»Faust – Der Tragödie zweiter Teil«

Am Ende des bekannteren ersten Teils von »Faust« scheiterte die Fahrt in die »kleine Welt«: Gretchen ist tot, der Teufelsbündler Faust bleibt unzufrieden und unbefriedigt zurück. Doch statt mit Desillusionierung und Rückzug auf die von ihm angerichtete Zerstörung zu reagie-ren, zieht es Faust weiter, nunmehr in die »grosse Welt« der Mythen und Sagen, der Vergan-genheit, Gegenwart und Zukunft.



Zwei Darsteller aus „Faust – Der Tragödie zweiter Teil“ von Johann Wolfgang von Goethe (Bild: zvg.)
Zwei Darsteller aus „Faust – Der Tragödie zweiter Teil“ von Johann Wolfgang von Goethe (Bild: zvg.)

Nach einer Art Heilschlaf, in dem sich Faust von seiner Vergangenheit löst und der ihn seine Schuld am Tod Gretchens im ersten Teil der Tragödie vergessen lässt, schwingt er sich jetzt mit seinem Begleiter Mephisto zu immer grösseren Taten auf. Es beginnt eine Tour de Force vom neu­zeitlichen Kaiserhof über das Mittelalter in die griechische Antike und wieder zurück. Zeiten und Räume werden im Schnellverfahren übersprungen, das Papiergeld er­funden, Kriege unter Einsatz von Massenvernichtungswaffen entschieden und sogar ein Mensch wird erschaffen. Immer auf der Suche nach Grenzüberschreitungen und dem, was »die Welt im Innersten zusammenhält«, arbeiten Faust und Mephisto sich durch reale und virtuelle Welten, sie stürzen sich in »das Rauschen der Zeit«. Nebenbei packt Faust noch die Gelegenheit beim Schopf und zeugt mit der schönsten Frau des Altertums – Helena – einen Sohn.

Aus dem mittelalterlichen Puppenspiel rund um den Teufel Mephisto und den unauf­haltsam stre­benden Faust schuf Goethe ein multimediales Spektakel. »Sehr ernste Scherze« hat er das Stück genannt und bei aller Lust am Scherzen doch bereits im Kern entscheidende Aspekte der Ambiva­lenz des modernen Fortschritts beschrieben: Das hellsichtige Alterswerk Goethes provo­ziert die Auseinandersetzung mit aktuellen Auswirkungen der Technisierung und Globalisierung. Was be­deutet die allumfassende Beschleunigung unserer Lebensvorgänge und des Fortschritts für den Einzelnen, für das Miteinander der Gesellschaft und für die Natur?

Seiner grossen Handlungsvielfalt und der Personenfülle wegen oft als »unspielbar« bezeichnet – bis zu sie­ben Rollen werden in der Inszenierung des Landestheaters Tübingen durch dieselben Schauspieler besetzt –, wagen sich nur wenige Theater an eine Aufführung des Stücks. Gustav Rueb, der Regis­seur dieser Inszenierung, wurde 1975 in Zürich geboren und studierte in Berlin Philosophie und Kunstge­schichte. Seit 2004 ist er freier Regisseur und inszenierte mittlerweile an zahlreichen Theater- und Opernbühnen Europas.

Vor der Aufführung, um 19.15 Uhr, wird eine Dramaturgin des LTT für interessierte Besucher eine Einführung in das thematisch äusserst breit gefächerte Stück geben.

Freitag, 31. Oktober 2008, 20.00 Uhr, Aula der Kantonsschule. Einführung in das Stück um 19.15 Uhr. Vor­verkauf: Buchhandlung Baeschlin, Gla­rus