war zwar im Kern ein trauriges Ereignis – aber heute sehen wir, dass darauf die Basis für Freiheit und Frieden begründet wurde.

Und davon profitieren wir heute.

Wir haben unseren Vorfahren viel zu verdanken! Sie legten durch ihr Handeln den Grundstein für unsere Gesellschaft und unsere Demokratie.
Kann man sich heute in die Situation von damals hineinversetzen?
Ist sie gar vergleichbar mit den Prozessen und Konflikten, die jetzt das Weltgeschehen bewegen?
Mit dem unsäglichen Leid in Japan und Lybien, die man uns jeden Tag in den Medien präsentiert?

Welche Werte von gestern zählen heute noch?

Für was setzen wir uns heutzutage ein? Ist persönliches Engagement überhaupt gefragt? Wahrscheinlich schon. Aber bitte mit der notwendigen Entlöhnung!

Wie sieht es aber mit dem persönlichen Einsatz aus – für eine gute Sache – aber ganz freiwillig? Freiwillig im Sinne von unentgeltlich? Aus Antrieb aus innerstem Herzen? Sind Nächstenliebe, Einstehen für den anderen, sich freiwillig engagieren nicht längst aus der Mode? «Irgendwie uncool» – lieber stürzt man sich ins Internet und surft in virtuellen Netzwerken. Schnell vernetzt, scheinbar grenzenlos und erst noch rund um die Uhr.

Ist das Lebens- und Beziehungsqualität?

Sie spüren es, hochvertraute liebe Mitlandleute, – ich möchte meine Stimme einer anderen Bewegung geben – ja schon fast einem Gegentrend zur unpersönlichen, virtuellen Kommunikation.
Wie wäre es denn mit Netzwerken in alter Manier? Mit echten Menschen für hilfsbedürftige Menschen? Helfen Sie Ihrem Nachbarn, betreuen Sie junge und alte Menschen, besuchen Sie Kranke im Spital. Engagiert und freiwillig!
Gemeinsam sind wir auch heute noch stark und können unsere Gesellschaft so gestalten, wie wir sie wollen.

2011 ist das europäische Jahr der Freiwilligenarbeit. Bundesrat Schneider-Ammann ist der Schirmherr unseres Landes. Das Projekt läuft unter dem Slogan: «Engagiert. Freiwillig.» Leisten auch wir unseren Beitrag!
Keiner soll dabei ausgenutzt werden, niemand Probleme lösen, die dem Staat obliegen!
Leisten Sie so viel Sie wollen – so viel wie Sie der Gesellschaft zukommen lassen möchten. Aus eigenem Antrieb – aus dem Herzen motiviert.

«Engagement in Ehren», werden Sie sagen. Was bekomme ich denn dafür?
Sie bekommen etwas, das sich nicht in Geld messen lässt: Freude, Anerkennung, ein Lächeln, Dankbarkeit!

Ich ziehe den Hut vor all jenen Menschen, die sich freiwillig in den Dienst von anderen stellen, von wirklich Benachteiligten, von Menschen in Krisensituationen.

Einfach da sind. Still und leise.

Ihnen will ich mit meiner Rede eine Stimme geben. Nicht nur jetzt im europäischen Jahr der Freiwilligenarbeit – auch darüber hinaus.
Insgesamt werden in der Schweiz pro Jahr 700 Millionen Stunden in Freiwilligenarbeit investiert. Das tönt nach viel, die Zahl ist aber rückläufig!
Freiwilligenarbeit kann bewegen und bewirken: Mit den über 100 000 Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften wird das gesellschaftliche Leben in der Schweiz zu guten Teilen durch freiwilliges Engagement von der Bevölkerung getragen. Freiwilliges Engagement fördert nicht nur die soziale und kulturelle Integration vieler Menschen, sondern schafft auch Ausgleich in den Beziehungen zwischen den Generationen und den unterschiedlichsten sozialen Schichten.

Freiwilliges Engagement macht sich bezahlt – vielleicht nicht finanziell, aber als Lebensschule auf jeden Fall!

Der Slogan unseres Kantonsmarketings lautet «Glarnerland macht schön».

Ich möchte ihn heute abändern in: «Machen wir gemeinsam unser Glarnerland schön!»

· Wir wollen, dass unsere Jugend eine Zukunft hat.
· Wir wollen, dass für wirklich benachteiligte Menschen gesorgt ist.
· Wir wollen ein aktives Kultur- und Gemeindeleben.
· Wir wollen, dass das Glarnerland ein attraktiver Wirtschaftsstandort ist und bleibt.
· Wir wollen einen intakten Naherholungsraum und einen nachhaltigen Tourismus.

Wir wollen aber auch in einem sicheren und geordneten Kanton leben, in welchem man sich kennt, einander vertraut und in welchem Glarnerinnen und Glarner sich aufgehoben fühlen und somit gerne leben. Das alles können wir nur gemeinsam mit Ihnen und Ihrem freiwilligen Engagement schaffen!

Helfen Sie mit, die Zukunft unserer Gesellschaft aktiv mitzugestalten und machen Sie in einer Kommission, einem Verein mit! Oder setzen sich zusammen mit Ihren Nachbarn für eine gute Sache ein!

Aus Liebe zum Glarnerland!

Ihr persönlicher Einsatz ist ein unbezahlbarer Beitrag an unsere Gesellschaft – für unsere Gemeinden Glarus Nord, Glarus, Glarus Süd und damit für unseren ganzen Kanton. Aus diesem Grund fordere ich Sie auf: «Machen und gestalten wir unser Glarnerland noch schöner!»
Dank und mit Ihrem Engagement!

Ich danke unseren Vorfahren – jenen engagierten Männern und Frauen vor vielen Hundert Jahren, die den Weg vorausgegangen und uns Vorreiter wie Vorbilder waren.
Ich danke allen Glarnerinnen und Glarner, die das auch heute sind und wie damals für die Werte, die Ihnen wichtig sind, einstehen und kämpfen. Nicht laut und auffallend. Sondern engagiert, leise, aber genau so wirkungsvoll.

Ihnen gebe ich heute hier und jetzt meine Stimme.

Den stillen Schafferinnen und Schaffern – jenen der Vergangenheit, jenen der Gegenwart.

Möge die Wirkung bis weit in die Zukunft ausstrahlen!

In diesem Sinne bitte ich für Land und Volk von Glarus um den Machtschutz Gottes.