«Feuer und Wasser» als Generalthema

Mit einem Vorprogramm begann die Musikwoche Braunwald am 4. Juli. Generalthema war «Feuer und Wasser». Viele Interpreten liessen sich von Gegensätzlichem, sich dennnoch Ergänzendem, inspirieren.



Den verdienten Schlussapplaus nahmen Daniel und Vilma Zbinden
Den verdienten Schlussapplaus nahmen Daniel und Vilma Zbinden

So heimelig, lieblich, Gemütlichkeiten weckend, können die beiden Elemente sein; gewaltig, zerstörerisch, Leid bescherend vermögen sie ungeheuer dominant aufzukommen. Sich in diesem vorgegebenen Rahmen zu bewegen, mannigfaltige Begegnungen anzubieten, war nicht selten eine Herzensangelegenheit der Auftretenden, die den Begriff «Muse» in attraktiver Bandbreite ausloteten – so wie es am vergangenen Freitag, dem letzten Tag der Musikwoche, der Fall war. An Wasser mangelte es gewiss nicht, vom wärmenden, trocknenden Feuer träumte man gerne.

An diesem Morgen las Tim Krohn «Der Geist am Berg» und war so leidenschaftlich Schildernder, in eine facettenreiche Welt ab steinübersäter, unwirtlicher Alp ins ferne Genf entführend. Zur Aufführung gelangte Fabian Müllers Auftragskomposition, ins Geschehen eingebettet. In das zu erwartende Geschehen führte Michael Eidenbenz mit einem «Werkstattgespräch» ein, Komponist und Autor klug einbeziehend. Tim Krohns leidenschaftliches Schildern in adäquate Klänge umzusetzen ist eine spürbar fordernde Angelegenheit. Der musikalischen Umsetzung nahm sich das Klavierduo Vilma und Daniel Zbinden mit brillanter, variantenreicher Eleganz an. Es wuchs ein Geschehen, das urwüchsige Leidenschaft, hemmungsloses Lieben, Sanftmut, Weltstädtisches, Derbheiten, rohe Kraft, Märchenhaftes, Überbordendes, Zärtlichkeit, Gier, plumpe Kraft, Unverständnis, den unerwarteten Zusammenprall von Eleganz und gar verschiedenen Kulturverständnissen, Leben und Bewegen in der harten, fordernden Bergwelt mit ihren fordernden Arbeitsbedingungen und dem vordergründig geordneten Sein und Dasein in weltstädtischer Umgebung, Genuss, ansatzweises Verstehen zum Inhalt hatte. Tim Krohn verflocht diese Elemente mit klug dosierter Eleganz, in einer Sprache, die packt, mitreisst. Er entführte mit seinem eleganten, fliessenden Lesen in eine Welt, die Ungeahntes offenbarte. Stine lebt hoch oben auf einer Alp, die knapp unterhalb des Piz Spiert liegt und «Steinerne Alp» gennant wird. Mit ihr sind der Knecht Severin und die Mutter – Mumma gerufen – an einem Orte tätig, der am Zerfallen ist, keine Stätte zum Überleben ist und zum Verbleiben doch attraktiv genug scheint. Stine hasst das Tal. Massive Geldprobleme erfordern den Wechsel ins Tal, die Aufnahme einer gut entlöhnten Tätigkeit im Grandhotel. Stine eignet sich erforderliche Kenntnisse und Getue schnell an. Ihr heftiges, ungestümes Lieben ist der Beginn einer Liaison mit Bruno, Gast aus Genf und zugleich Weiterführen des triebhaften zügellos – derben Zusammenseins mit Severin. Als Bruno zu seiner Verlobten Vivienne nach Genf zurückfährt, folgt sie ihm, spürt ihn und seine Braut auf, mischt damit erwachendes Geschehen kraftvoll, schlussendlich zerstörerisch auf, im Bergsee auf der nun vollends zerstörten Alp endend. Stine holt Bruno ins Wasser, spielt mit ihm wie eine Katze mit der Maus und wirft ihn – mit Tim Krohns poetischem Reichtum endend – wieder ans Ufer zurück.

Die Vielfalt der aus dem dichterischem Reichtum hervorgehenden Gefühlswelt erlaubt dem Komponisten Fabian Müller die Schaffung einer Klangwelt, die voller Farben, Fragen, Lieblichkeiten, Schroffem, Wirbligem, Verharren, Drängen, Heftigem und Zartem ist, von Vilma und Daniel Zbinden hohe spielerische Reife und Einfühlsamkeit verlangt. Sie meistern das für sie geschriebene vierhändige Klavierwerk mit überzeugender Eleganz und hohem Einfühlungsvermögen.

Der herzliche Applaus nach dieser Matinee galt den Interpretierenden und dem Komponisten dieses Auftragswerks, das als Uraufführung aufklang,Artikel gleichermassen stark.