Feuer und Flamme

Mein heutiger Besuch führt mich ins Glarner Buchholz. Genauer gesagt zum Feuerwehrstützpunkt von Glarus. Ich habe mit Roman Käslin, dem Stützpunktkommandanten, eine Verabredung. Ich bin schon etwas aufgeregt und auch sehr gespannt was mich erwartet. Einmal hinter die Kulissen einer Feuerwehr zu schauen ist ja nicht alltäglich.



Feuer und Flamme

Pünktlich um 8 Uhr morgens klingle ich. Tore und Tür sind verschlossen. Das ist gut so. Es gibt also keinen aktuellen Einsatz. Roman Käslin holt mich ab und führt mich in sein Büro. Wir unterhalten uns eine ganze Weile über die Aufgaben und die Strukturierung der Feuerwehr Glarus. Es gäbe in dieser Hinsicht hier sehr viel zu erzählen, das würde aber zu weit führen. Ich werde daher einige, für mich interessante Punkte, herauspicken.

Die Feuerwehr Glarus umfasst 130 Personen, davon sind 10 Frauen mit dabei. Es könnten durchaus auch mehr sein, meint Roman Käslin. «Frauen sind eine wichtige Stütze für uns. Und das Tolle daran ist: sie sind überall einsetzbar.»

«Auch im Feuer?» frage ich etwas provokativ.
«Natürlich. Die Ausbildung zum Feuerwehrmann, oder hier speziell zur Feuerwehrfrau ist viel umfassender als früher. Jede und jeder wird an allen Geräten ausgebildet. Das ist daher wichtig, bei einem Einsatz muss man nicht auf Spezialisten warten. Das kann sehr entscheidend sein. Jede Minute zählt.»
«Nehmen wir mal an es brennt. Was passiert dann genau?»
«Die Meldung geht an die kantonale Einsatzzentrale. Die ist im Mercierhaus, da wo auch der Polizeiposten ist. Umgehend werde ich, als Kommandant, sowie die zuständigen Offiziere informiert. Und wir entscheiden wer und was zum Einsatz kommt.»
«Und wie lange dauert es, bis Sie am Brandort sind?»
«Die Vorgabe ist 10 Minuten. Dann muss der erste Trupp vor Ort sein.»
«Das ist sehr schnell. Ist das überhaupt zu schaffen?»
«Ja, das ist schnell. Und wir schaffen das auch. Und genau deshalb ist es auch wichtig, dass die Einsatzkräfte für alles ausgebildet werden.»

Ich bin beeindruckt. Die Feuerwehr ist ja nicht nur für Brände zuständig. Auch Wasser beziehungsweise Überflutungen, auslaufendes Öl und unter Umständen Verkehrsunfälle da. Für Verkehrsunfälle ist allerdings die Strassenrettung zuständig. Die sind im Stützpunkt Linthal (Glarus Süd), Kärpf (Schwanden) und Näfels-Mollis beheimatet. Das sind Spezialisten, die dafür ausgebildet sind, Menschen aus verunfallten Fahrzeugen zu retten. Auch bei der Ölwehr sind Spezialisten im Einsatz. Oft ist es eine knifflige Aufgabe, die Umwelt vor auslaufendem Öl zu schützen.

Wenn ich an die Zeit zurückdenke, als ich noch in der Feuerwehr war! Und das sind mehr als 30 Jahre her, hat sich doch sehr viel verändert. Die Bekleidung, die Fahrzeuge und alles Material. Die ganze Struktur um das Feuerwehrwesen ist sehr professionell geworden. Wir waren früher auch gute Feuerwehrmänner, aber es war eine andere Zeit. Mich interessieren aber nicht nur Zahlen und Fakten, sondern auch Ausrüstung und Material. Und vor allem was es für Vorbereitungen braucht, um einen Einsatz zu fahren. Dazu nimmt mich Roman Käslin mit in die grosse Halle. Dort stehen die Fahrzeuge und das Material, welches für Einsätze benötigt wird. Wir treffen auch auf Freddy Braun, der Mann, der für die Fahrzeuge und das Material verantwortlich ist. Seine Aufgabe ist es, sämtliches Material und auch die Fahrzeuge einsatzbereit zu halten. Eine sehr wichtige Aufgabe denke ich. Ich frage ihn auch, ob ohne ihn gar nichts geht. Er lacht und meint:« Doch es geht ohne mich. Ich habe ja auch manchmal Urlaub.» Als erstes zeigt er mir das Tanklöschfahrzeug. Es ist gross, wenn man direkt danebensteht. Es ist beeindruckend wie viele Teile und Ausrüstungsgegenstände in so einem Gerät sind. Um da den Überblick zu behalten, braucht es einiges. «Es sind Hunderte von verschiedenen Teilen», sagt mir Freddy Braun. «Und jedes muss exakt am vorgeschriebenen Ort sein. Es ist meine Aufgabe, nach einem Einsatz das Fahrzeug wieder so auszurüsten, dass es jederzeit wieder einsatzbereit ist. Das gilt auch für alle anderen Fahrzeuge und das Material.»

Ich habe den Überblick jetzt schon verloren. In der Halle stehen, inklusive Ölwehr, 14 Fahrzeuge. Dazu grosse Leiter und Anhänger mit vielen Schläuchen, Sauerstoffflaschen und vieles mehr. Ich habe gar nicht die Zeit, um mir alles anzuschauen. Roman Käslin erzählt mir auch noch, dass die Feuerwehren im Kanton eng zusammenarbeiten. So sind zum Beispiel wichtige Fahrzeuge wie der Hubretter am Stützpunk (Kärpf) Glarus Süd und in Weesen stationiert. Man merkt dem Kommandanten und auch Freddy Braun an, mit wieviel Freude und Stolz sie ihre Aufgaben erledigen. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass man in Not helfen kann, meint Roman Käslin.

Zum Schluss des Rundganges begeben wir uns noch in den Keller des Gebäudes. Dort steht die Schlauchwaschanlage. Sie ist 20 Meter lang. Hier werden die Schläuche nach einem Einsatz gewaschen und geprüft. Freddy Braun erzählt mir, dass es immer wieder mal vorkommt, dass ein Schlauch defekt ist. Darum wird jeder Schlauch unter Druck gesetzt und auf die Dichtigkeit geprüft. Das ist viel Arbeit, aber sehr wichtig. Ein Schlauch, durch den kein Wasser fliessen kann, nützt nicht viel.

Wir gehen wieder nach oben. Ganz in einer Ecke der Halle entdecke ich noch etwas ganz Spezielles. Fast ein kleines Museum. Es sind alte Ausrüstungsgegenstände von früher. Das zieht mich magisch an. In einer Vitrine hat es alte Feuerwehrhelme. Die sehen genauso so aus wie man es aus alten Filmen kennt. Amüsant. Ich zwänge mich durch die vielen Gerätschaften, die eng beieinanderstehen. Da ist zum Beispiel eine Motorspritze aus dem Jahre 1940. Holzstrebenleitern, die zu meiner aktiven Zeit noch im Einsatz waren. Schlauchrollenwagen. Aber mein ganz persönlicher Favorit in dieser Halle ist der Handpumpenwagen mit Pferdebespannung aus dem Jahre 1841. Genannt die «Soolerpumpe». Gebaut von Martin Blumer aus Glarus. Und was ich ganz speziell daran finde ist, genau dieses Gerät kam beim Brand von Glarus 1861 zum Einsatz. Ein eigenartiges Gefühl. War der Brand von Glarus doch ein historisches Ereignis. Und ich stehe nun vor diesem Gerät, das in dieser Nacht 1881 zum Einsatz kam.

Jetzt, einige Tage nach meinem Besuch im Feuerwehr Stützpunkt von Glarus, bin ich immer noch beeindruckt. Und es fällt mir schwer, nicht gleich ein kleines Buch darüber zu schreiben. Na ja. Vielleicht kommt das ja noch. Auf alle Fälle möchte ich mir an dieser Stelle beim Kommandanten Roman Käslin und bei Freddy Braun bedanken, dass sie sich für mich Zeit genommen haben. Es war für mich wieder einmal eine sehr interessante Erfahrung. Und ich hoffe, ich konnte Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einen kleinen Einblick über die Feuerwehr von Glarus vermitteln.

Auch ein grosses Dankeschön gilt den Frauen und Männern der Feuerwehr für ihren Einsatz. Ich weiss nicht, wie man es im Feuerwehrjargon nennt. Aber ich wünsche allen immer ein paar Liter Wasser im Schlauch.

Martin Carl Mächler