Falsche Ausfahrt genommen

Für «Normalsterbliche» wird es immer schwieriger, bei all den Artikeln und Paragrafen im Gesetzesdschungel den Durchblick zu behalten. Rechtsanwalt Oliver Streiff gibt auf glarus24 Tipps zu Problemen aus dem Alltag.



(Motivbild: jhuber)
(Motivbild: jhuber)

«Ich wollte neulich nach Zürich fahren und bin in die Autobahnausfahrt eingebogen. Kurz nach dem Einbiegen bemerkte ich in Aufregung, dass ich die falsche Ausfahrt genommen habe. Sofort bremste ich ab und fuhr darauf teilweise auf der Strasse und teilweise auf dem Pannenstreifen zirka 15 Meter langsam rückwärts. Die Sichtverhältnisse für von hinten kommende Fahrzeuge waren infolge der Krümmung der Strasse schlecht. Das Strassenverkehrsamt will mir nun den Führerausweis wegen einer schweren Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz für drei Monate entziehen. zurecht?»

Natürlich stellt das Rückwärtsfahren auf einer Autobahneinfahrt eine nach dem Strassenverkehrsgesetz unerlaubte Handlung dar. Eine schwere Widerhandlung, wie es das Strassenverkehrsamt vorwirft, setzt eine erhöhte abstrakte Gefährdung sowie ein gewissensloses, skrupelloses und rücksichtsloses Verhalten gegenüber anderen Strassenverkehrsteilnehmer voraus. In vorliegender Angelegenheit ist kein gewissenloses, skrupelloses und rücksichtloses Verhalten ersichtlich, wurde doch der Pannenstreifen benutzt und langsam rückwärts gefahren. Allerdings wurde eine erhöhte abstrakte Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen, weil das Anhalten auf der Strasse sowie das Rückwärtsfahren teilweise auf der Strasse und teilweise auf dem Pannenstreifen für sich alleine eine erhöhte Gefahr geschaffen haben. Kommt hinzu, dass die Sichtverhältnisse schlecht waren. Es wird daher sicher zu einem Führerausweisentzug kommen. Daher empfiehlt es sich für alle, welche eine falsche Autobahneinfahrt gewählt haben: Lieber in den sauren Apfel beissen und einen Umweg in Kauf nehmen, als seinen Führerausweis für lange Zeit abgeben!